Deutschlands Lego-Chef "Der Lego-Stein bleibt der Kern unseres Geschäfts"

Seit einem Jahr verantwortet Frédéric Lehmann für Lego den deutschsprachigen Raum. Ein Gespräch über das Weihnachtsgeschäft, Kino-Filme von Lego und wie das Unternehmen verstärkt Mädchen ansprechen will.

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Frédéric Lehman, 44, ist seit Oktober 2015 Geschäftsführer der Lego GmbH und damit verantwortlich für die Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Quelle: Lego

Herr Lehmann, um diese Zeit herum ist es jedes Jahr das Gleiche: In den Zeitungen häufen sich die Berichte, Lego könne die Nachfrage zur Weihnachtszeit nicht decken. Wo bleiben die Meldungen?
Frédéric Lehmann: Wir freuen uns, dass wir in diesem Jahr keine solchen Meldungen lesen. Unser größtes Ziel ist es, die Kinderwünsche zu erfüllen, gerade in der Weihnachtszeit. Das ist uns nicht immer gelungen. Aber wir haben aus der Vergangenheit gelernt und dieses Jahr sieht es sehr gut aus. Bis auf wenige Ausnahmen werden wir Stand jetzt alle Produkte liefern können.

Was hat Lego anders gemacht als in den Jahren davor?
Wir haben schon früh im Jahr sehr eng mit dem Handel zusammengearbeitet, um genau einschätzen zu können, welche Sets gefragt sind. Wir produzieren seit jeher nahe am Standort und in Europa haben wir die Produktionskapazität der Werke in Ungarn und Tschechien ausgebaut. Diese Erweiterungen kommen uns auf dem deutschen Markt zugute, gerade das Werk in Ungarn beliefert uns maßgeblich.

Für Sie ist es das zweite Mal, dass Sie als Lego-Deutschland-Chef die Weihnachtszeit erleben. Im Oktober vergangenen Jahres sind Sie eingestiegen. Wie war Ihr erstes Jahr?
Nach einem Jahr bin ich immer noch auf Wolke sieben. Mit Lego bin ich aufgewachsen, dass Lego irgendwann einmal mein Arbeitgeber ist, davon habe ich als Kind nur geträumt. Vor kurzem habe ich einen Bagger aus meinem Elternhaus geholt, den ich mit 15 aus Lego gebaut habe. Der steht jetzt in meinem Büro als Zeichen meiner Verbundenheit. Natürlich ist auch bei Lego nicht alles perfekt, aber das Unternehmen hat eine tolle Kultur und ein tolles Miteinander.

Zur Person

Ist es schwierig, den Chefposten bei einem Unternehmen zu übernehmen, das seit Jahren von Rekord zu Rekord eilt?
Ich habe ein sehr gut geführtes Haus vorgefunden, das hat es leichter gemacht. Aber unseren Erfolg müssen wir Jahr für Jahr aufs Neue erarbeiten. 70 Prozent des Lego-Sortiments besteht aus Produkten, die neu auf den Markt kommen. Wir müssen verstehen, was Kinder wollen und wie sie gerade spielen. Das ändert sich ständig. Die Kinderwünsche in den Produkten und den Welten um die Produkte herum umzusetzen, ist jedes Jahr wieder eine Herausforderung.

Lego für die Vitrine
Todesstern von Lego Quelle: PR
Super-Sternenzerstörer von Lego Quelle: PR
R2D2 von lego Quelle: PR
X-Wing Starfighter von Lego Quelle: PR
TIE Fighter von Lego Quelle: PR
Slave I von lego Quelle: PR
Sandcrawler von Lego Quelle: PR

Wie keinem anderen Spielzeugproduzenten ist es Lego gelungen, die eigene Spielewelt ins Digitale zu übertragen. Wie wichtig ist der Plastikklotz da noch?
Der Lego-Stein ist und bleibt der Kern unseres Geschäfts. Er ist das Zentrale am Spielerlebnis mit Lego und regt die Kreativität der Kinder an. Aber die Spielgewohnheiten sind nicht mehr wie früher, Kinder spielen heute haptisch und digital. Das steht einander nicht gegenüber, sondern ergänzt sich. Deswegen setzen wir das Spielerlebnis in die digitale Welt fort. Apps und kleine Filme im Netz ermöglichen uns, Geschichten um die Produktwelten herum zu erzählen und die Kreativität der Kinder weiter anzustacheln.

