Flugzeuge, Mitarbeiter, Slots Die Konkurrenz stürzt sich auf Air Berlin

Ob Flugzeuge oder Startplätze: Der Poker um die Überbleibsel der Pleite-Airline Air Berlin ist eröffnet. Während Ryanair gegen Staatshilfen keilt, bringen sich andere Konkurrenten bereits in Stellung. Wer will was?

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Berlin/Frankfurt Am Tag eins nach der Air-Berlin-Pleite beginnt das Geschacher um die Juwelen aus der Insolvenzmasse. Die Konkurrenz hat ein Auge auf Maschinen zum Schnäppchen-Preis und lukrative Startrechte geworfen. Der irische Billigfliege Ryanair wähnt sich dabei jedoch bereits im Nachteil: Ryanair habe beim Bundeskartellamt und bei der EU-Wettbewerbskommission Beschwerde eingelegt – wegen des „offensichtlichen Komplotts“ zwischen der deutschen Regierung, Lufthansa und Air Berlin, teilte das Unternehmen mit.

„Diese künstlich erzeugte Insolvenz ist offensichtlich aufgesetzt worden, damit Lufthansa eine schuldenfreie Air Berlin übernehmen kann und dies widerspricht sämtlichen Wettbewerbsregeln von Deutschland und der EU“, schimpft der Billigflieger in einer Mitteilung auf seiner Homepage mit. Auch die Bestimmungen zu staatlichen Beihilfen würden ignoriert.

Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung: „Das ist eine abwegige These“, sagte Machnig zu den Vorwürfen von Ryanair. Es werde am Ende nicht eine Airline Air Berlin komplett übernehmen. Damit würde der Wettbewerb gesichert. Machnig sagte außerdem, er halte den Überbrückungskredit der Bundesregierung in Höhe von 150 Millionen Euro für die insolvente Airline für zulässig. Zehntausende Air-Berlin-Kunden seien in der Hauptreisezeit unterwegs. Es hätte keine Kapazitäten gegeben, diese kurzfristig nach Hause zu bringen. Die Bundesregierung stehe in Kontakt zur EU.

Der Kredit soll Air Berlin etwa drei Monate Zeit verschaffen. CEO Thomas Winkelmann kann damit während des laufenden Flugbetriebes mit Lufthansa und weiteren Interessenten über einen Verkauf von Teilen der Airline verhandeln.

Verbürgt ist das Interesse der Lufthansa: Deutschlands Nummer eins möchte beispielsweise die Langstreckenflotte von Air Berlin übernehmen – samt Personal. „Wir wissen, dass es positive Verhandlungen gibt zwischen Air Berlin und Lufthansa über den Erwerb von Teilen von Air Berlin“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Zypries. „Diese Verhandlungen verlaufen erfolgversprechend und können in den nächsten Monaten finalisiert werden.“

Lufthansa hatte stets die große Schuldenlast von Air Berlin als ein Hindernis für eine Komplettübernahme der Airline genannt. Mit der Insolvenz könnte die Schuldenlast wegfallen – was den Konkurrenten Ryanair rasend macht. „Es geht jetzt darum, den Standort zu stärken durch Vergabe der Slots an Lufthansa und mindestens zwei weitere Gesellschaften“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Handelsblatt.

Eine davon könnte Tui sein: Bereits im vergangenen Herbst hatte der Reisekonzern versucht, Tuifly und die Air-Berlin-Tochter Niki in ein Gemeinschaftsunternehmen einzubringen, das mehrheitlich einer Stiftung in Österreich unterstehen sollte.

Doch die Verhandlungen mit Air-Berlin-Großaktionär Etihad platzten vor wenigen Wochen, nachdem Etihad die Gespräche ins Leere laufen ließ. Nun aber scheint es, wie man bei Tui durchblicken lässt, dass die Verhandlungen dazu wieder aufgenommen wurden. „Wir sind involviert in die aktuellen Planungen und begleiten sie konstruktiv – im Sinne der Kunden bei Air Berlin“, erklärte ein Tui-Sprecher. Details nannte nicht und verwies auf „laufende Gespräche“.

Branchengerüchten zufolge soll sich auch Easyjet um ein Teil des Air-Berlin-Erbes bemühen: Bereits im vergangenen Monat hatten Analysten der Großbank HSBC prognostiziert, dass der britische Billigflieger im Fall eines Kollapses von Air Berlin an jenen Teilen der Airline Interesse haben könnte, die Lufthansa aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht übernehmen kann. Explizit nennen die Branchenexperten den Billigableger Niki sowie an Slots in Berlin und Düsseldorf.

Ein Insider bestätigte nun der Nachrichtenagentur Reuters Gespräche mit Easyjet. Damit sollten vor allem die Start- und Landerechte von Air Berlin auf dem Heimatflughafen in Berlin sowie in Düsseldorf gesichert werden. „Ziel war es, Ryanair draußen zu halten“, sagte der Insider.

Mit der Thomas-Cook-Tochter Condor ist zudem ein weiterer Spieler auf den Plan getreten: Der Reiseveranstalter bekundete für seine Ferienflugtochter Interesse an einer „aktiven Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin“. Ein Teil der Thomas-Cook-Reiseveranstalter-Gäste werde mit Air Berlin und ihrer Tochter Niki in den Urlaub geflogen.

Die Piloten und Crews von Air Berlin könnten zu den Gewinnern des Pokers gehören: Nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi haben sie gute Aussichten auf neue Arbeitsplätze. „Für die Kollegen in Kabine und Cockpit sind die Chancen sehr hoch“, sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle am Mittwoch. „Auf dem Markt wird viel Personal gesucht.“ Schwierig haben es die Mitarbeiter in der Verwaltung. Gewerkschafter Behle sagt: „Da machen wir uns große Sorgen, denn jeder mögliche Übernehmer hat ja schon eine Verwaltung.“

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