Discounter investieren massiv Das globale Wettrennen von Aldi und Lidl

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„Gruß von Klaus“

Noch scheint der Streit nicht im Unternehmen angekommen. Aldi Nord gibt sich locker wie nie zuvor. Jüngst verabschiedete sich das Haus vom Krawattenzwang. „Damit setzen wir unsere Modernisierungsstrategie konsequent fort“, heißt es dazu staatstragend aus Essen.

Auch jenseits des Dresscodes experimentiert das Management. Vor wenigen Wochen lud das Unternehmen mit Aldi Süd zu einer Pressekonferenz in die 13. Etage des Essener Ruhrturms. Vorn, neben der breiten Fensterfront des Besprechungsraums, flimmerten bunte Bilder von einem leicht beschürzten Göttervater Zeus über die Leinwand. Gegenüber einem Controller muss sich Zeus für die teuren Orgien im Olymp rechtfertigen. Der Controller schickt ihn daraufhin zum Einkauf zu Aldi. Der Werbespot ist Teil einer TV- und Kino-Kampagne, mit der Aldi vor allem jüngere Kunden ansprechen will. Schon zuvor hatten Aldi Nord wie auch Aldi Süd ihr Sortiment, das jahrelang fast ausschließlich aus Eigenmarken bestand, mit Herstellerlabels von Pampers-Windeln bis zu Wagner-Pizza aufgemöbelt. Die Folgen lassen sich im Zahlenwerk ablesen. Die Umsätze würden sich „hervorragend“ entwickeln, heißt es bei Aldi Nord. Im ersten Halbjahr 2016 sei der Bruttoumsatz in Deutschland um 3,1 Prozent ­gestiegen. Im zweiten Halbjahr habe sich die „Entwicklung noch einmal deutlich ­verstärkt“. Eine Sprecherin von Aldi Süd ­berichtet ebenfalls über „positive Umsatzentwicklungen“, will aber keine Zahlen ­nennen.

Demnächst könnte im Süden ein neues Serviceangebot für zusätzliche Kundschaft sorgen. Bis Ende des Jahres will das Unternehmen entscheiden, ob Kunden an den Kassen künftig Geld von ihren Konten abheben können. Aldi Süd prüfe aktuell die Möglichkeiten der Bargeldauszahlung an der Kasse“, bestätigt die Sprecherin.

Dauergegner Lidl hält mit eigenen Innovationen dagegen, setzt dabei aber, anders als Aldi, gezielt auf das Onlinegeschäft. Mit einem dreistelligen Millionenbetrag will Lidl etwa dafür sorgen, dass künftig nicht mehr nur Pyjamasets, Weinkartons und Konserven den hauseigenen Onlineshop zieren, sondern auch Bananen, Brot und andere Frischwaren.

Die Schwesterfirma Kaufland hat bereits im Herbst einen eigenen Lieferdienst für Lebensmittel in Berlin gestartet und will demnächst in Hamburg loslegen. Ob sich auch Lidl zu dem Schritt durchringt, ist indes fraglich. Zunächst sei der Versand über externe Logistiker geplant. Zudem könnten Kunden die zuvor im Onlineshop ausgewählten Waren in der Filiale abholen, heißt es in der Branche. Lidl-Chef Seidel schweigt hierzu. Nur so viel: „Das Produkt- und Dienstleistungsangebot erweitern wir sukzessive“, kündigt er an. Auch die Zahl der Digitalarbeiter bei Lidl steigt stetig. Das Unternehmen lockt das neue Personal über „tolle Mitarbeiterevents“ und ein „breites Sport- und Fitnessangebot“, wie es in aktuellen Stellenausschreibungen heißt.

von Henryk Hielscher, Niklas Dummer

Zudem hat Konzernchef Gehrig schon vor Jahren die Krawattenpflicht gekappt. Nach der Lektüre eines Interviews mit Otto-Chef Hans-Otto Schrader ging er noch einen Schritt weiter. Der Otto-Anführer hatte im Gespräch mit der WirtschaftsWoche im Frühjahr erklärt, dass alle Mitarbeiter ihn fortan duzen dürften, um ein Zeichen für den Kulturwandel im Unternehmen zu setzen. In einer internen Mail griff Gehrig die Idee auf: „Passt auch zu uns“, schrieb er an seine Mannschaft, bevor er sich mit „Gruß, Klaus“ verabschiedete.

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