Die Frauen tragen Fleecepullover unter weißen Kitteln. Ihre roten Wangen zeigen an, dass sie schon einige Zeit in der acht Grad kalten Halle arbeiten. Sie sprechen nicht viel. Sie legen mit behandschuhten Fingern die Auberginen in Kräuteröl schnell und präzise in die durchsichtigen Plastikschalen. Ein kurzer Blick auf die Waage zeigt ihnen, dass sie sich – wie so oft – genau 100 Gramm gegriffen haben. Dann werden die Schälchen zugeklebt, in Kisten gestapelt und abtransportiert. Die Lieferung geht für Lidl nach Norwegen.
Weil immer mehr Menschen weniger Zeit in der Küche verbringen, aber mehr von ihnen Wert auf mediterranes Essen legen, beliefern die Laster von Feinkost Dittmann aus dem beschaulichen Taunusstein in Hessen 8100 Supermärkte mit mehr als 1000 Produkten, rund 600 unter der Marke Feinkost Dittmann, die anderen unter Marken wie zum Beispiel Ponti oder Real Thai.
"Die Verbraucher beschäftigen sich heute mehr mit dem Thema Ernährung und Lebensmitteln", urteilt Bettina Willmann, Bereichsleiterin für Forschung und Konzepte beim Institut für Handelsforschung (IfH).
Lieber frisch als aus dem Glas
Die Deutschen konsumieren bewusster - und Peperoni oder Oliven haben einen gesunden Ruf. "Feinkostprodukte ermöglichen hochwertiges Essen ohne hohen Aufwand", sagt Bettina Willmann. Auberginen, Artischocken und andere Antipasti findet jeder Kunde in den Regalen von Aldi, Lidl, Rewe, Edeka und Co. Und weil die Kunden immer weniger aus Dose und Glas konsumieren und lieber Ware aus Frischetheken, die nur rund acht Tage hält, in ihrem Supermarkt kaufen, müssen die Arbeiterinnen bei Feinkost Dittmann eben frieren.
Vor 111 Jahren startete das Unternehmen mit Sardellenpaste, heute setzt Feinkost Dittmann mehr als 155 Millionen Euro um, der Gewinn liegt im Schnitt bei zwei bis vier Prozent des Umsatzes. "Wir sind zufrieden", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Timm Reichold. Seit 2000 führt er das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Thorsten.
Etwa zwölf Prozent ihres Einkommens geben Deutsche für Nahrungsmittel aus. Und es wird mehr, sagt Willmann. Auch wenn die Deutschen noch weit von Genussverhalten von Franzosen und Italienern entfernt sind, die rund 20 Prozent ihres Einkommens für Essen ausgeben.
Der Markt ist hart umkämpft
Die Feinkostbranche wächst überdurchschnittlich. Laut Berechnungen des IFH stieg in den vergangenen zehn Jahren der Umsatz mit Lebensmitteln jährlich um nur 1,4 Prozent, während Oliven, Kapern und Soßen einen jährlichen Anstieg von 5,5 Prozent verzeichneten. Besonders hilfreich für das Wachstum sind dabei gesonderte Plätze der teureren Feinkostprodukte in den Märkten, sagt Tim Brzoska, Handelsexperte bei der Strategieberatung Simon-Kucher & Partners. Wichtig seien aber auch "Serviceleistungen, wie Verkostungsproben oder Beratung in den fünf großen Handelsketten, darunter auch die großen Feinkostanbieter: Kattus, Rila oder eben Dittmann. Timm Reichold, der selbst nach seiner Banklehre drei Jahre als Marktleiter bei Rewe arbeitete, setzt in diesem Wettbewerb auf engen Kundenkontakt.
Der Markt ist umkämpft: 50 000 Hersteller buhlen um die Plätze in den fünf großen Handelsketten. 23 Bezirksleiter und drei Agenturen kümmern sich bei Feinkost Dittmann um mehr als 500 Ansprechpartner bei den einzelnen Märkten. Reichold fährt mindestens dreimal in der Woche mit zu solchen Treffen. "Das ist zeitintensiv, aber ich muss ja wissen, wo die Trends hingehen."
Bio ist Luxus
Daher weiß Reichold, dass Bioprodukte zwar immer beliebter werden, die Verbraucher aber zumindest in den normalen Supermärkten nicht bereit sind, das Doppelte des normalen Preises zu zahlen. "Sie zahlen allenfalls zehn bis 20 Prozent mehr", sagt der 54-Jährige. Dennoch hat Reichold das Thema Bio noch nicht von seiner Agenda genommen. Sein Unternehmen beliefert namhafte Biomarken mit biozertifizierten Soßen, Brotaufstrichen und Antipasti und die Familotel-Gruppe mit Bio-Eiernudeln und Tomatensoße in Bioqualität.
"Dittmann ist nicht so leicht austauschbar", urteilt Dirk Radermacher vom Verband der Hersteller kulinarischer Lebensmittel. Zudem besetze das Unternehmen eine Nische. Die Mengen seien nicht so groß und man könne auf Trends reagieren.
"Es ist ein Vorteil, kurze Wege zu haben und nicht zwei Jahre zu planen", sagt Radermacher. Die kurzen Wege zeigen sich bei den neuesten Produkten, wie knackig eingelegter deutscher Spargel im Glas - einer Idee von Timm Reichold, die er bei seiner Produktentwicklung in Auftrag gab - oder einem neuen PVC-freien Verschluss, den Dittmann seit einem Jahr verwendet.
So können keine Weichmacher mehr in die Produkte gelangen und es entstehen keine Dioxine bei der Müllverbrennung. Der Deckel wurde bei der Ernährungsmesse Anuga mit dem Deutschen Verpackungspreis ausgezeichnet. Reichold ist sich sicher, dass sich seine Investition lohnt und viele Nachahmer findet. "In ein bis zwei Jahren werden Deckel mit PVC vom Markt verschwunden sein."