Blühende Landschaften statt Abbruch-Tristesse und 1500 versprochene neue Arbeitsplätze für die vom Strukturwandel besonders heftig gebeutelte Stadt Duisburg. In einem Werbefilm hatte der spanische Investor Neinver der klammen Ruhrgebietskommune und ihren Bürgern eine glanzvolle Zukunft mit einer bunten neuen Einkaufswelt versprochen. Nach Jahren des Leerstands sollte der Schauplatz der Loveparade-Katastrophe, bei der vor rund sieben Jahren 21 Menschen starben, zum Standort des mit 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche größten deutschen Designer-Outlets werden.
Doch mit dem nun verkündeten Stopp des Projekts ist nicht nur die Zukunft des riesigen Brachgeländes am Rande der Duisburger Innenstadt wieder völlig ungewiss. Geht es nach dem Willen der in einem Bürgerentscheid am vergangenen Wochenende erfolgreichen Initiative, sollen dort nun Wohnungen oder Büros entstehen - oder vielleicht auch ein großer Park. „Jetzt muss etwas passieren“, fordert Frank Oberpichler, Sprecher der Outlet-Gegner. Mit seiner Initiative war es ihm in einem erbittert geführten Wahlkampf gelungen, eine knappe Mehrheit der Duisburger auf seine Seite zu ziehen.
Mehrere zehntausend Quadratmeter Verkaufsfläche stehen nach Angaben des Einzelhandelsverbands Niederrhein bereits heute rund um das Duisburger Rathaus leer. Nun müsse es gelingen, mögliche Investoren aus ihrer „Lethargie“ aufzuwecken, fordert Einzelhandelsverbands-Sprecher Wilhelm Bommann.
Die beliebtesten Einkaufsstraßen Deutschlands 2017
An einem Wochentag und einem Samstag im März und April wurden händisch an mehr als 100 Zählpunkten in 36 deutschen Städten die Zahl der Passanten erfasst. Von Papenburg mit 35.000 Einwohnern bis Berlin mit 3,5 Millionen Einwohnern. Berücksichtigt wurde dabei auch das Wetter. Quelle: Engel & Völkers Commercial, Passantenfrequenzzählung 2017, 01.04.2017
Hamburg
Einkaufsstraße: Spitalerstraße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 9248
2016: 7564
Differenz (2017/2016): +22%
Wetter: sonnig/bewölkt
Freiburg
Einkaufsstraße: Kaiser-Joseph-Straße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 9594
2016: 1623
Differenz (2017/2016): +491%
Wetter: sonnig
Köln
Einkaufsstraße: Hohe Straße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 9717
2016: 8800
Differenz (2017/2016): +10%
Wetter: sonnig/bewölkt
Dortmund
Einkaufsstraße: Westenhellweg
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 10.946
2016: 9113
Differenz (2017/2016): +20%
Wetter: bewölkt/Regenschauer
Frankfurt
Einkaufsstraße: Zeil
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 11.354
2016: 10.145
Differenz (2017/2016): +12%
Wetter: sonnig/bewölkt
Hannover
Einkaufsstraße: Georgstraße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 14.189
2016: 8583
Differenz (2017/2016): +65%
Wetter: sonnig
München
Einkaufsstraße: Kaufingerstraße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 14.816
2016: 17.653
Differenz (2017/2016): -16%
Wetter: sonnig/bewölkt
Köln
Einkaufsstraße: Schildergasse
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 15.089
2016: 11.201
Differenz (2017/2016): +35%
Wetter: sonnig/bewölkt
München
Einkaufsstraße: Neuhauser Straße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 15.248
2016: 17.010
Differenz (2017/2016): -10%
Wetter: sonnig/bewölkt
Stuttgart
Einkaufsstraße: Königstraße
Durchschnittliche Passantenfrequenz pro Strunde
2017: 17.018
2016: 7.430
Differenz (2017/2016): +129%
Wetter: sonnig/bewölkt
Doch während man in Duisburg nun dringend auf neue Investoren für die Innenstadt hofft, laufen die Outlet-Planungen bei der Konkurrenz erst recht auf Hochtouren, berichtet Joachim Will von der Handelsberatung Ecostra. Will hatte die Planungen für das Duisburger Projekt begutachtet. „Das hätte funktioniert“, ist er sich sicher. Nun sei davon auszugehen, dass die Entwicklung eines Designer-Outlets an anderen Standorten umso intensiver vorangetrieben werde, teilte auch der Outlet-Investor Neinver nach dem Stopp des Projekts umgehend mit.
Mit den derzeit bereits laufenden Planungen etwa für Outlets in den nahe gelegenen Kommunen Remscheid und Wuppertal habe in der Region ohnehin ein Überangebot an Outlets gedroht, meint Marco Atzberger, Experte für Handelsimmobilien beim Forschungsinstitut EHI. Auch in anderen Kommunen werde jedoch angesichts des anhaltenden Online-Booms heftig über die Zukunft der Innenstädte gerungen. „Das ist ein immerwährender Konflikt“, sagt Atzberger.
Doch während die Haltung gegenüber Outlets in der Vergangenheit vielfach negativ gewesen sei, habe sich die Einstellung mittlerweile gewandelt. „Wenn wir nichts machen, gehen unsere Strukturen ohnehin kaputt“, sei nun vielfach die Devise.
Erlebniseinkauf mit „nahezu touristischem Charakter“, so lautet nach Ansicht von Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE das aktuelle Erfolgsrezept der Outlet-Center. Statt vorm Computer per Mausclick die Ware zu ordern, nutzen viele Kunden den Besuch im Outlet nach Ansicht von Experten als eine Art Ausflug mit Familie oder Freunden.
Dabei ist Deutschland mit einer Outlet-Dichte von 2,2 Quadratmetern-Verkaufsfläche pro 1000 Einwohner nach Angaben von Stumpf noch nahezu ein Entwicklungsland in Sachen Fabrikverkauf. Mit Werten von bis zu 9,6 Quadratmetern pro 1000 Einwohner sei das Outlet-Angebot nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern wir Österreich, Großbritannien oder Italien bereits um ein Vielfaches größer.