Eurowings Bereit zum Abheben

Die Billigtochter der Lufthansa hat die letzte Hürde für die geplante Expansion aus dem Weg geräumt. Die Pilotengewerkschaft hat einen Tarifvertrag geschlossen, der die Begrenzung bei der Zahl der Flugzeuge aufhebt.

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Eurowings: Lufthansa-Tochter ist bereit zum Abheben

Frankfurt Weihnachten ist die Zeit der frohen Botschaften. Lufthansa-Chef Carsten Spohr und sein für Eurowings verantwortlicher Vorstandskollege Thorsten Dierks haben nun so eine – einen neuen Tarifvertrag mit den Piloten für den Lufthansa-Ableger. Investoren dürfen sich freuen, weil damit endgültig der Weg für die Expansion der Billig-Airline frei ist. Und die vor einer unsicheren Zukunft stehenden Air Berlin-Piloten können nun auf eine Anstellung bei der deutschen Eurowings nach deutschem Arbeitsrecht hoffen, müssen sich nicht bei der Eurowings Europe in Wien bewerben.

„Damit sind wir jetzt in allen Flugbetrieben der Eurowings kurzfristig wachstumsfähig“, zeigte sich Jörg Beißel, Geschäftsführer von  Eurowings, sichtlich zufrieden über den Abschluss: „Wir werden ab sofort Stellen für Kapitäne, Copiloten, Purser und Flugbegleiter ausschreiben.“ Das  neue Tarifabkommen – es handelt sich um mehrere Tarifverträge zu verschiedenen Themen – hat eine Laufzeit bis Sommer 2021.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit ist als letzte Arbeitnehmervertretung auf Kompromisslinie mit dem Eurowings-Management eingeschert. Zuvor hatten schon die Gewerkschaften Verdi und UFO (Kabinenpersonal) Tarifverträge geschlossen, die das Wachstum der Lufthansa-Tochter stützen. Dagegen hatte der VC-Vorstand Anfang November eine schon getroffene Vereinbarung kurzfristig wieder gekippt – aus übergeordneten Gründen, wie es hieß. 

Ein Hintergrund dieser überraschenden Entscheidung war wohl der Plan, grundsätzliche Mindeststandards für den Betrieb von Mittelstreckenflugzeugen wie der A320- oder 737-Familie festzulegen. Ein schnell abgeschlossener Tarifvertrag hätte das Vorhaben möglicherweise konterkariert. Die Sorge in den Arbeitnehmervertretungen um eine wachsende Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse in den Flugzeugkanzeln bei Billig-Anbietern wächst. Aktuell streiten die Gewerkschaften etwa mit Ryanair über die Einrichtung von Tarifverträgen. Hier trifft die Tarifkommission der VC heute erstmals mit dem Management der irischen Airline zusammen.

Dass die Funktionäre nun doch noch kurzfristig einer Vereinbarung mit Eurowings zugestimmt haben, dürfte auch mit dem wachsenden internen Druck zusammenhängen. Nach der Entscheidung, das Abkommen überraschend zu kippen, waren vor einigen Wochen zahlreiche Piloten von der VC zur Verdi gewechselt. In offenen Briefen kritisierten sie, dass sich die VC zu stark für die Interessen der gut bezahlten Piloten in der Kernmarke Lufthansa einsetzen und dabei die Kollegen bei den günstigen Ablegern vergessen würde.


Keine Expansion ohne neues Personal

Für Spohr und Dierks dürfte die Einigung eine große Erleichterung sein. Denn ohne einen solchen Vertrag hätte Eurowings Deutschland nicht mehr weiter wachsen können. Grund ist eine Jahre alte Vereinbarung, mit der das damalige Lufthansa-Management den Piloten Entgegenkommen bei anderen Themen abgetrotzt hatte. Dafür versprach die Konzernleitung damals, unter dem Dach der Eurowings Deutschland nicht mehr als 23 Flugzeuge zu betreiben. So sollten die Kernmarke Lufthansa und die dortigen Arbeitsplätze geschützt werden.

Wegen dieser Regelung hätte das Management künftiges Wachstum zu anderen Gesellschaften verlagern müssen, etwa zur Eurowings Europe in Wien. Das Problem dabei: Dort gibt es für Flugzeugführer zurzeit noch keinen Tarifvertrag, die Gespräche laufen zwar, sind aber wohl zäh. Hinzu kommt: In Österreich gibt es andere Vorschriften für Arbeitsverhältnisse etwa was Urlaub oder Krankheit angeht. Das macht eine Anstellung für deutsche Mitarbeiter unattraktiv. Ohne neues Personal gibt es aber keine Expansion.

Dabei hat das Eurowings-Management durchaus ehrgeizige Pläne. Bis zum Sommerflugplan nächsten Jahres soll die  Flotte um 30 Flugzeuge der Airbus A320-Familie wachsen. Dann soll Eurowings 210 Flugzeuge und rund 10.000 Mitarbeiter haben.

Eigentlich war dazu auch die Übernahme der Air Berlin-Tochter Niki mit rund 20 Maschinen fest eingeplant. Die ist mittlerweile aber wegen massiver Kartellbedenken in Brüssel abgesagt worden. Deshalb wird das Wachstum etwas langsamer geschehen, an den Zielen ändert sich aber nichts, betont die Eurowings-Spitze.

„Eurowings wird nun kurzfristig intern 86 Kapitänsstellen für ihre Copiloten ausschreiben“, sagt Benedikt Schneider, der Personalchef der Lufthansa-Tochter. Die Air Berlin-Piloten würden zudem je nach Berufserfahrung und geflogenen Stunden eingruppiert werden. Zwar werden sie in ihrem neuen Job auf Gehalt verzichten müssen, was vielen Flugzeugführern sauer aufstößt. Aber Schneider stellt klar, dass sie nicht auf den Status von Berufsanfängern zurückgestuft werden: „Keiner fängt bei uns bei null an.“

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