Coca-Cola bei Aldi Die süße Versuchung von Markenprodukten

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Richtige Richtung

Wer hinter No-Name-Produkten steckt
Ostmann-GewürzeMartina Schneider, Autorin des Buches "Welche Marke steckt dahinter?", schreibt, dass sich die Billig-Klone der Markenprodukte für die Unternehmen lohnen: Sie können ihre Produktionskapazitäten voll ausschöpfen und haben ein zweites Standbein. Allerdings sind die Billigmarken, oft auch vertrieben durch Tochterunternehmen, nicht das Lieblingsthema der Unternehmen. Die Gefahr, dass die Kunden statt auf das Original auf die billige Kopie zurückgreifen, ist zu hoch. So spart ein Kunde, der Kräuter oder Gewürze der Marke Basta kauft, 80 Prozent gegenüber den Ostmann-Gewürzen. Dabei kommen die Würzmischungen aus dem gleichen Haus. Einziger Unterschied: Verpackung und Preis. Basta-Gewürze werden übrigens bei der Supermarktkette Norma vertrieben. Quelle: Screenshot
Gallo Cabernet SauvignonÄhnlich hoch ist die Ersparnis für Kunden, die statt dem "Gallo Cabernet Sauvignon" auf den Wein der Marke "Burlwood Cabernet Sauvignon" bei Aldi kaufen. Der Wein stammt vom selben Familienunternehmen in Californien, kostet bei Aldi aber rund 70 Prozent weniger.
ZentisDer Marmeladen- und Konfitürenhersteller Zentis produziert auch für die Rewe-Marke "Ja!". Kunden, die zur Ja!-Marmelade oder Schokocreme greifen, bezahlen für das gleiche Markenprodukt also deutlich weniger. Der Grund für die krassen Preisunterschiede ist die starke Marktposition der Discounter gegenüber den Herstellern. Aldi, Rewe und Co können Unternehmen wie Zentis zwar nicht den Preis für die hauseigenen Marken, wohl aber den Preis für die Billigmarmelade vorschreiben. Quelle: dpa/dpaweb
ToastSo kostet das Label Golden Toast von Lieken rund 59 Prozent mehr als das Lidl-Produkt "Grafschafter Butter Toast" der Firma Kornmark - dabei ist Kornmark eine Tochterfirma von Lieken. Es handelt sich also um dasselbe Weißbrot. Unter dem Namen "Mühlengold Buttertoast" verkauft die Firma Lieken ihren Toast übrigens auch beim Discounter Aldi. Quelle: Screenshot
Dickmann'sAuch das Unternehmen Storck produziert seine "Super Dickmann's" und "Schokostrolche" nicht nur unter dem eigenen Label. Das Aldi-Produkt "Scholetta Mini Schokoküsse" kommt aus der gleichen Fabrik wie alle anderen Storck-Süßigkeiten. Zu denen gehören neben Dickmann's übrigens auch Nimm2, Werther's Echte und Storck Riesen. Quelle: Screenshot
Leibniz-Kekse & CoAuch die Firma Bahlsen produziert zweigleisig: Hinter Aldis "Van Botta Keksen" versteckt sich der "Leibniz"-Keks, die "Bahlsen Waffeletten" tarnen sich beim Discounter als "Favorini Zartes Waffelgebäck" und auch die billigen Schoko-Waffelröllchen der Firma Choco Bistro stammen aus dem Hause Bahlsen. Quelle: dpa
Müller MilchreisGleiches gilt für den Milchreis der Firma Müller, der getarnt als "Gut und Günstig" bei Kaufland im Regal steht. Und auch bei Aldi gibts den Original Müller Milchreis unter anderem Namen zu kaufen - zum halben Preis. Quelle: Screenshot

Ist die Aufnahme von Markenartikeln ins Aldi-Sortiment also grundsätzlich falsch? Dass Aldi, insbesondere Aldi Nord, sich weiterentwickeln muss, um den gestiegenen Kundenansprüchen gerecht zu werden, steht außer Frage. Die aktuelle Modernisierung der Aldi Nord Filialen ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber auch die Listung einzelner Top-Marken kann helfen, das Sortiment von Aldi aus Sicht des Kunden aufzuwerten und neue Kunden anzusprechen.

Eine neuere Entwicklung im Drogeriesortiment könnte Aldi da auch in die Hände spielen. In der Vergangenheit ist Aldi bei namenhaften Herstellern von Drogerieartikeln wie Beiersdorf immer wieder abgeblitzt. Durch die Schlecker-Pleite ist bei den Herstellern von Kosmetikprodukten jedoch ein erheblicher Teil vom Umsatz weggebrochen, so dass sie erstmalig bereit scheinen, Markenprodukte an Aldi zu liefern. Vertraut man der Fachpresse, so steht die Listung von Elvital von L`Oréal und Nivea von Beiersdorf kurz bevor. Die wichtige Zielgruppe der jungen Familien hat Aldi mit seinem Angebot bislang kaum für sich gewinnen können. Ein attraktives Drogeriesortiment mit bekannten Top-Marken wie Nivea, auf dessen Qualität Konsumenten seit Jahrzehnten vertrauen, würde die Attraktivität von Aldi, insbesondere beim Zielsegment der jungen Familien, steigern.

Balance zwischen discount und billig

Trotz der unumstrittenen Vorteile, die Markenprodukte für Aldi haben können, bleibt die Listung der Top-Marken ein zweischneidiges Schwert und es wird in Zukunft ein schmaler Grat für Aldi werden, die richtige Balance zwischen Handelsmarken und Herstellermarken zu finden.

Die Gefahr einer Preisschlacht bleibt ungebrochen: schon jetzt kämpft der deutsche Lebensmitteleinzelhandel mit extrem niedrigen Umsatzrenditen, welche bei vielen Händlern gerade einmal 1% betragen. Eigenmarken bescheren den Händlern in der Regel wesentlich höhere Renditen als Herstellermarken, wohl auch deshalb konnte sich Aldi in den letzten Jahrzehnten als Branchenprimus in Sachen Profitabilität behaupten.

Von Plänen, den Anteil an Markenartikeln im Aldi Sortiment radikal auf 25% und mehr zu erhöhen, wie das Manager Magazin im März berichtete, kann daher nur dringend abgeraten werden. Durch die Aufgabe des Aldi-spezifischen Sortiments würde sich Aldi ständigen Preisattacken von Konkurrenten auf Top-Marken aussetzten. Die Dauerniedrigpreisstrategie wäre somit langfristig nicht mehr aufrecht zu erhalten und eine aus Kundensicht klare Differenzierung von Wettbewerbern, insbesondere von Lidl, wäre auf Dauer kaum noch möglich.

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