Dank der vielen Verkaufsflächen in Wachstumsländern wie China, Indonesien, Malaysia, aber auch in den USA, Kanada oder England kann die Koutsolioutsos-Familie die Stagnation auf auf dem Heimatmarkt mehr als ausgleichen. Seit 2008 hat der Schmuckkonzern immerhin beim Umsatz um gut ein Viertel zugelegt. In der gleichen Zeit ging das Bruttosozialprodukt im Heimatmarkt um über 25 Prozent zurück. Noch erstaunlicher als das solide Wachstum des weltweiten Umsatzes ist die Tatsache, dass es der Familie gelungen ist, das Geschäft im krisengeschüttelten Inland auf einem stabilen Niveau zu halten.
In den Innenstädten von Athen oder Thessaloniki mussten nach Angaben des griechischen Einzelhandelsverbandes ESEE in den vergangenen Jahren rund ein Drittel aller Geschäfte schließen. „Es scheint wie ein Wunder, dass Folli Follie sich im Heimatmarkt so gut gehalten hat“, sagt Fotis Zeritis, Analyst beim Athener Broker Eurexx Securities. Seine Erklärung für das Mirakel im Schatten der Akropolis: „Die Familie hat über Jahrzehnte die Marke so ausgebaut, dass sie selbst unter Krisenbedingungen nicht einbricht.“
Zeritis und die meisten seiner Analystenkollegen empfehlen die Aktie zum Kauf, obwohl der Kurswert seit dem Tiefstand im April vergangenen Jahres um das sechsfache zulegte und sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelte. Offensichtlich wird die Stimmung der Anleger von der Erwartung beflügelt, dass die seit Jahren wachsenden Gewinne auch künftig weiter steigen. Legte das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen im vergangenen Jahr noch um rund sieben Porzent zu, verkündete CEO Georgios Koutsolioutsos für dieses Jahr einen Sprung um 20 Prozent auf rund 165 Millionen Euro.
Mailand statt Tokyo
Dabei verlief die Gründung alles andere als spektakulär. Eigentlich wollte Folli-Follie-Chairman und Mitgründer Dimitris Koutsolioutsos 1958 nach Japan, um dort zu studieren. Ein ungewöhnlicher Plan damals: Die Schulfreunde des späteren Unternehmensgründers bemühten sich fast ausnahmslos um Studienplätze in England oder den USA. Selbst die japanische Botschaft war überrascht und genehmigte dem Antragsteller nicht nur das Visum in kürzester First. „Ich bekam zusätzlich ein Stipendium, weil ich der erste Grieche war, der Interesse an einem Studium in Japan bekundete“, erzählt Koutsolioutsos.
Doch die Eltern des jungen Mannes baten ihn inständig, doch wenigstens in Europa zu bleiben. Die Familie war, aus dem ägyptischen Alexandrien stammend, in den 50er Jahre wie viele andere Griechen vom nationalistischen Nasser-Regime aus dem Lande gedrängt worden. Und wie in vielen Flüchtlingsfamilien spielte der Zusammenhalt auch bei den Koutsolioutsos, die nach der Umsiedlung einen Olivenhandel aufgebaut hatten, eine große Rolle. Das Japan-Projekt gab Dimitris Koutsolioutsos deshalb vorerst auf, doch so ganz wollte er auf ein Studium im Ausland nicht verzichten. Er entschloss sich, an der Mailänder Elite-Uni Bocconi zu studieren.
Der Anstoß, im Schmuckhandel tätig zu werden, kam von seiner Frau, die nach ihren Studien der Anthropologie und Soziologie in England auch in Italien studierte. Ketty Koutsolioutsos hatte schon als Jugendliche angefangen, Schmuck zu entwerfen. In Italien begannen die Jungvermählten daraus einen Nebenerwerb zu machen und ließen sich kleinere Mengen Schmuck nach den Entwürfen fertigen, die sie auf Messen verkauften. Die Kunden waren begeistert, die Stücke waren im Nu ausverkauft. „Das hat uns darin bestärkt, in das Geschäft in größerem Stil zu betreiben“, erinnert sich Ketty Koutsolioutsos.