WirtschaftsWoche: Herr Sambeth, erst hat Amazon den Buchhandel erobert, jetzt plant der Konzern eine Flatrate für Bücher. Werden Sie mit Titeln dabei sein?
Frank Sambeth: Wir möchten das Modell zunächst beobachten und werden zu einem späteren Zeit-punkt entscheiden, ob wir uns beteiligen oder nicht. Flatrates werden sicher bei der Erweiterung des digitalen Angebots auch für Bücher eine Rolle spielen.
Rechnet sich All you can read?
Wir sind am Start-up Skoobe beteiligt, das schon seit zwei Jahren eine E-Book-Flatrate per App anbietet. Dabei lernen wir viel über Gewohnheiten und Vorlieben der Leser im digitalen Kontext. Die Verlage und Autoren verdienen damit auch Geld.
Aber kannibalisieren Sie so nicht Ihre herkömmlichen Buchverkäufe?
Wir müssen ganz genau schauen, wann wir welche Bücher ins Abo geben. Wir glauben aber, so auch neue Kunden erreichen zu können, die bisher wenig Geld für Bücher ausgeben: Nutzer von Bibliotheken. „Techies“, die per Smartphone zum ersten Mal mit Literatur in Kontakt kommen. Vielleicht auch den ein oder anderen Buchpiraten, der von Raubkopien im Netz auf ein attraktives legales Angebot umsteigt.
Zur Person
Frank Sambeth, 43, studierter Wirtschaftsingenieur, leitet seit 2012 Random House Deutschland. Die Bertelsmann-Tochter ist hierzulande der mit Abstand größte Buchkonzern.
Trotzdem dürften Flatrates die Zahlungsbereitschaft für einzelne Bücher senken. Schon jetzt wünschen sich Konsumenten, dass E-Books 40 Prozent weniger kosten als Printtitel.
Wir wollen Bücher nicht verschleudern. Unsere E-Books sind 10 bis 25 Prozent günstiger als die Printausgaben – ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein digitales Buch kostet so viel wie eine Kinokarte in München, aber Sie haben viel länger Spaß daran als an einem Film.
Viele Autoren veröffentlichen ihre Bücher im Internet selbst, schon für 99 Cent. Fürchten Sie nicht, dass Verlage auf Dauer überflüssig werden?
Wir nehmen das sportlich. Leser können sich sicher sein, bei uns hochwertige Texte zu kaufen. Verlage sind auch ungeschlagen darin, Autoren möglichst vielen Lesern bekannt zu machen. Wir nutzen dazu verstärkt soziale Netzwerke, Newsletter, Internet-Portale. Gerade erst haben wir ein Studio eingerichtet, in dem Autoren per Videostream virtuelle Lesungen im Internet halten und Leserfragen beantworten. Live-Begegnungen mit Schriftstellern bleiben trotzdem enorm wichtig.
Start-ups entwickeln mit vielen Millionen Dollar Risikokapital neue digitale Buchformate. Wie halten Sie dagegen?
Wir entwickeln E-Books weiter, publizieren elektronische Ratgeber und Kinderbücher, die interaktiv oder mit Videos angereichert sind. Eine eigene Abteilung entwickelt Apps. Zur Buchmesse erscheinen zwei für Fantasy-Fans: Multimedia-Enzyklopädien zu den Scheibenwelt-Romanen von Terry Pratchett und den Büchern von George R. R. Martin.
Wird das die Zukunft des Buches sein?
Trotz der neuen Möglichkeiten bin ich überzeugt: Das gedruckte Buch, das sich auf den Text konzentriert, wird noch lange viele Leser finden.