Drogeriemarktkette Die Schlacht um Schlecker

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Massenweise Kundenflucht

Familie Schlecker Quelle: dapd

Der Exodus hat Folgen. Zwar sind die Geldströme im Konzern so transparent wie Rasierschaum. Marktexperten, die sich an eine Umsatzschätzung wagen, gehen aber davon aus, dass 2011 nur 3,8 bis 4,0 Milliarden Euro in die Kassen der deutschen Läden flossen. 2005 sollen es noch 5,5 Milliarden Euro gewesen sein.

Zumindest der Umsatzeinbruch der vergangenen beiden Jahre resultiert vor allem aus Schließungen unrentabler Filialen.

100-fach erhielten Vermieter auch in den vergangenen Monaten Kündigungen ihrer Verträge. So wie Marlies Warmhoff (Name geändert): Mehr als 15 Jahre lang hatte die Rentnerin das Ladenlokal im Erdgeschoss ihres Mehrfamilienhauses in einem 3000-Einwohner-Dorf an Schlecker vermietet. Nach einigen Telefonaten einigen sich Warmhoff und eine Schlecker-Mitarbeiterin Mitte Dezember mündlich auf eine vorgezogene Auflösung des Mietvertrags zum 31. Dezember und auf die Zahlung einer Ablösesumme am Jahresende. Doch am 30. Dezember hatte sich die Lage offenbar dramatisch verschlechtert. Warmhoff wurde mitgeteilt, dass die Ablösesumme erst Ende Mai bezahlt werden könne. Die Vermieterin bestand nun auf den monatlichen Mietzahlungen – und bekam eine überraschende Antwort: Im Januar und Februar würden ohnehin keine Mieten gezahlt, weil kein Geld da sei.

Betriebsbedingte Kündigungen kein Tabu

Demnächst könnte etlichen weiteren Vermietern ähnlicher Ärger drohen. Noch immer betreibt Schlecker zu viele Standorte, die Verluste schreiben. Mittelfristig hätten in Deutschland allenfalls 2000 der knapp 7500 Schlecker- und Ihr-Platz-Märkte eine Chance, sagt Handelsexperte Funder. Im Insolvenzverfahren fällt die Trennung leichter, Mietverträge können mit einer Drei-Monats-Frist gekündigt werden. Auch Entlassungen von Mitarbeitern sind leichter durchsetzbar. Entsprechend hart dürften die Schnitte von Insolvenzverwalter Geiwitz ausfallen. Entlassungen stehen wohl aber nicht nur in den Filialen an. Weniger Läden bedeuten zugleich, dass die Logistik und Lagerhaltung nicht ausgelastet ist. Auch hier könnte Geiwitz ansetzen.

Funktionäre der Gewerkschaft Verdi loten intern bereits aus, welche Zugeständnisse möglich sind. Absehbar scheinen längere Arbeitszeiten sowie ein Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld. Auch betriebsbedingte Kündigungen seien kein Tabu, heißt es in Gewerkschaftskreisen.

Dies kann indes nur der Anfang eines grundlegenden Umbaus sein. Als „Schneiden und Wachsen“ hatten die Schlecker-Geschwister schon 2011 ein Runderneuerungsprogramm umschrieben, bei dem die Filialen aufgemöbelt werden sollten. Tatsächlich wirken die neu gestalteten Läden geräumiger und heller. Bunte Piktogramme lotsen die Kundschaft durch das Sortiment. Zudem bekamen die Filialen ein Softwareanalysetool, das alle relevanten Verkaufsdaten analysiert. Werden an einem Standort etwa viele Windeln verkauft, wird das Kleinkindsortiment aufgestockt. Ist ein Altenheim in der Nähe, landen mehr Gebissreiniger in den Regalen.

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