Cartier, Rolex & Co. Die Reparaturabzocke der Luxusuhrenhersteller

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Wettbewerbsverzerrende Herstellerpolitik

Die Klassiker der Marke Patek Philippe
Schön und kompliziert: das Damen-Modell 4968 von Patek Philippe.
In der Modellreihe Calatrava will Patek Philippe mit sanften Modernisierungen aktuell bleiben. Hier im Bild Modellreihe Calatrava von 1934.
Patek Philippe Modellreihe Calatrava von 1946.
Patek Philippe Modellreihe Calatrava von 2005.
Patek Philippe Modellreihe Calatrava von 2007.

Anders agiert Patek Philippe, einer der teuersten Uhrenhersteller mit Preisen von 20.000 Euro aufwärts. „Wie liefern Ersatzteile auch an externe Uhrmacher“, sagt Deutschland-Chef Yannick Michot. „Um die Qualität ihrer Reparatur an unseren hoch komplizierten Uhren sicherzustellen, müssen sie aber an einem vierwöchigen Lehrgang in unserer Zentrale in Genf teilnehmen. Das kostet sie nichts, an Reparatur und Restaurierung wollen wir gar nicht verdienen. Aber die Uhrmacher müssen nachweisen, dass ihre Werkstatt auf höchstem Niveau arbeitet und über Spezialwerkzeuge unserer Marke verfügt.“

Für die Uhrmacher ist das Verhalten der anderen Hersteller oft geschäftsschädigend. „Durch die Nichtbelieferung entsteht bei meinen Kunden der Eindruck, als Handwerker sei ich inkompetent, die Reparatur ausführen zu können“, klagt der Sachverständige Heffels. „Das verursacht erhebliche wirtschaftliche Verluste.“

Die deutschen Uhrmacher fürchten, ihnen könne es ergehen wie den belgischen Kollegen: Binnen zehn Jahren schloss dort rund ein Viertel die eigene Werkstatt für immer. Die Belgier beklagen, der Hauptgrund sei die wettbewerbsverzerrende Herstellerpolitik gewesen.

Bereits 2004 reichte der europäische Uhrmacherverband CEAHR gegen das Ersatzteilembargo eine Beschwerde bei der EU-Kommission wegen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ein. Zunächst blitzten sie bei der Kommission mangels „Gemeinschaftsinteresses“ ab. Doch die rebellischen Uhrmacher zogen 2010 erfolgreich vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Nun hat die EU- Kommission ein Kartellrechtsverfahren gegen eine Reihe – nicht namentlich benannter – Luxusuhrenhersteller eingeleitet. Dem Brüsseler Flurfunk nach steht es nicht schlecht für die freien Uhrmacher.

Das liegt ausgerechnet an der Automobilindustrie: Auch dort weigerten sich Hersteller bis 2007, Ersatzteile an freie Werkstätten zu liefern, und argumentierten mit Designschutz. Bei der EU-Wettbewerbskommission zog das Argument nicht. Sie verdonnerte die Autobauer zur Belieferung auch externer Werkstätten.

Doch selbst wenn auch die beklagten Uhrenhersteller am Kartellpranger landen: Ein Rüffel der EU bringt sie kaum eine Sekunde aus dem Takt. Auch wenn es in diesem Jahr einen Knick in der Nachfrage gibt: Das größere Geschäft mit Edeluhren findet längst weit weg von Europa statt – in Hongkong, den USA und China.

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