Ex-Arcandor-Chef Gericht stellt Verfahren gegen Middelhoff ein

Das Essener Landgericht hat das Verfahren gegen den ehemaligen Manager Thomas Middelhoff eingestellt. Eigentlich sollte der Prozess gegen den früheren Arcandor-Chef bis Jahresende dauern.

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Thomas-Middelhoff Quelle: dpa

Das Landgericht hat das Verfahren gegen den 64-Jährigen wegen Anstiftung zur Untreue nur sechs Wochen nach Eröffnung eingestellt. Grund für den früheren Schlussstrich sei, dass die zu erwartende Strafe angesichts der gegen Middelhoff bereits in einem früheren Verfahren verhängten dreijährigen Haftstrafe „nicht beträchtlich ins Gewicht falle“, sagte der Vorsitzende Richter Edgar Loch am Mittwoch. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Die notwendigen eigenen Auslagen muss Middelhoff dagegen selbst zahlen. Denn der Tatverdacht sei nach der bisherigen Beweisaufnahme nicht so weit entkräftet, dass es angemessen sei, diese Kosten der Staatskasse aufzubürden, sagte der Richter.

Seit 2014 verbüßt Thomas Middelhoff seine Gefängnisstrafe. Der Ex-Arcandor-Chef zog nun einen Antrag auf Haftverkürzung zurück. In einem neuen Verfahren muss er sich wegen dubioser Bonuszahlungen erneut verantworten.

Middelhoffs Verteidigerin Anne Wehnert begrüßte die Verfahrenseinstellung, da ihrem Mandanten damit ein langwieriges Verfahren erspart bleibe. Sie betonte jedoch gleichzeitig, dass sie „absolut sicher“ sei, dass am Ende einer vollständigen Beweisaufnahme ein Freispruch gestanden hätte. Die Staatsanwaltschaft hatte dem ehemaligen Arcandor-Chef im Essener Verfahren vorgeworfen, die Aufsichtsräte des Unternehmens zur Untreue angestiftet zu haben, als es um seine Abfindung ging. Der Manager hatte noch wenige Monate vor der Pleite des Konzerns eine Erfolgsprämie von 2,3 Millionen Euro erhalten. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hatte er keinen Anspruch auf das Geld.

Eine Handvoll Verhandlungstage haben dem Gericht offenbar genügt, um sich ein ausreichendes Bild von den Vorgängen zu machen. In einem Rechtsgespräch mit der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern stellten die Richter am Montag mit Zustimmung aller Parteien die Weichen für die Einstellung des Verfahrens, wie ein Gerichtssprecher erklärte.

Middelhoff war bereits 2014 vom Essener Landgericht unter anderem wegen Veruntreuung von Firmengeldern bei Arcandor zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Eine Verfahrenseinstellung nach Paragraf 154 ist nach Angaben des Gerichtssprechers nicht mit einem Schuldeingeständnis verbunden.

Zivilrechtlich musste sich Middelhoff schon wegen der millionenschweren Boni vor der Pleite von Arcandor verantworten. Nun droht ihm allerdings auch noch vor einem Strafgericht der Prozess.

Für Middelhoff ist die Einstellung des Prozesses ein Lichtblick in einer schwierigen Zeit. Schon 2015 musste der Manager, der nicht nur bei Arcandor, sondern zuvor auch als Chef des Medienkonzerns Bertelsmann und als Investmentbanker in London Millionen verdient hatte, Privatinsolvenz anmelden. Ein wahrlich tiefer Fall. Vor fast genau einem Jahr - am 13. Mai 2016 - trat er dann seine Haftstrafe an. Middelhoff verbüßt sie im offenen Vollzug und arbeitet tagsüber als Freigänger in einer Behindertenwerkstatt in Bielefeld. Auch die Ehe des Managers ging in die Brüche. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Edgar Loch nach seinem Familienstand antwortete er am ersten Verhandlungstag: „Verheiratet, in Scheidung lebend.“ Es ist in den vergangenen Jahren viel kaputt gegangen in Middelhoffs Leben.

Auch die Verfahren gegen die mitangeklagten Aufsichtsratsmitglieder sollen nach Angaben des Gerichtssprechers voraussichtlich eingestellt werden - teils gegen Geldauflagen, teils wegen geringer Schuld auch ohne Auflagen. Allerdings soll dies erst in den nächsten Wochen geschehen.

Middelhoff war bereits 2014 vom Essener Landgericht unter anderem wegen Veruntreuung von Firmengeldern bei Arcandor zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Vor gut einem Jahr trat er die Haft an. Middelhoff verbüßt die Strafe im offenen Vollzug und arbeitet tagsüber als Freigänger in einer Behindertenwerkstatt in Bielefeld.

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