Fotohandel Schmutzige Tricks aus der Dunkelkammer

Fotofachgeschäfte sterben langsam aus. Immer mehr Fachhändler geben auf wegen der Konkurrenz von Mediamarkt und Onlineangeboten. Zwei Verbundgruppen streiten sich um die verbliebenen Händler.

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Fotofachhändler Dinkel Quelle: Fotolia

Wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten liegt Christian Dinkels Fotofachgeschäft in der Landwehrstraße neben dem Münchner Hauptbahnhof. Aus dem gegenüberliegenden Haus, das früher Quelle gehörte, ist längst ein Hotel geworden. Die Straße quillt förmlich über vor arabischen Kaffeetischchen und Touristen mit großen Rucksäcken.

Dinkel steht zwischen mannshohen Fotostativen und hornissenartigen Fotodrohnen und spricht stoisch über den allmählichen Niedergang des Familienunternehmens. Er führt das Geschäft in dritter Generation, doch die Zahlen sprechen nicht dafür, dass noch viele folgen: Der Umsatz ist in den vergangenen beiden Jahren um 15 Prozent auf rund zwölf Millionen Euro gefallen. „Vor fünf Jahren hatte ich noch 35 Mitarbeiter, jetzt sind es 27“, sagt Dinkel. Fast wöchentlich klopfen Investoren an seine Tür und fragen, ob er das Haus verkaufen will.

Auch Großeinkäufer zeigen in letzter Zeit auffälliges Interesse an dem Münchner Fotohändler. Ringfoto und Europafoto bündeln die Einkäufe der unabhängigen Fotogeschäfte, um bei Herstellern günstige Konditionen verhandeln zu können. Da aber immer mehr Fachhändler wegen der Konkurrenz von Mediamarkt und Onlineangeboten aufgeben, sinken ihre Mitgliederzahlen.

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Um die Umsatzrückgänge zu stoppen, greifen beide zu Tricks aus der Dunkelkammer: Sie streiten erbittert, beschuldigen sich, die Händler des jeweils anderen abzuwerben, und gehen gegen die Werbeslogans der Konkurrenz vor. Leidtragende sind die Händler, weil die Großeinkäufer durch ihren Streit Macht gegenüber der Industrie einbüßen, anstatt bessere Konditionen herauszuholen.

Die Marktzahlen sind schon trist genug. Derzeit gibt es bundesweit rund 2000 Fotofachhändler. Das sind rund 300 weniger als 2010. In den Geschäftsberichten der Verbundgruppen ist die Rede von „Preisspiralen“, die nach unten drehen, und „ruinösen Margen“. Mit rund 1500 Mitgliedern und einem Gesamtumsatz von rund 310 Millionen Euro ist die Gruppe Ringfoto, die auch in Österreich und den Niederlanden aktiv ist, fast doppelt so groß wie die auf Deutschland beschränkte Europafoto, die mit 220 Mitgliedern rund 170 Millionen Euro umsetzt.

Am Stammsitz von Ringfoto in Fürth sitzt Geschäftsführer Michael Gleich an dem riesigen Konferenztisch etwas verloren hinter einer Kaffeekanne und erinnert sich an die Anfänge des Streits: „Wir haben uns mit Europafoto immer über Interna ausgetauscht. 2013 sind sie uns dann plötzlich in den Rücken gefallen und haben versucht, unsere zehn größten Händler abzuwerben.“ Drei Händler, so erzählt es Gleich, hätten den Vertrag mit Ringfoto damals prophylaktisch gekündigt, einer sei tatsächlich gegangen. 25 Millionen Euro Umsatz habe das gekostet.

Robby Kreft, Geschäftsführer von Europafoto, reagiert fassungslos auf die Vorwürfe seines Konkurrenten. Vor einer überdimensionalen Videowand am Sitz in Frankfurt gräbt sich sein Kopf in die Hand, sodass nur zwei fragende Augenbrauen hervorschauen. Tatsächlich sei damals ein Händler zu Europafoto gewechselt, erzählt Kreft, aber das sei ohne sein Zutun geschehen. In Wirklichkeit verfolge die Gegenseite die Taktik des Abwerbens und würde dabei auch vor Unwahrheiten nicht zurückschrecken.

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