Espresso, Kaffee und Co. Wie Starbucks versucht, Italien zu erobern

Kunst am Kaffee-Schaum Quelle: Laif

Die US-Kette Starbucks verkauft der ganzen Welt teuren Kaffee in Pappbechern. Nur im Kaffeetrinkerland Italien ist der Konzern nicht präsent. Dieses Jahr will er angreifen.

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Wir schreiben das Jahr 2018 nach Christus. Das globale Geschäft mit Kaffee zum Mitnehmen ist fest in der Hand eines Herrschers namens Howard Schultz, der aus dem fernen Amerika sein Starbucks-Imperium in alle Ecken der Welt ausgedehnt hat. In alle Ecken? Nein! Ein von ebenso sonderbaren wie lebenslustigen Menschen bevölkertes Land hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Truppen des Starbucks-Imperiums, die dieses letzte Fleckchen Erde namens Italien dem Reich ihres Anführers einverleiben sollen. Mit ihrem magischen Zaubertrank, den sie hier Espresso nennen, haben die Einheimischen, angeführt von ihren Häuptlingen Alberto Lavazza aus Turin, Massimo Zanetti aus Treviso und Andrea Illy aus Triest, bisher jeden der drei angekündigten Angriffsversuche zurückgeschlagen.

Doch nun ist Unmut ausgebrochen bei Herrscher Howard. Nicht länger möchte er, der mit 25.000 Filialen die größte Kaffeekette der Welt schuf, sich den Widerstand gefallen lassen. Und so hat der Herrscher eine Einheit seiner besten Leute vorgeschickt, weit hinter den Linien des Gegners eine Bastion zu errichten. Dort werkeln sie nun in einem der prächtigsten Paläste Mailands und planen ihre Offensivstrategie. Man weiß wenig über sie, weil sie Kontakt mit der Außenwelt meiden. Nur so viel: Ihre Offensive ist mit fast unendlichen finanziellen Mitteln ausgestattet und wird dieses Jahr beginnen.

Die Verteidiger freilich geben sich gelassen. Ihr Zaubertrank hat immer geholfen. Doch im Innern dieses einmaligen Netzes aus 800 Röstereien und 130.000 Kaffeebars brodelt es wie im Espressokessel. Was, wenn die Verteidigungslinie gegen Herrscher Howard, der wie einst Cäsar auf die Gallier auf sie schaut, nicht hält? Und was, wenn das Volk der Espresso- und Mokkatrinker die Vorzüge der globalen Kaffeekultur erkennt? Genug Stoff also für die vierte Episode der Serie „Starbucks erobert Italien“, deren erste drei Folgen bislang immer nach dem Motiv Asterix gegen das Imperium Romanum abliefen: mit dem Sieg der Kleinen gegen das scheinbar übermächtige Heer.

Was bisher geschah

Hohe Stuckdecken, Kellner in schwarz-weißem Gewand und klassische Musik schaffen im Caffè degli Specchi im Palazzo Stratti der Hafenmetropole Triest eine gediegene Atmosphäre. Es ist einer der historischsten Hochtempel italienischer Kaffeekultur. An unzähligen Tischen sitzen unzählige Menschen. Doch fast so viele Gäste, wie es hier gibt, hat es auch Kaffeespezialitäten: 72 unterschiedliche stellt die Karte zur Auswahl. Vom Espresso über den hier besonders beliebten kleinen Cappuccino bis hin zu immer differenzierteren Mischungsverhältnissen von Kaffee, Milch, Eis und Spirituosen.

Fast alle diese Spezialitäten basieren auf einem kleinen Kaffee, der mit Espresso nur unzureichend beschrieben ist. Schließlich haben sie hier in Italien dafür ungleich mehr Bezeichnungen und Arten, als man anderswo auf der Welt so denkt. In Triest pressen sie ihn am liebsten mittel-geröstet mit heißem Dampf durch eine Maschine, in Neapel brühen sie ihn schwarz-geröstet in einer Art Kolben. In Turin nimmt man auch mal die Handpresse. Und das zeigt schon: Die Beziehung des Italieners zum Kaffee ist komplex.

Starbucks bis Tchibo: Welche Kette kann was?

„Die Italiener glauben gerne“, sagt Andrea Illy, der Präsident des drittgrößten italienischen Kaffeerösters Illy, „dass sie den Kaffee erfunden haben.“ Das stimmt zwar nicht, aber der Glaube daran macht die Italiener ganz besonders hartnäckig im Verteidigen ihrer Vormachtstellung.

Im Jahr 1615 hatte der Kaffee den ersten Auftritt in Italien. Venezianische Reisende brachten ihn aus dem Orient mit und verbreiteten ihn rasend. Mitte des 17. Jahrhunderts gab es in Venedig bereits mehr als 300 Kaffeehäuser. Den Durchbruch zum Nationalgetränk verschaffte den Bohnen allerdings Andrea Illys Großvater. Im Jahr 1935 patentierte Franceso Illy die Illetta die erste Espressomaschine mit automatischer Wasserdosierung und heißer Druckluft. Das ermöglichte nicht nur den Espresso, sondern schuf in Italien auch eine Besonderheit: Weil die Maschine kompliziert und teuer war, wurde sie ein Fall für Spezialisten, die Barista.

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