Umweltschützer und selbst das Umweltbundesamt begrüßen die neue, naturfreundliche Generation der Lebensmittelhändler. Handelsexperten bezweifeln hingegen, dass vom Hype viel bleibt. Einkaufen mit Dosen und Einmachgläsern sei kein Ding für die Masse, glaubt Susanne Eichholz-Klein vom Institut für Handelsforschung in Köln. Zwar decken die Supermärkte ohne Verpackung das Bedürfnis nach Nachhaltigkeit ab, dass viele Kunden zumindest theoretisch fordern. Im Alltag entscheidend sind laut der Expertin andere Einkaufsmotiven: „Neben dem Preis-Leistungsverhältnis und dem Sortiment spielen insbesondere auch kundenorientierte Öffnungszeiten und die Nähe zur Einkaufsstätte eine wichtige Rolle.“
Im Klartext: Der durchschnittliche Kunde ist in Wahrheit eher mäßig an der Umwelt interessiert und in der Hauptsache ein bequemer Typ. „Supermärkte, die unverpackte Lebensmittel anbieten, erfordern jedoch die Bereitschaft der Konsumenten, mehr Zeit für die Auswahl und Verpackung der Lebensmittel einzuplanen“, sagt Klein.
Schwerer Weg
Dass es die Supermärkte ohne Verpackung schwer haben werden, liegt nicht allein an der Bequemlichkeit der Kunden. Eigentlich hat kein Glied der Lieferkette so rechtes Interesse daran, auf Verpackungen zu verzichten.
Da sind zum einen die Lieferanten. „Es ist es ziemlich schwierig überhaupt jemanden zu finden, der mit wenig oder ohne Verpackung liefert“, sagt Ladenbesitzerin Delaperrière. Bislang behilft sich die findige Gründerin. Ihre Eier bekommt sie zum Beispiel vom Bauern aus der Nachbarschaft. Der nimmt die Verpackung zurück und benutzt sie neu. Bei den Großlieferanten ist die Sache schwieriger.
Um Müll zu vermeiden, kauft Delaperrière größtmögliche Gebinde und versucht, einzeln verpackte Ware zu meiden. Leicht sei das nicht. Die Großhändler haben gute Gründe, die Ware nur verpackt zu verschicken. Die Verpackung schützt vor Schäden und Schmutz, erleichtert den Transport und die Lagerung.
Darüber hinaus ist sie einfach Standard. Anders als etwa in Frankreich bietet kein normaler Supermarkt in Deutschland im großen Stil unverpackte Ware an. Für den Handel sind Verpackungen reichlich praktisch. Nicht nur, dass die Läden so leichter sauber zu halten sind. Über die Angebotsvielfalt, die auf den ersten Blick durch die Vielzahl der bunten Verpackungen sichtbar wir, geben sich die Märkte ihr eigenes Gesicht.
Was den Deutschen beim Einkauf wirklich wichtig ist
Fragestellung: “Welche der folgenden Aspekte sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Leistungen des Lebensmitteleinzelhandels?”
Quelle: Institut für Handelsforschung // repräsentative Umfrage unter 1.542 Deutschen
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Am allerwenigsten wollen wohl die Lebensmittelhersteller selbst, dass die Verpackung verschwindet. Sie ist ihr schließlich ihr Aushängeschild. Ihre Chance, sich zu inszenieren. Im Supermarktregal kämpfen die Produkte mit Hunderten anderen um die Aufmerksamkeit der Käufer. Nur wer sich besonders verführerisch präsentiert, wird gekauft. „Die Bedeutung der Verpackung für das Marketing ist extrem hoch“, sagt Eugen Herzau, Professor an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Je nach Produkt und Branche hängen laut Studien bis zu 70 Prozent der Kaufentscheidung von der Verpackung ab. Weil die Hersteller um den Werbeeffekt der Verpackung wissen, denken sie nicht im Traum daran auf Verpackungen zu verzichten.