Das Online-Geschäft verloren geben sollten die Einzelhändler allerdings nicht. Denn es bietet durchaus Möglichkeiten, Kunden in die Filialen zu locken. Firmen wie Görtz sollten zwar nicht erwarten, Zalando signifikante Marktanteile im Netz abzunehmen, Rossmann und dm sollten nicht versuchen, die Preise zu unterbieten, die Amazon für Shampoo verlangt.
Trotzdem können sie von den Online-Platzhirschen lernen. Warum etwa zieht es Amazon oder Zalando mit eigenen Filialen in die Innenstädte? Dort können Kunden einkaufen oder gekaufte Produkte zurückgeben ohne erst zur Post zu müssen. „Die Online-Händler sehen die Filialen als Service-Stellen, um so noch mehr Produkte über ihre Website zu verkaufen“, sagt Graf.
Einen ähnlichen Ansatz sollten die Einzelhändler im Netz verfolgen – der Webshop als Service-Leistung. Laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) recherchieren 41 Prozent der Konsumenten erst online, um Produkte dann offline zu kaufen; drei von vier suchen zudem online nach Geschäften in ihrer Stadt, wie aus dem „Local Listing Report 2015“ hervorgeht. Es lohnt sich also durchaus, online auf sich und vor allem seine Produkte aufmerksam zu machen.
„Die Einzelhändler müssen Online- und Offlinegeschäft miteinander verknüpfen“, sagt Skiera. Kunden sollten etwa die Möglichkeit haben, online zu bestellen und das Produkt noch am selben Tag in der Filiale abzuholen. Auf diese Weise können Händler den Wettbewerbsvorteil des dichten Filialnetzes gegenüber den Onlinehändlern ins Digitale übertragen.
Genau diesen Schritt ist Schuhhändler Görtz mit seinem neuen Online-Shop gegangen. Wollte der Kunde früher Waren online bestellen und in einer Filiale seiner Wahl abholen, mussten sie erst vom Versandlager in die Filiale geliefert werden. Der Versandhandel und das Filialgeschäft waren strikt getrennt. Mittlerweile können die Kunden online die Verfügbarkeit von Schuhen in der Filiale prüfen, sie online vorbestellen und wann es ihnen passt im Laden abholen – ein Vorteil gegenüber Zalando.
Auch dm-Chef Harsch hat verstanden – im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Roßmann. Er sagte schon im vergangenen Jahr, dass er dm.de „als Service-Angebot und nicht als Gewinnmaschine“ sehe.