In England punkten die deutschen Discounter mit dem Konzept, dass sie schon in Deutschland groß gemacht hat: Spartanische Produktpräsentation, wenig Service, kein Schnickschnack und dafür Waren zum Kampfpreis. Lebensmittel für den täglichen Bedarf gibt es für deutlich unter einem Pfund.
Die Waren sind damit meist deutlich billiger als bei Konkurrenten wie Asda und Sainsbury, obwohl die bereits seit mehr als einem halben Jahr mit Preissenkungen reagieren. Auch Tesco kündigte am Donnerstag weitere Preissenkungen für Hunderte Markenprodukte an und testet beim Convenience-Ableger One Stop ein eigenes Discount-Format.
Dass die britische Bevölkerung die Niedrigpreise zu schätzen weiß, ist kein Wunder. Seit geraumer Zeit kämpft sie mit sinkenden Reallöhnen. Das verfügbare Einkommen ist deutlich niedriger als noch 2008.
Aldi und Lidl locken nicht nur Sparfüchse
Doch es ist nicht der Niedrigpreis allein. Einst waren Lidl und Aldi tatsächlich nur für die Sparfüchse. Heute sind sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen, genau wie in Deutschland. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Verdict Research aus dem Sommer vergangenen Jahres zeigt, dass fast 20 Prozent der Kunden, die regelmäßig bei Aldi einkaufen, zur Mittelschicht oder gar gehobenen Mittelschicht gehören.
Gelungen ist das, weil die Discounter auch andere Stärken von ihrem Heimatmarkt übertragen. Ihre Läden sind einfacher strukturiert, das Warenangebot ist deutlich übersichtlicher. Laut Marktforschern verbringen die Kunden sehr viel weniger Zeit bei Aldi und Lidl als bei Asda, Sainsbury und Tesco. Trotzdem können sie ihren täglichen Bedarf decken.
Chronologie: Der Aufstieg von Aldi
Der Bäcker Karl Albrecht startet am 10. April 1913 den Verkauf von Backwaren im heutigen Essener Stadtteil Schonnebeck.
Quelle: dpa
Karl Albrecht und seine Frau Anna eröffnen im Essener Stadtteil Schonnebeck ein „Kaufhaus für Lebensmittel“.
Nachdem Eltern das Geschäft um weitere Filialen erweitert haben, übernehmen die Söhne Karl und Theo Albrecht 1945 den Betrieb.
Die Brüder entwickeln das Geschäftsmodell weiter. Das Stammgeschäft in Essen-Schonnebeck wird zum Selbstbedienungsladen. Die Kette wächst zudem weiter. 1960 hat das Unternehmen mehr als 300 Filialen.
Das Unternehmen hat mehr als 300 Filialen.
Die Brüder teilen das Filialnetz auf. Karl konzentriert sich auf den südlichen Teil (Aldi Süd) und Theo auf den nördlichen, Aldi Nord. Sie arbeiten aber weiter eng zusammen.
Die erste Aldi-Filiale im Discount-Prinzip wird eröffnet.
1967 folgt der erste Schritt ins Ausland. Aldi Süd übernimmt das österreichische Handelsunternehmen Hofer. 1976 startet Aldi Süd in den USA. Wenige Jahre später steigt auch Aldi Nord mit der Übernahme von Trader Joe's in den US-Markt ein.
Einführung der Aktionstage. Aldi Süd führt Kühltheken für den Verkauf von Frischprodukten ein.
Aldi Süd nimmt u.a. Tiefkühlprodukte ins Sortiment auf.
Aldi Süd beginnt mit der Aufstellung von Backstationen.
Aldi-Mitbegründer Theo Albrecht (Aldi Nord) stirbt im Alter von 88 Jahren.
Aldi Nord führt ein neues Laden-Konzept mit Backstationen ein. Beginn der europaweiten Modernisierung des Filialnetzes.
Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht stirbt mit 94 Jahren.
Mit ihrem Discount-Prinzip haben die Gebrüder Albrecht den Lebensmittehandel revolutioniert und ihre Unternehmen einen enormen Erfolg beschert. Das Forschungsinstitut EHI schätzt den Nettoumsatz von Aldi Süd im Jahr 2013 auf 13, 8 Milliarden Euro, den von Aldi Nord auf 10 Milliarden. Aldi Süd verfügt allein in Deutschland über rund 1830 Filialen, Aldi Nord über mehr als 2400. Weltweit kommen Aldi Nord und Aldi Süd zusammen auf insgesamt über 10.000 Filialen und rund 66,8 Milliarden Euro Jahresumsatz.
Wie in Deutschland haben die Discounter zudem ihr Portfolio in letzter Zeit vorsichtig erweitert. So bieten sie mittlerweile auch einige Markenprodukte führender Hersteller. Aldi lockt mit eigenen Edelmarken und dem Versprechen "Special Selected", Lidl mit einer Deluxe-Edition und dem Verkauf von Kaviar und Hummer.
Discounter wollen wachsen
In der Fläche wollen die Discounter zudem bald sehr viel präsenter sein und den Platzhirschen so weitere Anteile abjagen. Bis 2022 will etwa Aldi die Anzahl seiner Filialen in Großbritannien auf 1000 verdoppeln.
Besserer Preis, bessere Struktur, Wachstumspotential: Während sich Tesco-Manager im Hinterzimmer den Kopf über Abwehrmaßnahmen gegen die deutschen Angreifer zerbrechen, liefern sie sich in der Öffentlichkeit bloße Scharmützel mit den Discountern.
Zuletzt ließ Tesco gerichtlich eine Aldi-Werbekampagne verbieten. Der deutsche Discounter lockte darin Kunden mit dem Versprechen, dass sie bei ihrem wöchentlichen Einkauf Geld sparen, wenn sie zu Aldi wechseln. Die Spots der Kampagne suggerieren, Probanden hätten das ausprobiert und bestätigt. Tesco beschwerte sich. Die Angaben der Kampagne namens "Swap & Save" ("Tausche und Spare") seien veraltet und irreführend - und bekam recht.
Unangenehmer Wermustropfen des Urteils: Die zuständige Behörde für Werbestandards ASA teilte mit, die Kampagne sei nur im Detail irreführend. Grundsätzlich sei die Aussage, dass Kunden bei Aldi sparen können stimmig.