Woran arbeiten Sie derzeit?
Wir arbeiten unter anderem daran, wie man mit viel weniger Wasser duschen kann. Wie kann man mehr bekommen mit weniger Verbrauch?
Eines der üblichen Klischees des Erfinders zeigt ihn als eigenbrötlerischen Tüftler, der im Verborgenen Dinge ausheckt. Das ist es also gar nicht?
Nein, die Zufriedenheit mit der Arbeit kommt auch daraus, dass wir alles im Team erarbeiten. Wie lässt sich durch Kreativität vieler Menschen ein technisch anderer Weg finden, das ist spannend. Der Prozess ist meine Leidenschaft und mein Leben.
Erkennen Sie bereits beim Anmelden eines Patents, dass es unter Umständen grundlegend Dinge verändert, so wie es die Swatch getan hat?
Gar nicht, das beurteile ich auch nicht. Ich erkläre Ihnen warum. Eines Tages hatte ich einen Supermechanismus im Uhrenbereich erfunden. Und ich bin dann sehr schnell zur Patentabteilung gegangen und habe gesagt, „Schaut mal, das könnte man so lösen, das ist genial, oder?“ Ich habe mir für ein paar Tage auf die Schultern geklopft. Und dann kamen die Experten aus dem Patentwesen und sagten: „Ja, das ist eine gute Idee, aber das wurde im Jahr 1880 bereits angewendet.“ Ich habe ein Jahrhundert Verspätung gehabt. Aber die Freude war in dem Moment dennoch die gleiche. Es ist wie Ski fahren im unberührten Tiefschnee, diese Freude, das Gefühl zu haben, der erste zu sein, der dort hinunter fährt.
Ihre Trauer hielt sich also in Grenzen?
Ja. Der Wert einer Erfindung erschließt sich erst hinterher. Sie können auch nicht beschließen, ein Heiliger zu werden. Das erfolgt post mortem. Aber sie können versuchen, das Bestmögliche zu machen. Es geht also nicht um Ehre oder um Geld, sondern um die Freude, etwas zu entdecken. Deswegen trägt die Firma, die ich gegründet habe auch diesen etwas komischen Namen „Creaholic“. Innovation ist eine positive Sucht.
Ist das der entscheidende Unterschied zu einem Ingenieurbüro? Ihr Unternehmen sucht schließlich technische Lösungen.
Ein Ingenieur versucht, ein Ziel zu erreichen. Ein Erfinder versucht nicht, ein Ziel zu erreichen, das man ihm vorgegeben hat. Er sucht einen anderen Weg. Der gute Ingenieur und der gute Projektleiter hält sein Wort. Der gute Erfinder und der gute Innovator bricht sein Wort.
Ihre Auftraggeber möchten doch aber auch Ergebnisse sehen, oder nicht?
Die Frage ist immer die nach dem Warum. Oft kommen Menschen mit einem Ziel auf uns zu. Aber die Frage ist die nach dem Warum. Über diesen Weg können sie zu anderen Wegen, Zielen, gar Lösungen kommen. Die Welt möchte, dass wir wie ein GPS funktionieren. Sie möchte wissen, wo sind die Fortschritte, wie lange dauert das Projekt, was werden die Kosten sein. Innovation ist mehr ein Irrgarten. Sie wissen, wo sie sich ungefähr hinbewegen werden. Entlang der Wege entdecken sie neue Wände. Und das Ziel des Labyrinths ist es, rauszugehen also in eine Richtung, die Sinn ergibt. Und sie wissen am Anfang nicht, wo das hingeht. Sie können das nicht planen. Wenn Sie ein Pflichtenheft und eine Marktanalyse haben – sprechen wir dann wirklich von Innovation?
Und darauf lassen sich Unternehmen in dieser Zeit ein?
Unsere Projekte beginnen oft mit einer konkreten Fragestellung. Und das ist auch sehr gut. Das Vertrauen wächst mit der Zeit. Das Kennenlernen gehört dazu. 90 Prozent des Umsatzes von Creaholic ist mit Unternehmen, die seit mehr als 10 Jahren mit verschiedenen Projekten unsere Kunden sind. Sie kommen nicht zurück, weil sie Masochisten sind, sondern weil sie einen Weg suchen, die die traditionelle Mannschaft anders gelöst hätte. Ich bin ein normaler Mensch, aber Zeit meines Lebens war ich auf der Suche nach den richtigen Fragen, nach dem warum und wie es wäre, wenn. Das ist nicht allein auf die Technik bezogen, das ist ganzheitlich zu sehen. Die Sicht des Kunden und des Benutzers ist wichtiger als die des Produzenten.