"Lego als Spielzeug ist geschlechtsneutral"

Für die Reihe „Nexo Knights“ haben Sie eine eigene Spiele-App entwickelt. Um im Spiel weiter zu kommen, müssen Kinder die Schilde der Ritterfiguren mit dem Smartphone abfotografieren. Übt das nicht großen Druck auf Eltern aus, die Sets zu kaufen?
Sie müssen ja nicht zwingend Sets kaufen, um Schilde zu scannen. Sie finden Schilde zum Abfotografieren auch zum Beispiel in unseren Lego-Katalogen – und die sind kostenlos. Es gibt nur wenige Schilde, die Sie ausschließlich kriegen, wenn Sie „Nexo Knights“-Sets kaufen. Unseren Erkenntnissen nach haben Eltern damit kein Problem.

Die Geschichte Legos

Lego ist beliebt bei Jungen aller Altersklassen und bei Erwachsenen, im Kinderzimmer und auf Konsolen. In Deutschland liegt Ihr Anteil am Spielzeugmarkt aktuell bei starken 17,2 Prozent. Wo sehen Sie da noch Spielraum um weiter zu wachsen?
Historisch ist es uns nicht so gut gelungen, Mädchen anzusprechen. Dabei ist Lego als Spielzeug geschlechtsneutral. Da sehen wir durchaus noch Wachstumspotenzial. 2012 haben wir mit Lego „Friends“ unsere erste Reihe eingeführt, die sich speziell an Mädchen richtet. Das war definitiv eine Wendung in unserer Geschichte. „Friends“ ist die meistgetestete Serie, die wir je eingeführt haben. Mehr als vier Jahre haben wir an der Serie gearbeitet und dabei einiges gelernt.

Konkret?
Mädchen bauen zwar gerne mit Lego, steigen aber früher in das Rollenspiel ein. Außerdem sind sie deutlich detailverliebter als Jungen. Wenn meine achtjährige Tochter ein „Friends“-Set auspackt, begeistert sie sich für Accessoires wie einen Lippenstift oder einen kleinen Spiegel aus Lego.

Marktanteil der Lego GmbH in ausgewählten Ländern

Die Serie geht auch im nächsten Jahr weiter. Als „Friends“ 2012 eingeführt wurde, gab es viel Kritik, weil die Reihe Rollenklischees bediene. Die Pädagogik-Professorin Leonie Herwartz-Emden sagte etwa: „Eigentlich ist alles so wie Barbie – nur noch schlimmer.“ Haben Sie sich die Kritik bei der Weiterentwicklung berücksichtigt?
Hier im Haus gab es 2012 Fokusgruppen zu dem Thema und wir haben Erziehungswissenschaftler eingeladen, die die „Friends“-Sets testeten. Als sie angefangen haben zu bauen, waren sie ganz anderer Meinung. In der Reihe geht es nicht nur um typische „Mädchenthemen“, die bedienen wir auch, aber es gibt genauso Sets mit Abenteuerinnen. In diesem Bereich sind wir heute sehr breit aufgestellt. Das zeigt sich auch daran, dass wir aktuell drei Produktlinien anbieten, die eher Mädchen ansprechen. Im Januar führen wir die nächste ein. 

„Lego DC Super Hero Girls“ heißt die Linie und thematisiert die Superheldinnen aus dem DC-Comics-Universum.
Action ist aktuell bei Mädchen sehr beliebt, vielleicht beliebter denn je. Für uns ist das eine große Chance und mit Warner Bros. und DC Entertainment haben wir tolle Lizenzpartner. Wir entwickeln uns in diesem Bereich sehr stark weiter.

"Lego ist kein Medienunternehmen"

Mit Warner Bros. arbeiten Sie auch für „The Lego Batman Movie“ zusammen, der im Februar 2017 in die Kinos kommt. Der erste Lego-Film hat 2014 Ihre Verkaufszahlen in ungeahnte Höhen katapultiert. Ist dieser Erfolg wiederholbar?
Unsere Erwartungen an den Film, aber auch an Batman selbst, sind groß. Batman ist der bekannteste Superheld in Deutschland und spricht Menschen aller Altersklassen an. Im Januar veröffentlichen wir zehn Produktsets zum Film, fünf weitere erscheinen im Laufe des Jahres. Das wird eine sehr spannende Phase für uns. Und wir sind zuversichtlich.

