Etikette Warum wir Blumen verschenken

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Sag es durch die Blume

Lange Zeit blieb das Bouquet als Präsent allerdings dem Adel vorbehalten. Erst Ende des 19. Jahrhunderts war der Gartenbau nicht mehr ihr Privileg. Deshalb begannen private Unternehmer, Blumen anzubauen und sie an andere Gesellschaftsschichten zu verkaufen. Um 1900 beherrschten die Betriebe rund um die Stadt Erfurt den Weltmarkt für Blumensamen. Der österreichische Reiseschriftsteller Karl Emil Franzos beobachtete dort ein „Meer von berauschend duftenden, in allen Farben leuchtenden Blüten: Rosen und Feilchen, Reseden, Levkojen und Tulpen, Balsamienen“. Schon ab 1854 versandte eine Gärtnerei frische Schnittblumen, die Branche war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: 1912 lebten mehr als 5000 Erfurter Bürger vom Gartenbau.

Doch Blumen wurden nicht nur beliebt, weil sie schön aussehen und gut riechen. Schenkende freuten sich, mit einem Strauß gewisse Botschaften zu vermitteln – daher stammt der Ausdruck, etwas „durch die Blume“ zu sagen. Begründerin der Sprache der Blumen war im frühen 18. Jahrhundert Lady Mary Wortley Montagu, Gattin des damaligen britischen Botschafters am osmanischen Hof. In ihren „Briefen aus dem Orient“ beschrieb sie die Bedeutung, die einzelne Blumen im Morgenland erhalten hatten, und setzte damit eine Mode in Gang, die im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte.

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Wa(h)re Schönheit

1818 verfasste die französische Schriftstellerin Louise Cortambert unter dem Pseudonym Charlotte de la Tour ein Lexikon der Blumensymbolik mit dem Titel „Les emblèmes des fleurs“, das für damalige Verhältnisse ein Bestseller war und sogar in den USA übersetzt wurde. Für die vielen Blumen aus der Neuen Welt wurden die Bedeutungen allerdings recht freihändig erfunden, da es keine anderen Überlieferungen gab. Dass nicht alle Beschenkten die Botschaften verstanden, wurde einkalkuliert: Damals legte man kleine Zettel mit Erklärungen bei.

Blumen sind außerdem beliebt, weil man damit nicht viel falsch machen kann. Sie sind gut verfügbar, erschwinglich und erfordern wenig Originalität. Florist Boutemy sieht die Massenproduktion allerdings skeptisch. „Blumen haben ihren Wert verloren, weil wir sie übermäßig konsumieren.“ Er schaudert, wenn er an niederländische Märkte denkt und die Wagenladungen voller Ware im identischen Gelbton.

Boutemy plädiert dafür, Blumen als etwas Besonderes anzusehen: „Sie sind Luxus, kein Grundbedürfnis.“ Ein mittelgroßes Bouquet kostet bei ihm 80 Euro. Wem das zu teuer ist, der sollte nicht völlig auf Grün in der Vase verzichten. „Drei Blumen können schöner sein als ein ganzes Bouquet“, sagt Boutemy. „Wichtig ist es, die wahre Schönheit jeder einzelnen Blume zu sehen.“ Was empfiehlt er zum Valentinstag? „Eine Zusammenstellung aus Anemonen, Tulpen und Narzissen. Das geht in allen Farben.“

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