Drogeriemark-Riese Dirk Roßmann - Milliardär mit Prinzipien

Seite 2/3

"Ich bin gar nicht so ambitioniert"

Roßmann ist Manager mit Augenmaß. "Andere wären vielleicht schon in 30 Ländern. Das möchte ich gar nicht. Wir sind Marktführer in Polen, wir haben mehr als 3000 Läden in ganz Europa. Da ist genug Power drin.“ Er sei "gar nicht so ambitioniert" sagt er. Das wirkt aus dem Munde des Selfmade-Milliardärs eigenartig, aber authentisch. Im Gegensatz zu Anton Schlecker hat Roßmann die Expansion niemals so stark forciert. Mit Polen, Tschechien, Ungarn, Albanien und der Türkei reicht es erstmal. Weitere Märkte sind nicht geplant. In China käme man sich mit Anteilseigner A.S. Watson die Quere. Die Chinesen halten 40 Prozent an Rossmann und haben eigene Drogeriemärke.

Russland? "Ich würde nie in ein Land gehen, in dem es keine Rechtssicherheit gibt. Auf solche Risiken habe ich keine Lust", sagt er bestimmt, das sei ganz unabhängig von der aktuellen Lage. Mit den Märkten in der Türkei haben die Brüder Roßmann, die das operative Geschäft bereits fest im Griff haben, derzeit genug zu tun. Die 25 Filialen täten sich noch schwer, sagt Vater Roßmann, und der starke Wertverfall der türkischen Lira hat zu einem Verlust im Türkeigeschäft von fünf Millionen Euro geführt.

Diesen Händlern vertrauen die Kunden
Die Unternehmensberatung OC&C Strategy Consultants hat für ihren „Proposition Index 2013“ jüngste Trends und Entwicklungen in der Handelsbranche analysiert. Dafür wurden 30.000 Konsumenten aus neun Ländern zu 660 führenden Handelsunternehmen (darunter über 80 aus Deutschland) befragt. Die Meinung der Kunden zu Preisen, Qualität, Auswahl, Einkaufserlebnis, Service und Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens wird in einer Index-Skala mit einem Maximalwert von 100 zusammengefasst. Quelle: dpa
Eines der Ergebnisse der Studie ist, dass die Kunden mehr Vertrauen in den traditionellen Handel haben: Fanden sich 2012 noch fünf reine Onlineformate unter den Top 20, sind es 2013 mit Amazon und Ebay nur noch zwei. "Die reinen Onlineanbieter verlieren im Vergleich zu den stationären Händlern vor allem in den Kategorien Auswahl, Preisstellung und Vertrauen", sagt Christian Ziegfeld, der für die Studie verantwortliche Partner bei OC&C. "In der Konsequenz wenden sich einige Kunden wieder häufiger dem traditionellen Handel zu. Dennoch haben Onlinekonzepte weiterhin gute Wachstumsaussichten." Quelle: dpa
Dem stationären Handel - also dem physischen Geschäft in der Innenstadt - kommt zugute, dass die Kunden wieder mehr Wert legen auf die Vorauswahl und die Orientierung, die der klassische Handel bietet. Auch die Preisvorteile des Onlinehandels sind nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Durch das verhältnismäßig starke Wachstum drängen einige Onlineformate zudem in den Massenmarkt. Für Onlinehändler wird es somit immer schwerer, das Produktangebot und das Leistungsversprechen optimal auf den Kunden auszurichten. Quelle: dpa
Der allgemeine Trend setzt sich im Textileinzelhandel fort: Viele stationäre Anbieter überzeugen mit ihrer Sortimentsauswahl, dem Service und der Qualität. Reinen Onlinern fällt es dagegen schwer, mit dem immer breiteren Angebot ein klares Sortimentskonzept zu entwickeln und die steigenden Anforderungen der Konsumenten zu erfüllen. So verliert beispielsweise Zalando gegen den Versandhändler Bonprix, der dank einer konsequenten Value-Strategie den ersten Platz der Textil-Rangliste belegt. Auf den weiteren Plätzen folgen Esprit und Ernsting‘s Family. Zalando (Platz 9) kämpft hingegen mit der wachsenden Breite des Sortiments und bietet zu wenig Orientierung in der Sortimentsauswahl. Quelle: dpa
In der Kategorie Unterhaltungselektronik gab der noch im Jahr 2012 so starke Online-Händler notebooksbilliger.de die Branchenführung ab und bricht um 6,7 Indexpunkte ein, während sich Media Markt und Saturn in der Kundenzufriedenheit leicht verbessern. Die Schwäche von notebooksbilliger.de liegt in der Entwicklung zum Mainstream-Anbieter begründet. Die Onlineformate gewinnen zwar immer mehr neue, aber dafür weniger treue Kunden hinzu. In der Folge sind die Kunden zwar nach wie vor zufrieden, beurteilen die Anbieter aber nicht mehr mit Höchstnoten. Bei Media Markt vollzieht sich der gegenteilige Effekt: Die leicht steigende Kundenzufriedenheit geht auf eine geringere Kundenzahl zurück. So haben nur noch 15 Prozent aller Kunden Media Markt bewertet, 5 Prozent weniger als in 2012. Quelle: dapd
Im Lebensmitteleinzelhandel bleibt Globus in der Kundenzufriedenheit die Nummer eins, dicht gefolgt von Kaufland und Aldi. Edeka verbessert sich um 1,8 Punkte und zieht fast mit Aldi gleich. Bei Netto und Penny zeigt die sorgfältige Arbeit an Format, Sortiment und Kommunikation Effekt: Beide verbessern sich in der Kundenwahrnehmung (um 2,2 bzw. 1,9 Indexpunkte). Aldi profitiert von der Ausweitung des Angebotes an Markenartikeln (+5,0 Indexpunkte) und den Investitionen in die Filialen, die sich beim Einkaufserlebnis bemerkbar machen (+5,6 Indexpunkte). Den stärksten Rückgang der Branche verspürt Metro mit -3,0 Indexpunkten. Der Händler muss vor allem Abschläge bei Sortiment und Kundenvertrauen hinnehmen. Quelle: AP
Unabhängig von der Branche hat es die Parfümerie Douglas unter die beliebtesten Händler der Kunden geschafft. Mit 81,1 Indexpunkten landet die Kette auf Platz drei. Douglas baut seine Stärke vor allem auf klassische Faktoren wie Service, Produktqualität und Einkaufserlebnis. Quelle: dpa

