Wem die Original-Druckerpatronen zu teuer sind, kann immer noch auf günstigere Nachahmerprodukte von Drittherstellern zurückgreifen. „Damit lassen sich zwischen 50 und 90 Prozent der Kosten sparen“, weiß Profi-Tester Lorenz. Manchmal müsse man in der Qualität kleine Abstriche machen, viele Produkte kämen aber sehr nahe an die Qualität der Originalpatrone heran. Wer sich für den Dritthersteller entscheidet, muss auch wissen, dass solche Patronen meist nicht die Komfortfunktionen der Herstellerkartuschen besitzen.
Dazu zählt etwa ein Chip, der automatisch den Füllstand der Patrone anzeigt. Den Vorwurf, dass Hersteller die Patrone als „leer“ anzeigen lassen, obwohl sich darin noch Tinte befindet, kann der Drucker-Experte teilweise entkräften. Die Reserve soll dafür sorgen, dass die empfindlichen Düsen nicht austrocken. „Eine Debatte darüber zu führen, wie viel Tinte als Reserve in der Patrone bleiben muss, ist müßig.“ Lorenz beobachtet auch, dass die Preise pro gedrucktem Blatt Papier bei den Tintendruckern rückläufig sind. Sein Tipp: „Wer für die Druckerpatronen nicht unnötig viel Geld ausgeben möchte, sollte bereits beim Kauf des Druckers darauf achten, was für ein Gerät er wählt.“
Beispiel 2: Kaffeekapseln
40 Cent für eine Tasse Kaffee aus dem heimischen Vollautomaten? Das geht auch günstiger. Aldi bietet seit Mitte Oktober „Expressi-Kapseln“ – 16 Stück für 2,99 Euro. Der Preis pro Tasse liegt damit nur noch bei knapp 19 Cent. Nespresso-Preise scheinen dagegen der reinste Wucher zu sein. Erstaunlicherweise haben es auf dem Millionen-Markt der Kaffeekapsel-Systeme Nachahmer-Produkte deutlich schwerer als bei den Tintenpatronen, beobachten Preismanagement-Spezialisten wie Bastian Morasch.
Die beliebtesten Kaffee-Kapsel-Systeme
Tassimo ist das Kaffeevollautomaten-System des Lebensmittelkonzern Mondelez (ehemals Kraft Foods). Hersteller der Maschinen war bis 2008 Braun, dann wechselte Mondelez zur Marke Bosch. Zahlen zum Umsatz gibt es nicht, Schätzungen gehen von weit über 100 Millionen Euro allein für Deutschland aus. 2012 hatte Tassimo in Deutschland 1,69 Millionen Kunden (2010: 1,34 Millionen) und ist damit Deutschlands beliebtestes Kapsel-System.
Zwischen 2010 und 2012 hat sich die Zahl der Nescafé Dolce Gusto-Kunden auf 1,61 Millionen verdoppelt. Die Maschine wird von der Firma Krupp gefertigt. In Westeuropa ist Dolce Gusto einer der großen Wachstumsmotoren von Nestlé, Nescafés Mutterkonzern.
Rund 1,33 Millionen Deutsche nutzten 2012 das Cafissimo-System von Tchibo - gut 300.000 mehr als noch 2010. Die Geräte sind ab 49 Euro erhältlich. Im ganzen Bundesgebiet unterhält das Unternehmen 750 Filialen, 500 davon mit integrierter Kaffeebar. Im vergangenen Jahr erzielte Tchibo einen EBIT (Gewinn vor Steuern und Zinsen) von 221 Millionen Euro.
Bekannt aus der Werbung mit George Clooney ist Nespresso, Nestlés zweites Kapsel-System. In Deutschland hat die Marke 1,33 Millionen Kunden (2010: 1,34 Millionen). Bereits 1986 erfolgte die Markteinführung von Nespresso, der große Erfolg kam aber erst im neuen Jahrtausend. Bis 2011 wurden die Kapseln ausschließlich in den weltweit 220 Nespresso-Boutiquen verkauft, seit dem sind sie auch in verschiedenen Supermärkten erhältlich. Nespresso hat 2012 rund 3,6 Milliarden Euro umgesetzt
Mit 350.000 Kunden hat Melittas Kapsel-System Caffeo Barista bisher den kleinsten Kundenstamm in Deutschland (2010: 280.000). Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen einen Umsatz von 1,35 Millionen Euro, acht Prozent davon mit Kaffeeautomaten.
Quellen: Unternehmensangaben, Statista
Warum wir bei den so genannten Lifestyle-Produkten gerne tiefer ins Portemonnaie greifen erklärt Martin Fassnacht so: „Kein Mensch fragt Sie, ‚welchen Staubsaugerbeutel benutzt Du‘, aber sehr wohl ‚welchen Kaffee trinkst Du?‘, ‚was für eine Maschine benutzt Du‘. Kaffeevollautomaten sind unglaublich emotionale Produkte. “ Frei nach dem Motto „Du bist, was Du isst (und trinkst)“, akzeptieren die Deutschen bei allem, was ihren Genuss steigert und ihr Renommee gegenüber anderen verbessert – gleiches gilt auch für Smartphones und Autos – sehr viel höhere Preise für eine Markenprodukt, auch wenn die Ware an sich den hohen Preis im Grund an sich nicht rechtfertigt. Für einen Hersteller wie Nespresso gibt es deshalb auch wenig Anreize, den Preis seiner Kapseln zu senken, selbst dann wenn eine Schwemme von Nachahmerprodukten auf den Markt kommt.
Bastian Morasch von YouGov: „Die wirklich preissensiblen Kunden werden wegen der paar Cent nicht vom billigen Nachahmer zum Markenprodukt wechseln und die markenaffine Zielgruppe war ohnehin bereit, einen Aufpreis zu bezahlen.“ In Summe gewinnt der Hersteller dadurch also nichts. Im Gegenteil. Preissenkungen sind für einen Markenhersteller immer mit einem Risiko verbunden. "Senkt man den Preis zu weit, bekommt man ein Imageproblem. Böte Nespresso seine Kaffeekapseln plötzlich deutlich günstiger an, gäbe er damit ja zu: 'Eigentlich sind wir nicht mehr wert.' Damit schießt er sich selbst ins Knie". Das Markenprodukt dürfe deshalb nie zu günstig werden. Sonst beginnen die Verbraucher, an seiner Qualität zu zweifeln. Tim Brzoka von der Strategieberatung Simon-Kucher& Partners hat sich auf das Preismanagement von Konsumgüter- und Handelsunternehmen spezialisiert. Er sieht weitere Gefahren. Durch die Preissenkung der Originalware würde meist der Nachahmer dazu verleitet, weiter den Preis zu senken. „Von dieser negativen Preisspirale profitieren zwar die Kunden, aber der Gewinn-Pool in der Industrie wird vernichtet.“