Deutsche See Frischer Fisch aus dem Netz

Lebensmittel online bestellen? Die Deutschen sind da skeptisch. Deutsche See will nun das verderblichste aller Lebensmittel online verkaufen – Fisch. Wie das funktionieren soll und was es bringt, erklärt der zuständige Manager Dominik Hensel.

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Wie der Online-Lebensmittelhandel mit frischem Fisch funktionieren soll. Quelle: Presse

Deutsche See beliefert aktuell rund 35.000 Händler und Gastronomen deutschlandweit mit frischem Fisch. Seit September können auch Privatkunden in ganz Deutschland bestellen. Möglich machen das die 22 Niederlassungen und die 300 eigenen Lieferfahrzeuge, die ohnehin schon für die Belieferung von Händlern und Gastronomen eingesetzt werden. Vor drei Jahren starteten die Bremerhavener in Berlin ein Pilotprojekt.

Zuständig für den Online-Shop ist Dominik Hensel. Im Interview erzählt er, was Deutsche See mit dem Shop bezweckt, warum es erst einmal nicht schlimm ist, dass er nicht profitabel ist und weshalb er glaubt, dass Amazon Fresh der Lebensmittellieferbranche nur gut tun kann.

Warum sollte ich Fisch im Internet bestellen?
Dominik Hensel: In erster Linie, weil Sie vermutlich ein Verfügbarkeitsproblem in Sachen Fisch haben. Aus diesem Grund kamen zumindest die Konsumenten auf uns zu, die wissen wollten, wo sie guten und wirklich frischen Fisch herbekommen. Das mag in einer Stadt wie Hamburg kein Problem sein, wenn ich mich aber in Richtung ländliche Regionen bewege, wird es schon schwierig überhaupt eine Fischtheke zu finden. So fahren Kunden zum Teil Stunden, um an frischen Fisch zu kommen. Das wollen wir ändern.

Dominik Hensel, Leiter für den Bereich E-Commerce, im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Presse

Nun sind die Deutschen besonders skeptisch, wenn es darum geht Lebensmittel zu bestellen. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Wir bewegen uns mit Fisch auf einem sehr engen Nischenmarkt: Wir sind kein Kochboxversender, kein Fleischversender – wir können Fisch und Meeresfrüchte und das machen wir seit 1937. Wir haben für dieses sensible Lebensmittel die notwendige Logistik: 300 Kühlfahrzeuge, die in Deutschland schon jetzt unterwegs sind und Gastronomen und Händler beliefern und dazu unsere 22 Niederlassungen in ganz Deutschland. All das nutzen wir nun auch für den sicheren und gekühlten Transport zum Privatkunden.

Rechnet sich das überhaupt für Sie?
Unser Ziel am Anfang ist es nicht den Online-Shop profitabel zu betreiben.

Zur Person

Nein?
Wir möchten mit dem Online-Shop das Verfügbarkeitsproblem von Fisch lösen, den Konsumenten kennenlernen sowie die Markenbekanntheit gegenüber dem Konsumenten steigern. Wir merken auf verschiedenen Ebenen, dass sich der Online-Shop schon jetzt auszahlt: Die Kunden fragen uns etwa bei Händlern oder Gastronomen gezielter nach. Das ist das Beste, was uns passieren kann.

Das heißt, sie verdienen am Shop indirekt – über die gesteigerte Kundennachfrage bei Händlern und Gastronomen?
Genau. Sie müssen bedenken, wenn der Kunde an die Fischtheke geht, sieht er ein marken- und namenloses Produkt. Deutsche See soll ein Qualitätsmerkmal sein für den Konsumenten. Aber klar ist: Wir wollen auch irgendwann einmal Geld verdienen mit dem Online-Shop.

Wann soll es soweit sein?
Als mittelständisches Unternehmen, welches seit Jahren Fisch an Gastronomie und Handel vertreibt und die dazugehörige Infrastruktur hat, die wir für den Online-Shop nutzen, haben wir keinen Zeitdruck. Wir haben ein stetiges Wachstum verzeichnet die letzten drei Jahre.

Was kostet Sie der Spaß?
Mit dem Online-Shop nutzen wir eine bestehende Infrastruktur für den Bezug der Ware, die Verarbeitung in unserer Manufaktur, die Logistik zur Auslieferung und das Know-How zum Thema Fisch durch unsere Mitarbeiter. Ergänzend dazu haben wir ein Team mit der digitalen Kompetenz und dem E-Commerce Know-How aufgebaut. Die Kosten halten sich damit im moderaten Bereich.

Die Kühlkette ist bei frischen Lebensmitteln die größte Herausforderung, insbesondere bei Fisch, der zum Teil ja sogar unterschiedliche Temperaturen benötigt. Ist das nicht ziemlich teuer?
Die Kühllogistik ist etwas sehr Kostenintensives, ja. Wir haben aber gemerkt, dass der Konsument bereit ist, einen gewissen Preis für diesen Service und unsere Produkte zu zahlen. Zudem können wir durch unsere Kühllogistik auf Styroporkisten, Eispads und ähnliches verzichten. Auch diesen Verzicht auf Verpackungsmüll schätzt der Konsument.

