Ende des Veggie-Booms Die Rückkehr der Fleischesser und Flexitarier

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Viele Produkte fallen im Test durch

Immerhin 5,6 Millionen Euro hat Marktführer Rügenwalder investiert – auch das war ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Seit Anfang 2015 haben die Ostfriesen nun insgesamt rund 60 Millionen Euro in die Werbung für vegetarische Produkte gesteckt. Das ist deutlich mehr als die rund 50 Millionen Euro, die Rügenwalder in 2016 erlöst hat. „Da es sich bei den vegetarischen Produkten um eine sehr junge Kategorie handelt, ist dieses Wachstum durchaus natürlichen Schwankungen unterworfen“, sagt Geschäftsführer Godo Röben. Das sei ganz normal und kein Grund zur Beunruhigung.

Den liefern jedoch zwei unabhängige Untersuchungen. Im vergangenen Jahr prüfte „Öko-Test“ zwei Dutzend Fleischersatzprodukte auf Schadstoffe, Fett, Salz und Geschmack. Nur eins bekam die Note „gut“, bei knapp der Hälfte lautete das Urteil „mangelhaft“ oder „ungenügend“. Tester kritisierten die „überraschend hohe Belastung“ mit Mineralölbestandteilen bei einigen Produkten, aber auch Überwürzung und die Verwendung glutamathaltiger Zusätze, die für fleischähnlichen Geschmack sorgen sollten.

Das sind die besten Bio-Fleischersatzprodukte

Kaum besser fiel ein Test von 20 Fleischersatzprodukten durch die Stiftung Warentest aus. Zwar schnitten hier sechs Produkte mit „gut“ ab. Doch warnten auch hier die Tester vor „hohen Mengen an Mineralölbestandteilen“. Zusätzlich monierten sie, dass „einige Veggie-Varianten trocken schmecken und schwer zu kauen oder sehr salzig waren“.

"Was dem Verbraucher nicht schmeckt, isst er nicht"

Clemens Tönnies überrascht das Urteil nicht. „Der Verbraucher isst dauerhaft nichts, was ihm nicht schmeckt“, sagt der Chef des größten deutschen Schweineschlachters. Auch der Fleischriese aus Westfalen hatte im Boomjahr 2015 mit fleischloser Ware geliebäugelt, es dann aber bei einer vegetarischen Variante der Tiefkühlmarke Tillman’s Toasty (Slogan: „Don’t call it Schnitzel“) belassen. Mittlerweile ist auch die wieder verschwunden. Tönnies stellte kürzlich klar, dass der Markt wieder rückläufig sei und sich Investitionen nicht lohnten.

Diese Fleischersatzprodukte fallen durch

Stattdessen wolle er wieder Lust auf Fleisch machen. Einflussreiche Politiker weiß er dabei auf seiner Seite. Der CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, ein ausgemachter Fleischfreund, hat die Pseudowurst als Bedrohung für die Lebensmittelindustrie ausgemacht. Es sei irreführend und verunsichere die Verbraucher, vegetarische Lebensmittel mit Namen von Fleischprodukten zu bezeichnen, findet er. Begriffe wie „vegane Frikadelle“ oder „vegetarisches Schnitzel“ will er am liebsten verbieten.

Vegetarier, Veganer, Pescetarier und Co.

Dabei dürfte der Markt die Sache von allein regeln. Ewald Reinert jedenfalls, Inhaber des gleichnamigen Wurstherstellers im ostwestfälischen Versmold, hat sein Veggie-Engagement wieder zurückgedreht. Im Herbst 2015 war der Vater der Bärchenwurst noch öffentlichkeitswirksam mit 25 Prozent beim Düsseldorfer Veggie-Start-up Like Meat eingestiegen, verbunden mit der Option auf eine Erhöhung . Doch schon Ende 2016 war wieder Schluss, in aller Stille. Reinert verkaufte seinen Anteil, der Fokus seiner Aktivitäten liege eben doch bei Fleischprodukten. Nur drei vegetarische Bärchenwurst-Produkte behält er im Sortiment.

Die sollen vor allem sogenannte Flexitarier kaufen. Das sind Konsumenten, die ihren Konsum zwar insgesamt reduzieren möchten, aber gleichzeitig finden, dass es ganz ohne Fleisch dann doch nicht geht.

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