Gebot für Alitalia-Teil Lufthansa will Coup in Italien landen

Nach Air Berlin könnte die Lufthansa auch bei Alitalia zuschlagen. Der Konzern hat ein Gebot für Teile der Airline abgegeben. Die Verhandlungen dürften lange dauern – und die Lufthansa hat bittere Erfahrungen in Italien.

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Die Verhandlungen über die Zukunft der Airline dürften schwierig werden. Quelle: Bloomberg

Rom/Frankfurt Nach Air Berlin will die Lufthansa nun auch Teile der insolventen Alitalia erwerben. Lufthansa habe ein Angebot für Teile des weltweiten Netzverkehrs und für Direktverbindungen in Europa abgegeben, teilte Deutschlands größte Fluggesellschaft am Montag in Frankfurt mit. Das Konzept sehe eine neu aufgestellte Alitalia „NewAlitalia“ mit nachhaltigen wirtschaftliche Perspektiven vor. Über die Details sei mit den Sonderverwaltern von Alitalia Stillschweigen vereinbart worden.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr will einem Bericht der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ zufolge bis zu 500 Millionen Euro für Teile der Airline bieten. Gleichzeitig sollen bis zu 6000 der rund 12.000 Stellen gestrichen sowie Kurz- und Mittelstreckenverbindungen eingestellt werden. Lufthansa wollte die Informationen auf Anfrage nicht bestätigen, doch im Umfeld der beiden Airlines wird der Zeitungsbericht bestätigt.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte im Gespräch mit dem Handelsblatt in der vergangenen Woche offiziell Interesse an einer wie auch immer gearteten „neuen Alitalia“ bekundet. Italien sei für die Lufthansa nach den USA der wichtigste Auslandsmarkt, das Land sei ähnlich dezentral strukturiert wie Deutschland, so Spohr: „Deshalb haben wir großes Interesse daran, unsere Marktposition hier mindestens zu halten, besser noch zu steigern. Mit einer Alitalia in ihrer bisherigen Verfassung ist das nicht möglich. Ob das mit einer neuen Alitalia möglich ist, darüber führen wir gerade Gespräche.“

Auch die britische Fluggesellschaft Easyjet hat den Finger für Teile der insolventen Alitalia gehoben. Easyjet habe Interesse für bestimmte, zu ihrer Strategie für Italien passende Teile einer restrukturierten Alitalia bekundet, teilte das Unternehmen am Montagabend mit. Details seien vertraulich.

Der britische Billiganbieter spricht auch mit Air Berlin über die Übernahme von bis zu 25 Jets in Berlin-Tegel. Zudem gilt die Airline als Interessent für die insolvente britische Monarch mit rund 40 Flugzeugen. Flugzeuge und Crews von gleich drei Airlines zu integrieren, könnte eine zu große Herausforderung werden.

Als Mitbieter für Alitalia gelten zudem die US-Airline Delta, die Golf-Airline Etihad, die bis Mai Minderheitsbesitzer von 49 Prozent war, und der Investmentfonds Cerberus. Dagegen hat sich Ryanair wegen der eigenen Problem zurückgezogen – die Airline hat einen Pilotenengpass wegen einer verkorksten Urlaubsplanung.

Bis es zu einer endgültigen Entscheidung über die Zukunft der seit Jahren in der Krise steckenden Airline kommt, dürfte es ohnehin noch dauern. Am Freitag hatte die Regierung in Rom die Frist für den endgültigen Abschluss des Verkaufsprozesses verschoben: Ende April 2018 soll alles unter Dach und Fach sein. Mit einer Verlängerung der Laufzeit des Brückenkredits von November dieses Jahres auf September 2018 und 300 Millionen Euro zusätzlich soll die Linie in der Luft gehalten werden.

Spekuliert wird, dass eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Airline so lange hinausgezögert wird – und der Staat die Linie so lange am Leben hält – bis Italien ein neues Parlament wählt. Derzeit wird der 4. März als möglicher Wahltermin gehandelt.


Airline-Markt Italien: schwierig, aber attraktiv

Anfang Mai hatte der Staat der Fluglinie für sechs Monate einen Kredit von etwa 600 Millionen Euro zugestanden, nachdem die ehemalige Staatslinie Insolvenz angemeldet hatte. Dieser Kredit wäre bis November zahlungsfällig gewesen. Bis dahin sollte auch der Verkauf entschieden sein.

Verkehrsminister Graziano Delrio hatte bekräftigt, dass die Regierung mehr Zeit für die Prüfung der Angebote haben wolle, weil Alitalia nicht „verscherbelt“ werden solle. Alitalia hielt sich in den vergangenen Jahren wie Air Berlin nur mit Geldspritzen der arabischen Etihad in der Luft.

Hinzu kommt: Der italienische Markt ist äußerst wettbewerbsintensiv. Durch die jahrelange Schwäche von Alitalia war der Weg für die Billig-Airlines frei. Sowohl Ryanair als auch Easyjet haben in den zurückliegenden Jahren ihre Marktanteile massiv ausgebaut. Ryanair kommt nach Daten des Informationsdienstleisters CH-Aviation auf einen Anteil von 25 Prozent, Easyjet auf 11 Prozent. Der einstige nationale Carrier Alitalia schafft in seinem Heimatmarkt nur noch 20 Prozent.

„Italien ist auf der einen Seite ein sehr attraktiver Markt in Europa“, sagt Gerald Wissel vom Luftfahrtberatungsunternehmen Airborne Consulting. Doch der Markt sei andererseits auch sehr schwierig, weil Gewerkschaften und Politik großen Einfluss hätten. Hinzu komme: „Anders als in Deutschland sind die Wettbewerber, wie Easyjet und Ryanair dort bereits sehr stark vertreten sind.“

Die Lufthansa selbst hat schon bittere Erfahrungen in Italien gesammelt: Im Februar 2009 war Lufthansa Italia an den Start gegangen, auch um die Schwäche von Alitalia im wirtschaftsstarken Norden des Landes auszunutzen. Doch der Ausflug war ein wirtschaftliches Desaster. Ende Oktober 2011 wurde LH Italia geschlossen.

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