Die Allzweck-Waffe der Familie

Roßmann erzählt das alles gänzlich unaufgeregt. Hat er sich gedanklich schon aus dem Unternehmensleitung zurückgezogen? Heute wurde bekannt, dass Sohn Raoul 2015 Einkaufschef werden soll. "Meine Söhne sind froh, dass der Papa ihnen den Rücken fürs operative Geschäft frei hält. Ich bin so etwas wie die Allzweckwaffe für meine Familie." Da, wo er gebraucht werde, werde er das gerne noch einige Jahre machen. Er sei nicht der "Firmen-Patriarch", der allein entscheide. Vielmehr habe man eine respektvolle Streitkultur in der Familie. In einem der wenigen Interviews, dass Vater und Söhne Roßmann gemeinsam gaben, sagte Dirk Rossmann: "Ich mache hier nicht auf heile Welt, glauben Sie mir. Wir streiten manchmal ganz schön heftig und kritisieren uns, und da wird es auch mal laut." Er sei ja manchmal etwas emotional, gesteht der Firmengründer. " Wir bellen uns an, tun das aber in herzlicher Verbundenheit."

Wie emotional er werden kann, zeigt Roßmann bei seinen Fernsehauftritten. 2012 trat er bei Maybrit Illner auf. Das Thema "Die Causa Wulff". Roßmann verteidigte das Verhalten des damaligen Bundespräsidenten und machte aus seiner Wut über die Medien keinen Hehl: "Wenn man einen Menschen niedermacht für etwas, dass er überhaupt nicht gemacht hat, ist das eine Sauerei!" Roßmann vermutete damals eine "Kampagne" einiger Medien, die lieber Joachim Gauck als Bundespräsidenten gesehen hätten: "Da war eine Intention da, dem Wulff was ans Zeug zu flicken!". An der Kreditaffäre sei nichts dran. "Das Ausland, die "Neue Zürcher Zeitung", die lachen doch schon über uns", ärgerte er sich lautstark und schob hinterher. "Ich taktiere hier nicht, sondern sage einfach, was ich denke, meine Mitarbeiter kennen das.“ Seine Emotionalität mache ihn berechenbar, sagt er, "Es ist nichts Verstecktes dahinter".

Roßmann verbirgt sich nicht hinter getönten Scheiben von Luxusautos, scheint sich auf sein Milliardenvermögen nichts einzubilden. In erster Linie ist er Mensch und Unternehmer, nicht Milliardär.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%