Herr Waldschik, Öko-Test hat 88 Elektronikgeräte in Hinblick auf „geplante Obsoleszenz“ untersucht. Was ist Ihnen aufgefallen?
Wir haben die Anbieter gezielt nach ihrem Sortiment befragt und wollten wissen, in welche Geräte sie Akkus fest verbauen und in welchen Akkus austauschbar sind. Aufgefallen ist, dass offensichtlich in immer mehr Produkten fest verbaute Akkus stecken und die Anbieter mit für Verbraucher wichtigen Informationen nicht herausrücken.
Welche Anbieter stachen heraus?
Besonders auffällig ist diese Art der Bauweise bei den aktuellen Produkten der meisten Smartphone-Anbieter, darunter Apple, die nach eigenen Angaben ausschließlich auf fest verbaute Akkus setzen. Ausnahmen waren unter anderem das LG G5 oder das Fairphone 2. Bei Tablets gibt es laut Angaben der von uns befragten Anbieter derzeit keine Modelle mit Wechselakkus auf dem Markt. Fest verbaute Akkus sind allerdings nicht nur bei Mobilgeräten ein Ärgernis für Verbraucher. Auch elektrische Zahnbürsten, Rasierer oder andere Elektrokleingeräte werden so konstruiert.
Und wo liegt das Problem?
Auch wenn die Industrie stets beteuert, geplante Obsoleszenz, also der bewusste Einbau von Sollbruchstellen, sei keine Strategie, so dürfte uns allen klar sein: Akkus haben eine begrenzte Haltbarkeit. Kann man die Verschleißteile nicht selbst tauschen oder reparieren, können an sich noch funktionsfähige Geräte nicht mehr genutzt werden. Sie landen auf dem Müll oder werden ungenutzt gehortet – und letztlich durch neue Geräte ersetzt. Dass die Lebensdauer seiner Geräte hauptsächlich durch den Akku bestimmt wird, hat zum Beispiel der Mobilgeräteanbieter Axdia zugegeben.
So hat Öko-Test getestet
Öko-Test hat elf Anbieter von Smartphones und Tablets sowie zehn Produzenten von Elektrokleingeräten wie Zahnbürsten und Leuchten angeschrieben, um Angaben zur geplanten Gebrauchsdauer der Produkte zu erhalten.
Negativ wirken sich fest verbaute Akkus und Leuchtmitteln aus, da diese nicht einfach und problemlos von Kunden repariert werden können. Zudem sind Anbieter, die transparent und offen auf die Fragen geantwortet haben, nicht mit Abzügen belegt worden.
Hier sehen Sie eine bewusst eingebaute Sollbruchstelle, sprich Murks?
Wir sind der Meinung, dass fest verbaute Akkus, also fest verbaute Verschleißteile, als geplanter Murks ein geeignetes Mittel sind, um Geräte immer kürzer nutzbar zu machen.
Sie haben die Hersteller direkt befragt. Wie äußerten die sich?
Viele geben an, dass die Bauweise mit fest integrierten Akkus nötig sei, um die Geräte schlanker zu designen, sie wasserdicht zu machen oder vor anderen äußeren Einflüssen zu schützen. Produktentwickler und Forscher auf dem Gebiet haben im Gespräch mit Ökotest deutlich gemacht, dass solche Konstruktionen auch mit wechselbaren Akkus möglich sind. Wir kritisieren allerdings nicht nur die Bauweise der Produkte.
Nutzungsdauer von Elektrogeräten
Das Umweltbundesamt untersucht in Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut und der Universität Bonn, wie lange Elektro- und Elektronikgeräte genutzt werden. Außerdem wird erhoben, wann die Geräte das erste Mal Defekte aufweisen und warum sie ausgetauscht werden. Erste Zwischenergebnisse wurden am 1. März 2015 vorgestellt, die Studie soll bis Ende 2015 abgeschlossen sein.
Schneller, größer, mehr Funktionen: Besonders bei TV-Geräten ist die Bereitschaft der Verbraucher hoch, nach kurzer Zeit ein neues anzuschaffen - auch, wenn es der alte noch tut. Im Jahr 2012 wurden mehr als 60 Prozent der noch funktionstüchtigen Flachbildfernseher durch ein besseres Gerät ersetzt. Nur ein Viertel der Neukäufe wurde getätigt, weil das alte Gerät kaputt war. Durchschnittlich waren die ausgetauschten Fernseher 2012 gerade einmal 5,6 Jahre alt. Zum Vergleich: Der gute alte Röhrenfernseher brachte es im Schnitt auf zehn bis zwölf Jahre Nutzungsdauer.
Hierzu zählen etwa Waschmaschine, Trockner oder Kühlschrank. Die durchschnittliche "Erst-Nutzungsdauer" hat sich im Untersuchungszeitraum 2004 bis 2012 um ein Jahr verkürzt: Im Schnitt sind die Produkte ab Kauf 13 Jahre im Einsatz. Ein Drittel der Geräte war zum Zeitpunkt des Ersatzkaufs noch funktionstüchtig. Die Verbraucher trieb vor allem der Wunsch nach einem besseren Gerät an. Zugleich hat sich aber auch der Anteil der Geräte, die wegen eines Defekts schon innerhalb von fünf Jahren ersetzt werden mussten, mehr als verdoppelt: Von 3,5 auf 8,3 Prozent.
Die tragbaren Computer stellen eine Ausnahme dar. Ihre "Erst-Nutzungsdauer" blieb über die Jahre nahezu konstant. Im Schnitt ist ein Laptop fünf bis sechs Jahre im Einsatz. Die Gründe für den Neukauf haben sich aber trotzdem gewandelt: Während im Jahr 2004 noch 70 Prozent der funktionsfähigen Notebooks wegen einer technischen Neuerung ausgetauscht wurden, war der Wunsch nach einem besseren Gerät 2012/13 nur noch bei einem Viertel ausschlaggebend. Technische Defekte hingegen waren für ein Viertel der Neukäufe verantwortlich.
Sondern?
Auch die fehlende Transparenz der Produktinformationen, die Verbraucher bekommen sollten. Einige Anbieter haben sich zum Beispiel bei der Frage nach der geplanten Gebrauchsdauer auf die individuelle Nutzung ihrer Kunden zurückgezogen und mitgeteilt, genau aus diesem Grund keine Angaben machen zu können. Andere Anbieter wiederum gaben an, Verbraucher könnten sich bei der Gebrauchsdauer an der Garantie- oder Gewährleistungszeit orientieren. Wiederum andere teilten mit, die Gebrauchsdauer werde gar nicht geplant. Ist diesen Firmen gleichgültig, wie lange ihr Produkt hält? Nach der Zielsetzung, langlebige Produkte auf den Markt zu bringen, klingt das unserer Meinung nach nicht.