Business-Jets Zwischen Bruchlandung und Höhenflug

Bis heute hat sich das Geschäft mit Business-Jets in Europa nicht von der Finanzkrise im Jahr 2008 erholt. 2017 soll es endlich wieder aufwärts gehen. Doch Experten bremsen die Erwartungen in der Branche.

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Die 2008 ausgebrochene Finanzkrise, ausgelöst durch den Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers, hat dem Geschäft mit Business-Flugzeugen einen tiefen Schlag versetzt. Quelle: Reuters

Frankfurt Es ist schon fast zu einem Ritual geworden. Jedes Jahr, wenn sich in Genf die Business-Jet-Welt zur Branchenshow Ebace trifft, ist Optimismus angesagt. Man träumt von alten Zeiten und hofft, dass diese bald zurückkehren. Über 1100 neue Geschäftsflugzeuge wurden 2008 weltweit ausgeliefert. Dann kam die Finanzkrise und seitdem stagniert die Zahl bei 650 bis 750 Jets.

Doch nun, im Jahr 2017, soll alles besser werden. In Europa, einem der wichtigsten Märkte für die Branche, soll es aufwärts gehen. Auf der Ebace ist die Zuversicht allerorten zu spüren. „Wir blicken auf sechs Monate mit einem stetigen Wachstum der Verkehrszahlen zurück und diese sind die besten seit 2011“, sagt Brandon Mitchener, der Chef des Branchenverbandes European Business Aviation Association (EBAA), und fügt hinzu: „Es sind aufregende Zeiten für uns.“

Doch allzu oft wurde diese Zuversicht in der Vergangenheit enttäuscht, musste der Verband seine Prognosen nach unten revidieren. Auch in diesem Jahr warnen Experten vor zu großen Erwartungen. Für Christoph Kohler, Gründer und Managing Director beim Marktforschungsunternehmen WingX Advance, ist die Phase des anhaltend flachen Wachstums die „neue Normalität“: „Die zwölf Monate des Jahres 2016 zeigen, dass die großen Märkte für Business Aviation weiterhin auf den Aufschwung warten.“

An dieser grundsätzlichen Einschätzung ändert auch die leicht positive Entwicklung zum Jahresauftakt 2017 bislang wenig. So zeigen die Marktdaten von WingX zwar, dass die Zahl der Starts von Business-Flugzeugen in Europa zwischen Januar und April um rund drei Prozent zugelegt hat. Doch vergleicht man diesen Wert mit dem des entsprechenden Vorjahresmonats, ergibt sich ein Minus von satten 15 Prozent.

Das kann zwar durchaus temporäre Gründe haben und ist kaum auf das Gesamtjahr hochzurechnen. Doch Kohler prognostiziert für das laufende Jahr vorerst lieber nur eine „moderate Verbesserung in der bisher lang dauernden Rezession“.


Finanzkrise versetzte Branche einen Schlag

Die 2008 ausgebrochene Finanzkrise, ausgelöst durch den Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers, hat dem Geschäft mit Business-Flugzeugen einen tiefen Schlag versetzt. Zum einen brach die Nachfrage zusammen. Gerade in Krisenzeiten ist der Privatjet einer der ersten Posten, die zur Disposition gestellt werden. Dass die Chefs der drei großen US-Autokonzerne damals mit dem eigenen Flugzeug zu Krisen-Gesprächen mit der US-Regierung nach Washington reisten, half der Branche nicht gerade. Seitdem macht die deutlich gestiegene Sensibilität für die Regeln der guten Unternehmensführung (Corporate Governance) es den Führungskräften deutlich schwerer als früher, die Nutzung eines Business-Jets zu rechtfertigen.

Zu allem Überfluss sorgt der niedrige Ölpreis und eine sich verlangsamende Konjunktur in China dafür, dass auch die Nachfrage nach Geschäftsflugzeugen aus den Golf-Staaten und China nachgelassen hat. Da tut es gut, dass wenigsten ein Segment in Europa derzeit gute Zahlen vorweisen kann. „Der Markt im Charterbereich wächst“, so Kohler von WingX.

Weiteres Potential könnten neue Geschäftsmodelle bieten. So macht die sogenannte Sharing Economy auch vor der Privatfliegerei nicht halt. Plattformen wie Wingly oder Flyt Club sorgen dafür, dass die Privatflugzeuge besser ausgelastet sind. Und sie erschließen neue Kunden gerade im Tourismusbereich. Und dann ist da auch noch die Hoffnung auf die Konjunktur. Die Nachfrage nach Privatjets hing in der Vergangenheit stark von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung ab.

Da sieht es gar nicht so schlecht aus. Die Weltbank etwa sagt für 2017 in Europa und Zentral Asien ein Wachstum von 2,4 Prozent voraus. Und der vom Ifo-Institut erhobene Geschäftsklima-Index ist im Mai um 1,6 Punkte auf 114,6 Zähler gestiegen, so hoch wie seit 1991 nicht.

Doch die Frage ist, wie schnell diese Zuversicht in den Unternehmen bei den Herstellern und Vermarktern von Geschäfts-Flugzeugen ankommen wird. Bislang ist hier noch nichts zu sehen. So ist die Zahl der Starts von Business-Jets in Deutschland – das Land steht gemessen an den Flugstunden für 18 Prozent des Business-Aviation-Marktes in Europa – zwischen Januar und April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 10,8 Prozent gesunken. Wachstum sieht anders aus.

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