Concept Stores "Es ist wichtig, dass Überfluss inszeniert wird"

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Übersichtlichkeit ist nicht nötig

Die Kunden sind also dort eigentlich in einer Rolle, die Komplexität der heutigen Gesellschaft in Concept Stores komprimiert zu erleben?
Menschen, die dort hinein gehen – ob mit Absicht oder eher zufällig, wenn man da so reinstolpert – tendenziell ja. Wir sind alle so konditioniert, dass wir mit solchen ästhetischen Wahrnehmungsmustern mehr oder weniger kompetent etwas anfangen können. Wenn Sie in Berlin das erste Mal ins Bikinihaus gehen, dann wissen Sie nicht so genau, was Sie erwartet. Aber Sie finden dort unvermittelt eine spezifische Atmosphäre vor, der man sich nur schwer entziehen kann. Dies ist mehr als völlige Unklarheit, aber auch nicht so geartet, das alles gleich transparent wirkt, wie es in einem Elektrofachmarkt der Fall ist.

Klingt doch aber eher anstrengend?
Diese Übersichtlichkeit ist aber auch gar nicht nötig. Vielmehr wirkt es entlastend, nicht gleich klar zu wissen, was passiert. Es ist eher eine Art Zerstreuung, Entspannung und Ablenkung, die gewünscht wird. Sie hat einen hohen Freizeitcharakter.

Die beliebtesten Einkaufsstraßen Deutschlands
Trotz Online-Boom gehen die Deutschen immer noch gern klassisch auf Einkaufsstraßen shoppen. Das zeigt die alljährliche Passantenfrequenz-Zählung von JLL. Am Zähltag (Samstag, 14. April 2018) besuchten zwischen 13 und 16 Uhr insgesamt 718.880 Passanten die Shoppingmeilen, das sind nur etwa 4000 weniger als 2017 und fast 240.000 Menschen pro Stunde. Kann die Frankfurter Zeil ihren Titel als beliebteste Einkaufsstraße 2017 verteidigen? Quelle: dpa
Rang 10: Schadowstraße, DüsseldorfDie Düsseldorfer Schadowstraße hat sich wieder gefangen. Nachdem sie 2017 einen deutlichen Frequenzrückgang zu beklagen hatte, verbesserte sie sich in diesem Jahr um 665 auf 9130 Besucher pro Stunde. Im Bild die Eröffnung des C&A-Flagship-Stores. Quelle: obs
Rang 9: Königstraße, StuttgartDie Königstraße legt noch deutlicher zu: Stuttgarts meistfrequentierte Einkaufsstraße steigert sich um 1690 auf 9.145 Passanten pro Stunde. Quelle: dpa
Rang 8: Hohe Straße, KölnDie Kölner Hohe Straße lockt pro Stunde 9.435 Einkäufer an,, zu Spitzenzeiten waren es mal 12.795. Damit ist sie nur auf dem zweiten Platz unter den Kölner Top-Shopping-Lagen. Quelle: dpa
Rang 7: Flinger Straße, DüsseldorfDie Flinger Straße in Düsseldorf ist dagegen etwas abgerutscht: Nach dem dritten Platz 2017 reiht sie sich in diesem Jahr weiter hinten ein. 9670 Passanten wollten hier stündlich einkaufen. Quelle: dpa
Rang 6: Westenhellweg, DortmundDortmunds Westenhellweg war 2013 noch absoluter Spitzenreiter mit 12.950 Passanten, stürzte bis 2017 aber auf den neunten Rang ab. Nun reicht es wieder für den sechsten: Mit 10.180 Einkäufern pro Stunde nähert die Ruhgebiets-Shoppingmeile dem Trubel alter Tage wieder an.
Rang 5: Georgstraße, HannoverDie Georgstraße in Hannover, lockte 2015 noch 10.430 Menschen pro Stunde, damals ergab das Rang Vier. Nach einigen schwächeren Jahren hat sie ihren alten Wert nun sogar übertroffen: 10.985 Shoppende pro Stunde. Trotzdem reicht es damit in diesem Jahr nur noch für Platz Fünf. Quelle: dpa

Shoppen als Erholung, nicht als Erledigung?
Mit Niklas Luhmann könnte man in diesem Zusammenhang von Kontingenz sprechen. Wir hier leben in einer Welt, in der sich auf Grund der Säkularisierung die Verantwortung für nahezu sämtliche Ereignisse in der Welt nicht mehr einer externen Instanz zurechnen läßt. Für die stark Gläubigen wohl schon, für die meisten anderen von uns aber wohl eher nicht. Damit fällt die Verantwortung für alle diese Ereignisse auf uns zurück. Wir Menschen richten die Welt zu, wir richten sie zugrunde. Alle Zurechnungs- und Verantwortungsschleifen, die wir drehen, beginnen und enden inzwischen bei uns. Alles, was ist, könnte auch anders sein, weil wir es so entschieden haben und damit auch anders entscheiden könnten. Das bedeutet die Erfahrung von Kontingenz, und ist zunächst ziemlich anstrengend und belastend.

Das sind die erfolgreichsten deutschen Luxusmarken
Ernst & Young Quelle: dpa
Die Wertung: Quelle: dpa
Rang 10: Porsche Quelle: REUTERS
Walter Knoll Quelle: PR
Rang 8: Dedon Quelle: gms
Bechstein-Flügel Quelle: C. Bechstein
Model und BMW i8 Quelle: REUTERS

Ziemlich viel Verantwortung.
Egal, was wir tun: Im Prinzip kann man sich nur sehr mühsam von dieser Verantwortung für sich selbst frei sprechen. Das ist immer problematisch, da man im Einzelfall nachweisen muss, weshalb man keinerlei Verantwortung hatte für dies oder jenes, und das ist längst nicht mehr so einfach. Inzwischen gilt dies sogar für den Konsum. Der Druck, fortlaufend verantwortlich zu sein für das, was unser Konsum mit der Welt macht, ist fast zu hoch geworden. Uns Konsumenten wird inzwishen ja fast schon die Verantwortung für das Überleben der Welt als solcher aufgehalst, etwa für die Abholzung der Urwälder, die Verschmutzung der Meere und so weiter. Der Diskurs der vergangenen 10 bis 15 Jahre ist dahingegangen: Wir Konsumenten haben es letztlich in der Hand. Das ist aber viel zu viel Verantwortung für den Einzelnen. Das ist kaum zu realisieren. Vor diesem Hintergrund ist die Chance für den je Einzelnen, dieser Verantwortung mal zu entgehen, umso verlockender. Und vor diesem Hintergrund ist die Zeit, die man in solchen Geschäften verbringt, enorm entlastend, weil einem dort vordergründig keinerlei Verantwortung zugerechnet wird, da gar nicht klar ist, worum es im Detail geht. Es ist Freizeit, es ist Konsum, ohne sich permanent fragen zu müssen, wofür ich schon wieder Verantwortung übernehmen muss.

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