"Amazon Fresh wird den Lebensmittelliefermarkt beleben"

Nun haben Sie in ländlichen Regionen einen Mindestbestellwert von 99 Euro. Das ist nicht ohne. Ist der gelieferte Fisch teurer als der in Ihren Niederlassungen?
Wir verfolgen ein einheitliches Preismodell, ob der Kunde den Fisch nun abholt oder sich liefern lässt. Bei einer Abholung erhält der Kunde aber eine Kühltasche für den sicheren Transport und hat die Möglichkeit seinen Einkauf noch spontan zu ergänzen. Je nach Wohnort unterscheidet sich der Mindestbestellwert und ob die Lieferung kostenfrei erfolgt. Hier testen wir zur Zeit verschiedene Modelle.

Welche Fische auf den Teller dürfen
Fische Quelle: dpa
Greenpeace Fisch-Einkaufsratgeber Quelle: dpa
Greenpeace Fisch-Einkaufsratgeber Quelle: dpa
Fischzucht Forellen und Störe Quelle: dpa/dpaweb
lachs Quelle: AP
Karpfen Quelle: AP
Dorade Quelle: dpa

Wie sieht es in puncto Preis im Vergleich zur Fischtheke aus?
Wir sind nicht günstiger als die Fischtheke, eher einen Tick teurer. Da wir die Theken mit unserem Fisch beliefern, wollen wir die Händler in Sachen Preispolitik nicht ausbooten.

Warum sollte der Kunde dann bei Ihnen zugreifen?
Weil wir ein Sortiment haben, das der Kunde an keiner gewöhnlichen Fischtheke findet. Wir setzen auf hochwertige und exklusive Produkte, die der Kunde zum Beispiel aus der gehobenen Gastronomie kennt. Wenn er sie daheim noch einmal nachkochen möchte, bestellt er den Fisch und die Meeresfrüchte bei uns.

Sie belieferten bisher rund 35.000 Kunden aus der Gastronomie und dem Handel. Was sind im Vergleich dazu die Herausforderungen im Privatkundengeschäft?
Wenn ein Gastronom oder ein Händler bei uns bestellt, geht es um große Mengen. Ein Privatkunde ist da spezieller und bestellt eher viele verschiedene Produkte in kleinen Mengen. Ansonsten ist der Privatkunde sehr anspruchsvoll, was die Lieferung angeht. Das sind Gastronomen und Händler zwar auch, aber beim Privatkunden herrscht eine ganz andere Dringlich- und Abhängigkeit. Wenn ich zum Geburtstag um 20 Uhr Gäste geladen habe und der Fisch für 17 Uhr bestellt ist, dann erwartet der Kunde, dass wir pünktlich liefern und das die Lieferung vollständig erfolgt, denn der Kunde hat dann keine Zeit mehr sich um eine Alternative zu bemühen geschweige eine Bezugsmöglichkeit.

Sie bieten Zeitfenster für die Bestellungen an – wie groß ist der Aufwand, um pünktlich liefern zu können, insbesondere in ländlichen Regionen?
In Metropolen wie Berlin oder Hamburg fahren wir separate Onlineshop-Touren. So kann der Kunde frei wählen, wann die Lieferung bei ihm ankommen soll, zum Beispiel wochentags zwischen 19-21 Uhr oder am Samstag zwischen 08-10 Uhr. In ländlichen Regionen geben wir dem Kunden die Liefertage und –zeiten vor, in denen wir ohnehin schon in seiner Nähe sind, um Gastronomen zu beliefern. Wir nehmen die Ware dann mit auf eine Tour, die wir ohnehin fahren.

Das sind die Angebote der Online-Supermärkte

Geht es um Lebensmittelversand, ist immer auch Amazon ein Thema. Gerüchten zufolge will der US-Riese 2017 in Deutschland mit seinem Lebensmittellieferservice angreifen. Bereitet Ihnen das Sorge?
In keiner Weise. Amazon ist als Mitbewerber im Food-Commerce Segment sehr wichtig für alle Beteiligten, weil es eine sehr hohe Akzeptanz und viel Vertrauen durch die Kunden erfährt. Das könnte auf den ganzen Lebensmittelliefermarkt abfärben und ihn sehr beleben.

Der größte Akteur auf dem Markt ist aktuell Rewe mit seinem Lieferservice. Kunden beklagen, dass Rewe online alle Waren als verfügbar angibt, letztlich aber nur das liefert, was auch in der Filiale ums Eck vorhanden ist. Haben Sie solche Probleme ebenfalls?
Service ist hier der wichtigste Aspekt. Natürlich ist Fisch ein Naturprodukt, deswegen kann es  vereinzelt vorkommen, dass der Fisch, den der Kunde ordern will, bei uns nicht verfügbar ist. Wir wissen das allerdings rechtzeitig und suchen mit dem Konsumenten gemeinsam eine Alternative.

Wie sieht das aus?
Die Nichtverfügbarkeit kann verschiedene Gründe haben: etwa einen Rohwarenengpass oder die Ware, die wir bekommen haben, entspricht nicht unseren Qualitätsansprüchen. In so einem Fall kontaktieren wir den Kunden direkt und wählen mit ihm eine Alternative aus unserem Sortiment aus. Der Kunde reagiert da für gewöhnlich sehr flexibel – wir müssen ihn nur rechtzeitig informieren. Und erreichen wir den Kunden einmal nicht im Vorwege, bringt unser Lieferfahrer eine passende Alternative mit, die der Kunde optional annehmen kann.

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