Erotikhandel Warum Beate Uhse blank dasteht

Beate Uhse steckt in finanziellen Nöten. Die Anleihegläubiger geben dem angeschlagenen Erotikhändler nun mehr Zeit. Doch Besserung ist nicht in Sicht – andere Händler sind bei Sex-Spielzeug im Vorteil.

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Beate-Uhse-Laden: Der neue Auftritt soll Frauen ansprechen. Quelle: dpa

Hamburg Ein Einkaufsgutschein als Präsent schien nötig, um die Anleihen-Gläubiger der Beate Uhse AG gestern zu einer dringlichen Versammlung nach Hamburg zu locken. Auf der Tagesordnung stand ein Aufschub für die fällige Zinszahlung einer Anleihe über 30 Millionen Euro, verzinst mit 7,5 Prozent. Die Gläubiger stimmten zwar zu, verunsichert von der Aussicht, das Unternehmen sonst womöglich in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben. Doch Deutschlands berühmtester Erotik-Händler musste sich erneut eine deutliche Blöße geben.

Vom Glanz des Unternehmens, nach dem Krieg in Flensburg von der Unternehmerin Beate Uhse gegründet, ist sowieso nur wenig übrig. Die Aktie ist seit Jahren ein Penny-Stock, das Internet hat das Geschäftsmodell radikal untergraben, der Großaktionär mit Geschäft in den Niederlanden und Belgien übt großen Einfluss aus.

Vor allem aber läuft der Strategiewandel nicht wie gewünscht. Beate Uhse richtet das Geschäft inzwischen eher auf Frauen aus: Pornographie gibt es kostenlos im Internet, der Verkauf von Medien bringt kaum noch etwas ein. Solche Inhalte verwertet die AG in einem kleinen Restgeschäft über Pay-TV-Anbieter. Alternativ sollen es Dessous und Sexspielzeug richten. Doch hier stört die Tradition eher: Nicht alle Geschäfte der Marke lagen dafür in den richtigen Standorten. Das verursachte hohe Kosten für Schließungen – auch das neue Logo mit Herzchen hilft da nicht weiter.

Zugleich drängen neue Anbieter über eCommerce in das Geschäft. Sex-Spielzeug-Versender wie Amorelie, Eis und Fräulein Spitz bieten Marken, die speziell für die Zielgruppe Frauen gegründet worden sind – und keinen Image-Wandel nötig haben. Sie erschweren Beate Uhse den Wandel zum Internet-Versender. Dazu kommen klassische Dessous-Marken wie Victoria's Secret oder die niederländische Kette Hunkemöller, die für mehr Klasse stehen und teils deutlich mehr Ladengeschäfte haben.

21 Uhse-Läden haben zuletzt geschlossen, auch der klassische Katalog fiel weg. Dennoch läuft der Wandel zum E-Commerce zu langsam, wie der Vorstand in seinem Quartalsbericht einräumt. Dabei ist der Onlinehandel der einzige Bereich im Konzern, der überhaupt schwarze Zahlen schreibt: Bei 29 Millionen Euro Umsatz im ersten Quartal fiel ein Vorsteuerverlust von einer Million Euro an. Im Gesamtjahr 2015 standen bei 128 Millionen Euro Umsatz unter dem Strich 18 Millionen Miese. Die Eigenkapitalquote sank von 28,2 auf 11,4 Prozent.

Besserung ist nicht in Sicht: „Vor dem Hintergrund, dass die Umsätze und Ergebnisse im zweiten Quartal 2016 deutlich unterhalb der Planung liegen, ist ein zeitnahes Handeln notwendig“, schrieb das Unternehmen im Quartalsbericht. Derzeit ist Beate Uhse in neun europäischen Ländern aktiv. Der Konzern nennt die Zahl von 200 Läden, teils selbstbetrieben, teils von Partnern geführt.

Eng verflochten ist das Unternehmen mit dem Großaktionär Conscipio Holding, der knapp 30 Prozent hält. Der dahinterstehende Erotik-Unternehmer Gerard Cok vermietet dem Unternehmen etwa eine Logistikimmobilie in der niederländischen Polder-Stadt Almere. Sein Sohn Ewald ist kürzlich aus dem Vorstand wieder ausgeschieden. Firmenchef ist seit 2013 der Niederländer Kees Vlasblom. Der Finanzfachmann arbeitete zuvor bei einem Digitaldruck-Konzern.

Firmengründerin Beate Uhse musste den Niedergang des Konzerns nicht mehr miterleben. Sie starb 2001 – vor dem endgültigen Siegeszug der Online-Pornographie.

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