Buchhandel Amazon startet eigenes Verlagsprogramm

Der deutsche Buchhandel gerät weiter unter Druck. Onlineversandhändler Amazon hat ein deutschsprachiges Verlagsprogramm angekündigt. Der Schwerpunkt soll auf Belletristik liegen.

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Der Internetriese Amazon startet ein deutsches Verlagsprogramm. Es soll Belletristik in deutscher Sprache als E-Book auf dem Kindle sowie als Printausgaben auf Amazon herausbringen, wie das US-Unternehmen auf seiner deutschen Internetseite mitteilte. Das Programm startet den Angaben zufolge im Frühling. Zu den ersten geplanten Büchern gehört ein neuer Titel der fränkischen Erfolgsautorin Emily Bold. „Ich habe mich entschlossen, mein neues Buch "Klang der Gezeiten" mit Amazon Publishing zu veröffentlichen, weil ich damit einen visionären Verlagspartner an meiner Seite habe, der flexibel auf die rasanten Veränderungen des Buchmarkts reagieren kann“, erklärte die 1980 geborene Autorin laut Amazon-Mitteilung. Weitere geplante Bücher sind ein neuer Krimi mit dem Berliner Polizeiermittler Jan Tommern von Alexander Hartung sowie der romantische Debüt-Roman der New Yorker „Focus“-Chefin Susann Remke, „New York für Anfängerinnen.“

Schon seit drei Jahren betreibt der Online-Buchhändler Amazon die Plattform „Kindle Direct Publishing“, auf der Autoren ihre Texte als E-Book veröffentlichen können. Zur Verlagsgruppe Amazon Publishing gehört AmazonEncore, AmazonCrossing, The Domino Project, Montlake Romance und Thomas and Mercer. Geleitet wird die Gruppe von Larry Krishbaum, dem ehemaligen Chef der Time Warner Book Group.

Der Grund für die Ausweitung des Programms soll das positive Leser-Feedback auf die deutschen Übersetzungen sein, die Amazon bisher im Programm hat. Kindle-Vizepräsident Jorrit Van der Meule, sagte, jetzt gehe es darum, „großartige deutschsprachige Autoren einem breiteren Publikum vorzustellen.“ Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels reagierte am Donnerstag skeptisch. „Es ist zu befürchten, dass lediglich der Abklatsch eines Verlages entsteht und nicht die Leistung geboten wird, für die Verlage eigentlich stehen: Das ist die persönliche 360-Grad-Betreuung der Autoren mit kritischem Lektorat und gezieltem Marketing für das Buch“, erklärte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis auf der Leipziger Buchmesse.

Laut internetworld.de soll das Sarah Tomashek von München aus das deutsche Programm verantworten. Tomashek kümmerte sich zuletzt um das internationale Amazon Crossing-Programm. Gerrit Heinemann, Professor an der Hochschule Niederrhein und Leiter des dortigen Forschungszentrums für E-Commerce, sieht damit noch schwerer Zeiten auf die deutsche Verlagsbranche zukommen. "Amazon vertikalisiert bei Medien und damit auch bei Belletristik und dreht jetzt die Verlagsbranche auf links." Der deutsche Buchhandel sei von Amazon in der vergangenen Jahren regelrecht zerlegt worden, so der E-Commerce-Experte. Laut GfK ist der deutsche Buchmarkt rund vier Milliarden schwer, Amazon macht hierzulande mit gedruckten und elektronischen Büchern einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro - damit hat der US-Riese rund 30 Prozent des Konsumenten-Buchmarktes in seiner Hand. Vor allem kleinere und mittelständische Verlage haben keine eigenen Webshops und vertreiben ihre Werke über Amazon. Heinemann schätzt, dass der deutsche Fachbuchhandel bereits 50 Prozent des Absatzes im Konsumentenbereich über Amazon macht - und dort nahezu unverhandelbar die Konditionen diktiert bekomme. In einigen Buchhandelssegmenten wie z.B. wissenschaftlichen Fachbüchern habe Amazon, so Heinemann, bereits eine Art Monopolstellung erreicht. Jetzt wird auch der Druck auf die Belletristik-Verleger zunehmen.

Amazon möchte außerdem stärker ins B2B-Geschäft einsteigen. Der Internet Retailer zitiert Sebastian Gunningham, Amazons Senior Vice President Seller Service mit den Worten: "Ich glaube nicht, dass es nur ein einziges Unternehmen gibt, das sich im B-to-B-Handel kein amazonartiges Einkaufserlebnis wünschen würde." Die Geschäftsleute wünschten sich einen großen Business-to-Business-Marktplatz, so Gunnigham. "Wir hören ihnen zu." Für Amazon wird der Eintritt ins B2B-Geschäft voraussichtlich sehr lukrativ.

Die derzeit weltweit größte B2B-Plattform betreibt der chinesischen Internetriese Alibaba mit einem Handelsvolumen von sage und schreibe über geschätzt 220 Milliarden US-Dollar. Alibaba bereitet derzeit den Markteintritt in den USA vor, dem muss Amazon etwas entgegensetzten. Derzeit macht Amazon Schätzungen zufolge rund 15 Prozent seines Umsatzes mit B2B-Geschäften.

Mit Material von dpa

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