Fashion Week Berlin Die Modewoche wird erwachsen

Die Fashion Week Berlin konnte sich im Kräftemessen mit Paris und Mailand nie behaupten. Jetzt ist fraglich, wie es mit Hauptsponsor Mercedes weitergeht. Trotzdem startet die Schau heute mit neuem Selbstbewusstsein.

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Ein Model präsentiert im vergangenen Jahr ein Kleid der jungen Desginerin Ewa Herzog. Die Fashion Week Berlin versuchte seit ihren Anfängen, sich im Kräftemessen mit Paris, London und Mailand zu behaupten. Quelle: dpa

Düsseldorf Es sieht aus wie ein herber Rückschlag für Berlin: Es gibt am Brandenburger Tor keine weißen Zelte mehr, in denen sich die Prominenten bei den Modenschauen zeigen. Und Mercedes-Benz hat den Vertrag für die Fashion Week mit dem Messeveranstalter IMG auslaufen lassen.

Diese Nachricht und das Fehlen des großen Glamours sind erst einmal ein Verlust für die deutsche Hauptstadt. Doch die ist inzwischen stark genug, um den Rückzug zu verkraften. Im Konkurrenzkampf mit den europäischen Modemetropolen Mailand, Paris und London behauptet sich Berlin auf der am Dienstag beginnenden Fashion Week mit jungen Designern und wachsenden Messen für Premium- und Mainstreammarken. Und sie sucht nach neuen Konzepten und Plattformen, um international noch mehr zu punkten.

Das neue Selbstbewusstsein und die wachsende Marktmacht der Berliner Schau hat auch die Politik erkannt. So wirkt es fast wie ein Ritterschlag, wenn Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries am Dienstag die Premium, eine der großen Modemessen in Berlin, besucht.

Ihr sei es „wichtig, zu zeigen, dass wir die deutsche Mode in der Wirtschaftspolitik wahrnehmen und würdigen und für junge Modedesigner und für die Exportchancen deutscher Marken werben“, begründet sie ihren Auftritt. Die Mode sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Immerhin erzielte die Modebranche in Deutschland zuletzt einen Jahresumsatz von 39 Milliarden Euro. Damit gehört Deutschland zu den wichtigsten Modemärkten in Europa.

Allmählich kehren auch renommierte Marken nach Berlin zurück, wie Hugo Boss. Deutschlands größter Herrenschneider hatte noch vor fünf Jahren eine große Modenschau auf der Fashion Week, zog sich dann aber enttäuscht über den fehlenden internationalen Erfolg von Berlin zurück und konzentrierte sich auf die New York Fashion Week.

Doch am Donnerstagabend mischt Hugo Boss erstmals wieder in Berlin mit. In der zur Galerie umgebauten Agneskirche in Berlin-Kreuzberg zeigt der Konzern seine „Gallery Collection“, einen Teil seiner aktuellen Frauenkollektion. „Berlin bietet eine gute Plattform für kleinere, spezielle Labels“, sagt Ingo Wilts, seit knapp einem Jahr im Vorstand von Hugo Boss für die Marke verantwortlich. „Sehr toll entwickelt hat sich der Berliner Modesalon“, lobt Wilts, der seine kleine Show mit den Initiatoren des Modesalons veranstaltet, die vor allem junge deutsche Designer fördern.

Die Fashion Week Berlin versuchte seit ihren Anfängen mit dem Sponsor Mercedes-Benz 2007, sich im Kräftemessen mit Paris, London und Mailand. Ihr gelang es aber nicht, große internationale Luxusmarken von Gucci über Prada bis Giorgio Armani für eine Modenschau in Berlin zu gewinnen. Da half es auch nicht, am Brandenburger Tor Riesenzelte aufzubauen und Prominente aus Funk und Fernsehen einzuladen.


Neue Konzepte für junge Designer

Zuletzt gehörten dann allenfalls Marken wie Marc Cain, Riani oder Laurèl zu den Highlights der Schauen. Für manche jüngeren Designer waren die Kosten für einen Auftritt im Zelt zu hoch, es sei denn, er wurde vom Berliner Senat unterstützt. So fanden immer mehr Schauen fernab vom Brandenburger Tor in Theatern, Galerien oder Industrielofts in Berlin-Mitte oder -Kreuzberg statt.

Außerdem musste sich Berlin gegenüber anderen deutschen Städten, vor allem Düsseldorf, durchsetzen. In der Stadt am Rhein entstand nach dem Zweiten Weltkrieg die Igedo, die in den 1980er-Jahren zur größten Modemesse der Welt aufstieg. Doch die hohen Standkosten ließen immer mehr Modefirmen abwandern und eigene Showrooms in der Stadt eröffnen. Das war der Tod der Igedo.

Inzwischen haben sich beide Städte arrangiert. „Heute ist Berlin Deutschlands Messemarktplatz für Mode und Düsseldorf der Modemarktplatz“, sagt Klaus Brinkmann, Vorstand des Düsseldorfer Vereins Fashion Net. Was er damit meint: In Berlin sehen die Einkäufer der Modehäuser erste Teile der neuen Trends, in Düsseldorf bekommen sie dann drei Wochen später die gesamte Kollektion zu sehen und bestellen die Ware.

Motor der Berliner Modeszene ist Anita Tillmann. Die gebürtige Düsseldorferin war eine der ersten in Europa, die auf ihrer Messe Premium Damen- und Herrenmode zusammen zeigte. Später baute sie die Veranstaltung Panorama für Mainstream-Mode auf. Heute gehören ihr die Messe „Seek“, eine Konferenz für Modetechnologie, sowie seit vergangenem Jahr auch die „Show & Order“.

„Unsere Messen wachsen jedes Jahr um fünf bis zehn Prozent“, wirbt Tillmann für ihre Veranstaltungen. „Berlin ist mit seinen Veranstaltungen inzwischen der größte Messeplatz für Mode in Europa.“ Sie will sich aber nicht alleine auf die klassische Präsentation der Marken verlassen und startet jetzt das neue Format „15 Looks“. Da „zeigen 15 wichtige Influencer aus der Modeszene ihre Outfit-Ideen“. Die Models tragen dann Teile unterschiedlichster Marken. Das passt nicht in die Welt der klassischen Modeschauen, in denen die Models nur die neuesten Kleider und Blusen einer Marke zeigen.

Dabei soll es nicht bleiben. „Wir vom Fashion Council Germany (FCG) haben neue Konzepte in der Schublade“, sagt Vorstandsmitglied Mandie Bienek. „Es geht darum, unsere jungen Designer in Deutschland, aber auch im Ausland bekannter zu machen“, sagt sie. Der Lobbyverband versucht seit zwei Jahren, Modedesign aus Deutschland zu fördern. Dazu gehört es auch, junge Mode während und nach der Fashion Week im Kadewe in Berlin zu verkaufen.

Dabei könnte dann auch Mercedes-Benz helfen. Denn der Autokonzern will das Fashion Council Germany unterstützen. „Die Förderung von Nachwuchstalenten ist die tragende strategische Säule des Mercedes-Benz Mode-Engagements“, wirbt Michael Bock, Leiter des Bereichs Sport- & Lifestyle-Marketing von Mercedes-Benz Pkw, für die veränderte Strategie des Autokonzerns.

Außerdem macht ein Sprecher des Autokonzerns klar: „Wir wollen im Januar eine neue Modeplattform in Berlin haben. Derzeit verhandeln wir mit möglichen Partnern.“ Es könnte also sein, dass der Name Mercedes-Benz wieder groß in der Modemetropole auftauchen wird.

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