Darknet Wie die digitale Parallelwelt funktioniert

Das Deepweb ist der Teil des Internets den Suchmaschinen wie Google nicht finden. Das Darknet geht noch einen Schritt weiter. Es bietet einen virtuellen Rückzugsraum für all jene, die auf Anonymität beim Surfen angewiesen sind. Aber auch Kriminelle haben die Technik für sich entdeckt. Sie tummeln sich auf dem digitalen Schwarzmarkt. So funktioniert es.

Tor-Browser
Die Zwiebel mit ihren vielen Schalen: Die Abkürzung TOR steht für: The Onion Router – das Zwiebel-Netzwerk. Die kostenlose Open-Source-Software, einst vom US-Militär entwickelt, dient dazu, die eigene IP-Adresse zu verschleiern, indem sie Anfragen nicht direkt an die Zieladresse im Netz schickt, sondern über eine Kette von Proxyservern leitet. Jeder Proxy kennt nur seinen Vorgänger und Nachfolger, aber keiner kennt den ursprünglichen Absender der Anfrage und gleichzeitig den Empfänger. Das sieht in der Praxis dann so aus. 
Seitenadressen bestehen im anonymen Web aus einer zufällig gewählten, und ständig wechselnden Kombination von Zahlen und Buchstaben. Das erschwert das surfen. Deswegen bieten einige Seiten wie „The Hidden Wikki“, Orientierungshilfe. DeepDotWeb ist auch über das freie Internet zugänglich. Hier finden sich Foren, Fragen und Übersichten rund um das Thema Deepweb/Darknet. 
Tor ist nicht nur zum surfen auf nicht frei zugänglichen Websites nützlich. Auch ganz "normale" Seiten können hier anonym und datensicher angesteuert werden. Gleichzeitig lassen sich auch einige Unternehmen mit einer speziellen .onion Adresse registrieren. So hat zum Beispiel Facebook 2014, als erste große Firma einen offen sichtbaren Tor-Dienst mit eigener Adresse im Anonymisierungsnetz Tor aufgesetzt. 
Grams ist die gängigste Suchmaschine für Drogenmärkte im Darknet. Zwar ist der Drogenmarkt im Internet gegenüber dem Straßenhandel (mit einem geschätzten Umsatz von 320 Milliarden Dollar pro Jahr weltweit) noch klein, aber bereits hart umkämpft. Die Betreiber leben gut von der Verkaufsprovision, die sie für jeden Deal erhalten, der auf ihrer Seite geschlossen wird. Laut FBI sollen beim damals 29-jährigen Marktführer Dread Pirate Roberts von der Seite Silkroad, Bitcoins im Wert von 150 Millionen Dollar sichergestellt worden sein. Im Oktober 2013 wurde der US-Amerikaner Ross Ulbricht, der angebliche Silk-Road-Betreiber, ausfindig gemacht und vom FBI verhaftet. Der heute 32-Jährige wurde zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt. 
Aufgrund der steigenden Konkurrenz haben sich Nachfolger wie Alphabay oder Nucleus vom anarchischen Neunzigerjahre-Look verabschiedet und orientieren sich nun an der Optik des legalen Onlinehandels. Da Vertrauen auf anonymen Marktplätzen ein knappes Gut ist, reagieren die Kunden stärker auf die üblichen Onlinereize wie einprägsame Logos, erkennbare Marken, hochauflösende Produktfotos und Marktstandards wie Kundenprofil, Konto-Übersicht und ausführliche Angebotslisten. Drogen sind auf fast jedem Marktplatz der größte Posten, daneben lassen sich hier jedoch auch Waffen, Hacker, Identitäten, Kreditkarten und andere Dinge erwerben. In den dunkelsten Ecken, die allerdings auch im Darknet nicht ohne weiteres zugänglich sind, finden sich sogar Menschenhandel, Kinderpornographie und Live-Vergewaltigungen. 
Ob gehackte Paypal, Amazon oder Ebay-Konten, eine neue Kreditkarte oder die Dienste eines Hackers, der mit Hilfe einer DDoS-Attacke (Distributed Denial of Service) eine Seite lahmlegen soll. Im Darknet werden Angriffe bzw. Daten jeglicher Art angeboten. Für nur ein Pfund, könnte man hier eine russische Kreditkarte mit hohem Verfügungsrahmen erwerben. Auch persönliche Daten wie Namen, Geburtsdaten, Adressen, EMails und alle erdenklichen Zugänge einer bestimmten Person werden hier für wenige Dollar angeboten. Zur Zeit vor der US-Wahl besonders beliebt: personenbezogene Daten, aufgelistet nach Bundesstaaten in Amerika.
Aber die Anonymität des Darknets, entzieht nicht nur illegale Machenschaften dem Zugriff der Justiz, sie bietet auch Schutz für politisch Verfolgte. Regimekritiker des Arabischen Frühlings, Dissidenten in China oder im Iran können dank Tor, Material veröffentlichen, ohne sich persönlich zu exponieren. Und sie können sich in geschützten Chats und Foren untereinander austauschen, ohne Sanktionen fürchten zu müssen. Deswegen sind mittlerweile auch viele journalistische Publikationen im digitalen Untergrund zu finden. 
So hat auch das US-Magazin "The New Yorker" dort eine Seite mit Anleitungen für Whistleblower. In der "The New Yorker Strongbox", können mithilfe von "Secure Drop" anonym Informationen an das Magazin gesendet werden. Russische Dissidenten umgehen so die staatliche Zensur, Homosexuelle im Nahen Osten schützen sich vor dem Zugriff der Moralwächter, Whistleblower vor den Augen derer, die sie verraten. 
Weitaus unbekannter ist der ziemlich profane Teil des anonymisierten Netzes. Essay-Seiten, in denen User frei ihre Gedanken niederschreiben, aber auch krude Blogs über Verschwörungstheorien. Es gibt Foren, in denen über Politik gesprochen wird, und welche, in denen Hack-Angriffe für "gute Zwecke" geplant werden. In den Untiefen des anonymen Internets findet sich dann sogar ein Forumseintrag über Pegida, oder besser gesagt gegen das deutsche Antiislam-Bündnisses.
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