Erich Harsch Warum der dm-Chef nichts vom Online-Handel hält

Der Chef von Deutschlands größter Drogeriekette dm, Erich Harsch, hält sich beim Online-Handel zurück, plant eine Bio-Eigenmarke und steht zu Tragetaschen aus Indien.

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DM-Chef Erich Harsch Quelle: dpa Picture-Alliance

WirtschaftsWoche: Herr Harsch, erst mal vielen Dank, dass Sie es uns Journalisten endlich etwas einfacher machen.

Harsch: Was meinen Sie?

Jahrelang war dm ein erfolgreiches, aber auch recht langweiliges Unternehmen: Regelmäßig neue Rekordzahlen, kaum Kritikpunkte. Jetzt gibt’s endlich mal Stoff für Schlagzeilen: Sie haben gerade ihrem langjährigen Partner Alnatura den Krieg erklärt und stehen am Pranger, weil Sie die Produktion von Tragetaschen nach Asien verlagern.

Rekordzahlen gibt’s trotzdem noch. Aber im Ernst: Die Schlagzeilen sind übertrieben.

Zur Person

30 Jahre lang war Alnatura die einzige Biomarke bei dm, jetzt setzen Sie auf weitere Ökomarken – das klingt nicht gerade nach Harmonie.

Richtig ist, dass wir uns im Biosegment neu aufstellen werden. Der Bereich ist für unser Profil inzwischen sehr wichtig, deshalb müssen wir das Angebot so gestalten, dass es ein interessantes und breites Spektrum für unsere Kunden abdeckt. Dabei ist eine Monomarken-Strategie, die in der Pionier- und Aufbauphase richtig war, nicht mehr das passende Instrument. Wenn man sieht, wie sich die Biowelt verändert hat, sind wir sogar ziemlich spät dran. Aber wenn etwas erfolgreich läuft, besteht die Gefahr, dass man nicht gut genug hinschaut, um früh Veränderungsbedarf zu erkennen.

Das ist bei Alnatura der Fall?

Alnatura und dm arbeiten seit Jahren eng zusammen. Die Kooperation ist für alle Beteiligten erfolgreich, und das soll auch so bleiben. Aber es gibt inzwischen so viele interessante Biomarken auf dem deutschen Markt. Hinzu kommt: Abgesehen von Biolebensmitteln gibt es keinen wichtigen Sortimentsbereich bei dm, in dem wir nicht mit einer Eigenmarke vertreten sind. Da ist eine Veränderung überfällig, daher planen wir auch eine Bioeigenmarke. Wir müssen uns anders aufstellen als in der Vergangenheit.

Die größten Drogerieketten in Deutschland

Das dürfte Alnatura-Gründer Götz Rehn anders sehen. Ist er deshalb aus dem dm-Aufsichtsrat ausgeschieden?

Zum Aufsichtsrat kann ich nichts sagen, da bin ich der falsche Ansprechpartner.

Dass Alnatura mit der Entscheidung nicht glücklich ist, liegt auch so auf der Hand.

Natürlich ist es schwierig, wenn einer der Partner sagt, wir müssen uns neu aufstellen. Das tangiert Alnatura als bisher einzigen Bioanbieter bei dm, aber wir wollen den Gesprächen mit Alnatura nicht vorgreifen.

Die wertvollsten europäischen Einzelhändler
Bereits zum vierten Mal veröffentlicht Interbrand die Studie Best Retail Brands, die sich dem Einzelhandelssektor widmet. Der Report listet die wertvollsten europäischen Retail-Marken auf. Es folgen die zehn ersten Plätze des Rankings.Platz 10: Sephora Das französische Unternehmen Sephora schafft es mit einem Marktwert von 2,1 Milliarden US-Dollar auf den zehnten Platz im Ranking. Der 1970 gegründete Kosmetikkonzern verkauft über 100 verschiedene Marken. Seit 1998 erobert er auch den amerikanischen Markt. Quelle: imago images
Platz 9: AldiDer einzige deutsche Einzelhändler in den Top Ten ist Aldi. Die Einzelhandelskette konnte ihren Markenwert nach den hohen Markenwertverlusten der letzten Jahre wieder leicht steigern und rangiert mit 2,9 Milliarden US-Dollar auf Platz neun. Quelle: dpa
Platz 8: BootsMit einem Marktwert von 3,3 Milliarden US-Dollar schafft es Boots auf den achten Platz. Der Konzern ist einer der bedeutendsten Pharmagroßhändler Europas. In Großbritannien ist er der größte Konzern, der Pharmazieprodukte verkauft. Quelle: dapd
Platz 7: AuchanAuchan belegt den siebten Platz mit einem Marktwert von 3,6 Milliarden US-Dollar. Die Warenhauskette aus Frankreich ist noch in 13 weiteren Ländern vertreten. Auchan ist in Frankreich mit seinem Drive-Through-Format sehr erfolgreich. Und um noch näher am Kunden sein zu können, haben in den letzten Jahren Anbieter wie Rewe oder die Hypermarktanbieter Carrefour, Auchan und Casino zudem kleinere Stores meist in zentraler Lage eröffnet – meist in zentraler Lage. Der Trend geht zu „Markenshops“, die das Unternehmen selbst zelebrieren. Auch gemischte Konzepte wie etwa ein Laden inklusive eines Cafés entstehen vermehrt. Quelle: rtr
Platz 6: Marks & SpencerDie Supermarktkette Marks & Spencer rangiert auf dem sechsten Platz mit einem Marktwert von 5,6 Milliarden US-Dollar. In ganz Großbritannien betreibt das Einzelhandelsunternehmen mehr als 375 Einkaufsläden. Quelle: dapd
Platz 5: TescoRund neun Milliarden US-Dollar ist Tesco wert. Die britische Supermarktkette ist mittlerweile weltweit vertreten und beschäftigt insgesamt mehr als 530.000 Mitarbeiter. Außerhalb des Landes sind Tesco-Märkte unter anderem in Polen, Irland, Tschechien, USA und der Türkei zu finden. Quelle: dpa
Platz 4: CarrefourDer Marktwert von Carrefour beträgt 10,2 Milliarden Euro, was dem Einzelhändler den vierten Platz im Ranking beschert. Das französische Unternehmen ist Europas größtes Einzelhandelsunternehmen und nach Wal-Mart das zweitgrößte der Welt. In zahlreichen Ländern betreibt der Konzern insgesamt knapp 15.000 Filialen. Quelle: REUTERS

Wie ist dm ins Weihnachtsgeschäft gestartet?

Die Märkte sind gut besucht. Der Dezember ist traditionell unser stärkster Monat, wenngleich die Unterschiede nicht so groß sind wie bei anderen Händlern. Die Menschen benötigen auch in der Adventszeit nicht mehr Drogerieartikel als sonst.

Was erwarten Sie für 2015? Hält die Konsumbegeisterung der Deutschen an?

Viele Menschen, denen es wirtschaftlich gut geht, fragen sich, wohin mit dem Geld. Auf der Bank gibt es keine Zinsen, insofern bleibt die Bereitschaft hoch, sich mal etwas zu leisten und Geld auszugeben. Das wird im kommenden Jahr hoffentlich so weitergehen, es sei denn, die Weltlage spitzt sich dramatisch zu. Die konjunkturbedingten Ausschläge sind bei dm aber immer sehr moderat. Deshalb machen wir uns über die gesamtwirtschaftliche Lage im Vorfeld auch keine sorgenvollen Gedanken, sondern gehen angemessen mit der Situation um, wie sie sich uns stellt.

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