Generationenstreit Familienunternehmen zerfleischen sich in der Öffentlichkeit

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Zerreißprobe für Unternehmen

Heinrich Philipp Becker vor Gaffel am Dom Quelle: Privatbrauerei Gaffel

Irgendwann brodelt es in fast jedem Familienunternehmen. Auch rund um die Gärtanks der Traditionsbrauerei Gaffel in Köln. In der Domstadt tritt Bruder gegen Bruder an, Johannes gegen Heinrich Becker.

Als die Kölsch-Brüder 1972 nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters die Brauerei übernahmen, herrschte Friede, Freude, Eierkuchen. Beide erbten einen gleichgroßen Anteil am väterlichen Unternehmen, beide hatten einen klar definierten Aufgabenbereich. Doch irgendwann hörten sie auf, miteinander Kölsch zu trinken. Warum genau, dass mag heute keiner mehr zu sagen. Schleichend wandelte sich das einst friedliche Nebeneinander in einen offenen Krieg. 2006 flog Johannes aus der Geschäftsführung und klagte seinen Bruder Heinrich öffentlich an. Alle Gazetten Kölns berichteten von der Schlammschlacht in der Traditionsbrauerei, ein Richter im Kölner Landgericht appellierte nachdrücklich an die Brüder, sich doch endlich zu einigen.

Wie im Hänneschen-Theater

Werden die privaten Streitigkeiten ins Unternehmen getragen, kann der persönliche Zoff zur Zerreißprobe für das Unternehmen werden. Auf der einen Seite steht die Familie, in der Macht, Geld, Vertrauen und vielleicht sogar Liebe eine dominierende Rolle spielen, auf der anderen das Unternehmen, in dem es in erster Linie um den schnöden Mammon geht.

Im Kölner Hänneschen-Theater um die Vorherrschaft bei der Traditionsbrauerei sind die Streithähne von einer Einigung Lichtjahre entfernt. Stattdessen kämpft bei den Beckers jeder gegen jeden: Sie hauen sich gegenseitig angeblich getürkte Spesenrechnungen um die Ohren und bezichtigen einander, Millionenbeträge entgegen der Entnahmestatuten aus dem Unternehmen gezogen zu haben. Gerichte müssen sich damit befassen, ob private Mail-Accounts für geschäftliche Korrespondenz genutzt werden dürfen, ob Formulierungen im Mail-Verkehr unflätig sind oder ob das Recht besteht,  eingesehene  Dokumente zu kopieren.

Um Gaffel, die über die Grenzen von Köln hinaus bekannte Kölsch-Brauerei,  scheint es dabei längst nicht mehr zu gehen. Es geht um Geld, Macht und Einfluss.  Alle Vorschläge des zuständigen Kölner Landgerichts, sich gütlich zu vergleichen, haben die Brüder bisher abgelehnt. Stattdessen führten sie einen weiteren Akt ihres Schauspiels auf: Heinrich warf dabei seinem Bruder Johannes vor, beim Bundeskartellamt Antrag auf Ermittlungen gegen mehrere Kölschbrauer gestellt zu haben. Dies habe ihm die Behörde bestätigt, sagte Becker im Februar der „Kölnischen Rundschau“. Mitte Dezember hatte das Kartellamt nach eigenen Angaben bei fünf Unternehmen Durchsuchungen durchgeführt und dabei Unterlagen sichergestellt.

Insgesamt sind derzeit knapp ein Dutzend Rechtsstreitigkeiten zwischen Johannes und Heinrich Becker sowie dessen Sohn Heinrich Philipp Becker anhängig. Mit dem neuen Vorwurf wurde der  Bruderkrieg sogar auf eine neue Ebene getragen. Bislang bekämpfen sich die früheren Partner vor allem in Sachen Gaffel gegen Gaffel. Nun sind von den Ermittlungen des Kartellamtes auch andere Brauereien betroffen. 

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