Kunst aus Plastikklötzchen
Jordan R. Schwartz hat 15 Monate in Billund für Lego als Designer gearbeitet. Zuvor hatte er lange Zeit seine Kunstwerke im Netz veröffentlicht. Seine eigenen Kreationen sowie die Sets, die von ihm für Lego in den Verkauf gingen, sind hier zu finden. Einige seiner privaten Kreationen. Quelle: Jordan R. Schwartz
Schwartz' Ziel ist es, Modelle zu entwerfen, die aus der Bauklotz-Ästhetk ausbrechen Quelle: Jordan R. Schwartz
2002 kam Lilo & Stitch in die Kinos. Auch der kleinen blauen Figur Stitch widmete der 23-Jährige ein Lego-Denkmal. Quelle: Jordan R. Schwartz
Rocket Raccoon, bekannt aus Marcel Comics und dem Film Guardians of the Galaxy Quelle: Jordan R. Schwartz
Schwartz' hat zudem ein Faible für alte Autos – bei Lego selbst konnte er seine Oldtimer-Modelle nicht unterbringen. Im Bild ist ein Buick Super. Quelle: Jordan R. Schwartz
Das Modell eines Oldtimers aus dem Jahr 1912 Quelle: Jordan R. Schwartz
Ein Ford Victoria Quelle: Jordan R. Schwartz

2017 erscheint zudem der Kinofilm zur „Ninjago“-Reihe, einer ihrer eigenen Lizenzen. Inwieweit ist Lego heute ein Medienunternehmen?
Wir sind kein Medienunternehmen, wir sind nach wie vor ein Spielzeughersteller. Als unsere Geschäfte 2003 schlecht liefen, haben wir gelernt, dass Verzettelung uns nicht besonders gut steht. Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wir können: Produkte rund um den Legostein entwickeln. Allerdings sehen wir den Mehrwert, den die Inszenierung unserer Steine auf der Kinoleinwand oder der Konsole bringt. Deswegen arbeiten wir zum Beispiel eng mit Warner Bros. zusammen.

Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Warner Bros. übernimmt die Entwicklung und die Vermarktung der Filme, wir haben die Markenführung inne und produzieren die Sets zu den Filmen.

Und wie weit geht Ihr Mitspracherecht?
Wir haben definitiv eines, und Lego-Designer arbeiten mit den Filmemachern zusammen. Aber dazu kann ich mich natürlich nicht im Detail äußern. Was ich sagen kann: Es gibt sehr enge Richtlinien, was unsere Partner mit der Marke Lego machen dürfen und was nicht. Das gilt bei Filmen wie auch allen anderen Lizenzprodukten.

Ende dieses Jahres läuft ein neuer Star-Wars-Film an. Hier liefern Sie seit 1999 die Produkte zum Film. Was glauben Sie, welcher Filmstart wird sich am stärksten in Ihren Umsatzzahlen bemerkbar machen?
Hier sprechen wir natürlich von zwei ganz unterschiedlichen Ansätzen. Beim Lego-Batman-Film handelt es sich um einen animierten Familienfilm im Lego Stop-Motion-Stil, hier sind wir Lizenzgeber. Bei den Star-Wars-Filmen sind wir Lizenznehmer von Disney beziehungsweise Lucasfilm und die Filme an sich richten sich an eine deutlich ältere Zielgruppe. Dennoch haben wir auch hier hohe Erwartungen. Die Star-Wars-Episoden zählen zu den beliebtesten Filmen aller Zeiten. Die Geschichten um Luke Skywalker, Darth Vader und Co. sind Klein und Groß bekannt. Dementsprechend begeistern die Sets von Lego-Star-Wars Kinder ebenso wie erwachsene Fans und verbinden Generationen – sie gehören zu den meistverkauften Sets. Wir freuen uns immer sehr wenn wir von unseren Fans hören, dass beim Spiel mit Lego Star Wars „ich bin Dein Vater“ wortwörtlich genommen wird.

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