dm, Real, Rewe und Kaufhof "Wollen Sie mit Payback zahlen?"

Deutschlands größter Bonuskartenanbieter macht mobil: In den kommenden Monaten sollen Payback-Nutzer ihre Einkäufe auch per Smartphone bezahlen können. Die deutschen Banken verpassen derweil den Trend.

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Ein Kunde zahlt mit seinem Smartphone Quelle: Fotolia

In Tausenden Supermärkten, Warenhäusern und Tankstellen gehört die Frage zum Pflichtprogramm an der Kasse: „Sammeln Sie Payback-Punkte?“ Demnächst müssen sich Verbraucher auf eine neue Variante der Frage einstellen: „Wollen Sie mit Payback zahlen?“

Deutschlands größter Rabattkartenanbieter will ab Sommer eine mobile Bezahlfunktion namens Payback Pay starten. Das bestätigten der WirtschaftsWoche mehrere Handelsmanager. Damit zieht das Unternehmen, das zum Kreditkartenanbieter American Express gehört, an Konzernen wie Apple und Google vorbei, deren Angebote für das Bezahlen per Smartphone in Deutschland bislang noch nicht verfügbar sind. Noch weiter abgeschlagen sind indes die deutschen Banken.

Payback plant demnach den Start einer kostenfreien App, die zum einen das Sammeln von Rabattpunkten via Smartphone erlaubt und zum anderen die Möglichkeit bietet, per Handy an der Ladenkasse zu bezahlen. Sukzessive soll das Angebot ab Juni an die Kassensysteme der zentralen Payback-Partner angedockt werden. Den Anfang macht dabei die SB-Warenhauskette Real, deren Kunden zunächst wohl per Handy Punkte sammeln können, bevor im zweiten Schritt die Bezahlfunktion freigeschaltet wird. Auch die Drogeriekette dm, der Tankstellenbetreiber Aral und die Supermärkte von Rewe sollen früh dabei sein, heißt es in der Branche. Die Warenhauskette Galeria Kaufhof geht nach Angaben einer Sprecherin „ab Herbst 2016 in die praktische Umsetzung“ von Payback Pay.

Welche Zahlungsmittel Europäer bevorzugen
Das Geschäft mit dem Versenden von Geld über Smartphone-Apps lockt jetzt auch etablierte Banken an. Die Deutsche Kreditbank (DKB) kooperiert dafür mit dem Startup Cringle. Pro Monat kann ein Nutzer bis zu 100 Euro über die Cringle-App verschicken, abgewickelt wird die Zahlung per Lastschrift von der DKB. Pro Transaktion werden 20 Cent fällig, zum Start wurde die Gebühr auf 10 Cent gekappt. Das neue Angebot trifft bereits auf Wettbewerb im Markt. So bietet der Online-Bezahldienst PayPal seit Juli das Versenden von Geld über seine Smartphone-App in Deutschland an. Für Kunden, die ihren PayPal-Account mit einem deutschen Bankkonto verknüpft haben, ist das Angebot kostenlos, bei Kreditkarten wird eine Gebühr fällig. In vielen europäischen Ländern tun sich moderne Bezahlsysteme jedoch noch so schwer... Quelle: dpa
ÖsterreichOhne Bargeld geht in Österreich gar nichts. 86 Prozent bezahlen an der Kasse in bar, 12 Prozent mit EC-Karte. Eine Kreditkarte kommt nur in einem Prozent der Fälle zum Einsatz. Auf sonstige Alternativen wie Schecks, PayPal, Lastschrifteinzug oder Ähnliches entfällt insgesamt nochmal ein Prozent.Quelle: Deutsche Bundesbank; Europäische Kommission; Deloitte (Stand: 2014) Quelle: dpa
PolenIn Polen werden 80 Prozent der Bezahlvorgänge an der Kasse bar beglichen. Eine EC-Karte nutzen –ähnlich wie in Österreich – 13 Prozent der Bevölkerung. Immerhin werden auch drei Prozent der Bezahlvorgänge durch Kreditkarten abgewickelt. Auf die alternativen Zahlungsmittel entfallen vier Prozent. Quelle: dpa
DeutschlandAuch die Deutschen haben ihr Geld beim bezahlen lieber in fester Form in der Hand – in 79 Prozent der Fälle wird bar bezahlt. Zwölf Prozent der Käufe werden mit der EC-Karte beglichen, weitere sechs Prozent per mit Lastschrifteinzug, Scheck und anderen alternativen Zahlungsmethoden. Quelle: dpa
ItalienZwar ist Bargeld mit 69 Prozent noch immer das beliebteste Zahlungsmittel in Italien, aber auf Platz zwei kommen auch schon alternative Zahlungsmittel mit 17 Prozent. So sind Schecks, Kundenkarten, PayPal und andere Alternativen zusammen genommen bei den Italienern beliebter als die EC-Karte mit neun Prozent und die Kreditkarte mit sechs Prozent. Quelle: dpa
Sagrada Familia Quelle: AP
London Tower Bridge Quelle: dpa

Das Unternehmen will sich vor Ende April nicht zu Details äußern. Angesichts der Dominanz von Payback rechnet ein beteiligter Manager aber damit, dass das Angebot „reichlich Schwung in den Markt“ bringen wird. 27,5 Millionen Deutsche zücken die Payback-Bonuskarte beim Einkauf, rund 650 Unternehmen kooperieren mit der American-Express-Tochter.

