Frankfurt Ernüchterung nach einem Traumstart: Im April und Mai haben die Buchungen der Deutschen für den Sommerurlaub 2014 an Schwung verloren. Doch die Reisebranche ist zuversichtlich. Sie rechnet nach der Fußball-WM mit einer weiteren Buchungswelle.
„Wir stellen uns jetzt schon darauf ein und haben Kapazitäten für beliebte Ziele wie Griechenland, die Kanaren oder Mallorca nachgeordert“, sagt eine Tui-Sprecherin. Vor sportlichen Großereignissen herrsche oft eine gewisse Flaute. „Wir rechnen mit einem Buchungsschub im Anschluss an die WM“, heißt es auch bei DER Touristik (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg, Dertour, Meier's Weltreisen und ADAC Reisen).
Wie stark sich Sport-Events genau auf die Reiselust der Bundesbürger auswirken, lässt sich allerdings nur schwer beziffern. Bei einer Befragung der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) vor der Fußball-WM 2006 in Deutschland gaben 13 Prozent der Teilnehmer an, sie wollten wegen des Mega-Ereignisses anders reisen als sonst.
„Letztlich haben wir aber 2006 kaum Veränderungen im Reiseverhalten feststellen können, die durch die WM erklärbar gewesen wären“, sagt Ulf Sonntag von der FUR. „Es kann durchaus sein, dass sich der eine oder andere erst nach dem Ausscheiden Deutschlands oder dem Ende der WM in Brasilien um den Urlaub kümmert.“ Insgesamt rechnet der Experte aber nicht mit massiven Veränderungen des Reiseverhaltens oder der Urlaubsplanung.
Verschoben haben könnte sich das Buchungsverhalten unter anderem durch die Frühbucherrabatte. So war bei Tui und Thomas Cook Mitte März schon etwa die Hälfte der Sommerreisen ausgebucht, Alltours meldete gar mehr als 60 Prozent - nicht zuletzt dank hoher Frühbucherrabatte. „Das Superhoch ist etwas abgeschmolzen, das ist aber eine normale Entwicklung“, heißt es bei Alltours.
54,8 Millionen Deutsche sind verreist
Nach einer Auswertung der GfK von Daten aus rund 1200 Reisebüros lagen die Buchungsumsätze für diesen Sommer im April und Mai deutlich unter dem Vorjahr. Die Folge: Das zunächst kräftige Plus für die Sommersaison schmolz zusammen. „Die zunehmenden Frühbucherumsätze sorgen dafür, dass sich das zugelegte Polster früher als gewohnt relativiert“, erklären die Nürnberger Konsumforscher.
Hinzu kommt der späte Ostertermin in diesem Jahr. „Wer gerade im Urlaub war, der bucht in der Regel nicht gleich im Anschluss die nächste Reise“, heißt es in der Branche.
Millionen Deutsche verreisen jedes Jahr - 54,8 Millionen waren es laut FUR 2013. „Das Volumen bleibt seit geraumer Zeit jedoch nahezu gleich“, sagt Experte Sonntag. Auf rasante Wachstumsraten könne die Branche nicht mehr hoffen. Potenzial sieht Sonntag vor allem bei den Ausgaben - also beispielsweise teurere Reisen zu entfernten Zielen.
Gemessen an den Gesamtausgaben haben die Chinesen die Deutschen als Reiseweltmeister zwar bereits 2012 auf Rang zwei verwiesen. Pro Kopf gerechnet geben deutsche Urlauber aber ein Vielfaches aus. Steigende Nachfrage nach teureren Reisen verzeichnen etwa Tui oder Thomas Cook.
Ein „Riesenpotenzial“ sieht Tourismusforscher Edgar Kreilkamp von der Leuphana-Universität Lüneburg zudem bei Individualreisenden, die sich ihren Urlaub unabhängig von Veranstaltern oder Reisebüros selbst zusammenstellen. Mehr als 70 Millionen Urlaubsreisen zählte die FUR im vergangenen Jahr - nicht einmal die Hälfte davon (gut 40 Prozent) waren Pauschal- oder Bausteinreisen, gebucht über die Reiseprofis.
Das Interesse wäre also da. „Entscheidend ist die Qualität, punkten kann die Branche mit Service und professioneller Hilfe bei Problemen. Sonst kann ich mir die Reise auch im Internet selbst buchen“, sagt Kreilkamp.
