Discounter-Giganten Lidl sagt Aldi den Kampf an

Dieter Schwarz, Herr über die Discount-Giganten Lidl und Kaufland, schickt sich an, mit seiner Schwarz-Gruppe zum größten deutschen Handelshaus aufzusteigen. Und wandelt sich vom Aldi-Imitator und Skandalkonzern zum Taktgeber der Branche.

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Gezeitenwende im Einzehandel - Die Schwarz-Gruppe mit ihren Vertriebslinien Lidl und Kaufland könnten nach einer Prognose den Metro-Konzern schon 2013 als größten deutschen Handelskonzern ablösen Quelle: AP

Das Schnäppchen-Spektakel startet pünktlich um sieben Uhr morgens an einer Ausfallstraße in Heilbronn. Zwischen BMW-Autohaus und McDonald’s lädt der Discounter Lidl zur Eröffnung seiner neuesten Filiale. „Feiern Sie mit“, steht auf dem Transparent vor dem Markt, und die komplette Nachbarschaft scheint dem Aufruf gefolgt zu sein. Der Parkplatz ist rappelvoll. Drinnen wird das hauseigene Brötchensortiment verkostet und Obst für fünf Euro pro Plastikeimer feilgeboten. Ein Ehepaar diskutiert derweil an der Kühltheke, ob der Lachs wohl auch frisch sei. Der Gatte beendet den Disput mit einem beherzten Griff zum Premiumkabeljau für 6,99 Euro und schleppt den Fang zur Kasse. Dort wird den Kunden mit dem Wechselgeld eine Karte überreicht: „Gewinnen Sie drei Minuten Frei-Shoppen“. Die Kundschaft ist entzückt, hinter der Kassenzone werden die Stifte knapp.

Das Lidl-Imperium in Zahlen

So geht es nahezu im Wochentakt: „Feiern Sie mit“, „Gewinnen Sie mit“, „Knallerpreise“, „Jetzt zugreifen“, appellieren die mit funkelnden Sternen garnierten Eröffnungsflyer an die Spar- und Spielinstinkte der Kundschaft, denn „Lidl lohnt sich“. Allein in dieser Woche lässt sich die Magie des Billigen in drei neuen Filialen in Bochum, Werne und Cadolzburg erkunden. Sechs runderneuerte Läden gehen parallel von Hamburg bis Oberbayern an den Start.

Von Lappland bis zu den Kanarischen Inseln

Routine im Reich von Discount-Dominator Dieter Schwarz. Seit er vor rund 40 Jahren den ersten Lidl-Markt in Ludwigshafen am Rhein eröffnete, kamen im Durchschnitt mehr als vier neue Läden pro Woche hinzu. Kein Unternehmen der Branche wächst stürmischer, kein Händler agiert aggressiver, kein Konzern verschwiegener als seine Schwarz-Gruppe – nicht nur in Deutschland. Gemeinsam mit dem Lidl-Schwesterunternehmen, dem Großflächen-Discounter Kaufland, spannte der Konzern vom beschaulichen Neckarsulm nahe Heilbronn aus ein Netz von knapp 11.000 Filialen mit mehr als 300.000 Mitarbeitern über den Kontinent.

Das Billig-Reich erstreckt sich von Lappland bis zu den Kanarischen Inseln und schickt sich nun an, den Metro-Konzern als größtes deutsches Handelshaus zu entthronen. Mehr noch: Auch Lidl allein ist auf dem Weg, die Handelslandschaft umzukrempeln. In den kommenden vier Jahren, so die Prognose von Branchenexperten, wird Lidl den Erzrivalen Aldi als weltweit größten Discounter ablösen.

Einer der reichsten Deutschen

Lidl versus Aldi

Damit rückt eine Handelsgruppe ins Blickfeld, die der Öffentlichkeit lange ähnlich zugetan war wie Vampire dem Licht. Ein Konzern, dem seit einem Überwachungsskandal vor fünf Jahren das Image des Mitarbeiter-Schinders anhaftet und dessen Gründer Schwarz zwar als Multimilliardär stets in den Listen der reichsten Deutschen auftaucht, über dessen Engagement als Stifter und Spender aber ebenso wenig bekannt ist, wie über seine privaten Investments.

So gehört ausgerechnet der glamourferne Lidl-Patron nach Recherchen der WirtschaftsWoche zu den größten deutschen Geldgebern für Hollywood-Filme. Ihm zuzurechnende Produktionsgesellschaften haben bei Streifen wie „Spy Game“ mit Robert Redford oder „Blood Diamond“ mit Leonardo DiCaprio mitgemischt.

Die Blockbuster des Lidl-Patriarchen

Im Tagesgeschäft von Lidl und Kaufland führt der 73-Jährige schon längst nicht mehr Regie. Fast alles in der Gruppe hängt an Schwarz‘ Statthalter und Vertrautem Klaus Gehrig, einem 1,90-Meter-Mann von robustem Auftritt, der für das rasante Wachstum der vergangenen Jahre verantwortlich ist und dessen Abneigung gegen Krawatten wohl nur von der zum Dauergegner Aldi, seinem Ex-Arbeitgeber, überboten wird. Seit 40 Jahren tobt der Wettkampf der Discount-Systeme, gibt Lidl auf der Billig-Bühne den ewigen Aldi-Jäger und Treiber. Ist Lidl inzwischen der bessere Aldi? Und hat die Dauerhatz den Händler dabei zu stark aufgebläht? Ist die Grenze sinnvoller Expansion nicht längst erreicht?

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