„Payback hat den Vorteil einer bereits vorhandenen sehr großen Kundenbasis“, sagt denn auch Horst Rüter vom Handels-Think-Tank EHI Retail Institute in Köln.  So sieht es auch der E-Commerce-Verband bevh. „Aus unserer Sicht steckt in der Einführung von Payback Pay tatsächlich ein großes Potenzial“, sagt eine Sprecherin. Der Dienst könne auf eine bereits vorhandene breite Infrastruktur und Nutzerschaft zurückgreifen und müsse daher nicht erst mühsam Kunden generieren. Zudem werde die Zahlung per Smartphone mit Bonuspunkten belohnt. „Das schafft einen Anreiz für Kunden, das mobile Zahlen auszuprobieren.“

Banken sind vorbereitet

Die deutsche Kreditwirtschaft gerät beim Zukunftsgeschäft mit dem mobilen Zahlen dagegen immer weiter in Rückstand – nicht nur wegen der Payback-Offensive. So haben die deutschen Banken zwar im vergangenen Jahr ein digitales Bezahlsystem namens Paydirekt gestartet. Doch das nutzen bislang allenfalls hartgesottene Bankenfans. Die hinter Paydirekt stehenden 1000 deutschen Banken haben erst 33 Internethändler und 200.000 Nutzer gewonnen.

Zudem haben die Banken damit lediglich eine weitere Bezahlmöglichkeit im Internet geschaffen, sind aber vom zweiten Schritt, dem mobilen Zahlen per Handy an der Ladenkasse, noch weit entfernt. „Mobiles Zahlen ist eines der Themen, das wir verfolgen“, sagt eine Sprecherin ohne konkrete Zeitpläne oder Ziele zu nennen.

Dabei wären einzelne Banken zum mobilen Zahlen durchaus in der Lage. Die Münchner HypoVereinsbank etwa hat ihre Technik für den Anschluss von Paydirekt bereits ausgelegt. „Wir könnten bei Bedarf schnell handeln und entsprechende Funktionen für unsere Kunden bereitstellen“, sagt ein Sprecher der Bank.

Beim Bezahlen im Internet hat die Bankenbranche zwar einen breiten Schulterschluss über alle Institutsgruppen vollzogen – im April werden dann auch die über 400 Sparkassen an Paydirekt angeschlossen. Doch beim mobilen Bezahlen fehlt eine gemeinsame Lösung, hier testen die Banken separat vor sich hin. Die HVB hat zunächst die Kreditkarten ihrer Privatkunden mit NFC-Chips ausgestattet. Auch bei den Sparkassen sind Bezahlkarten mit NFC-Funktion verbreitet, die kontaktlos – und damit bequem wie eine Handy-App – Daten mit den elektronischen Kassen von Supermärkten oder Kaufhäusern austauschen können. Beim Bezahlen per Handy haben die Volksbanken- und Raiffeisenbanken etwa in Dortmund, Kassel oder Hamburg Pilotprojekte mit ausgewählten Händlern gestartet, eine flächendeckende Anwendung bleibt aber aus.

Die beliebtesten Mobile-Banking-Apps in Deutschland

Mit solchen Alleingängen können die Banken sich nicht gegen Großanbieter behaupten. Zumal  neben Payback auch weitere Anbieter auf den Markt für das mobile Bezahlen drängen. So hat der US-Technologiekonzern Apple schon vor etwas mehr als einem Jahr ein mobiles Bezahlsystem in den USA gestartet. In diesem Jahr zogen bereits der Internetgigant Google und der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung nach. Und in China ist Alipay mit rund 450 Millionen Nutzern auf dem Vormarsch.

Alle Anbieter wollen expandieren und werden über kurz oder lang auch in Deutschland starten. So hat Alipay am Mittwoch den Start auf dem europäischen Markt angekündigt. „Besonderer Fokus liegt hierbei auf Deutschland, Großbritannien und Frankreich“, teilte das Unternehmen mit, bei dem die mobile Bezahlung nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte aller Transaktionen ausmacht, die Alipay täglich abwickelt.

Damit kommt in den kommenden Monaten reichlich Bewegung in den Markt für das mobile Bezahlen – ganz ohne die deutschen Banken.

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