Generationenwechsel Stühlerücken bei Ikea

Während sieben Jahrzehnten hat Ingvar Kamprad die Geschicke von Ikea bestimmt. Jetzt wollen die drei Söhne übernehmen. Doch dem 86-Jährigen fällt das Loslassen schwer.

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Peter Agnefjäll Quelle: dpa

Es klingt ulkig, was der Wahlschweizer Ingvar Kamprad sagt, der reichste Europäer mit Wohnsitz am Genfer See: „Göran Grosskopf hat mir verboten, Interviews zu geben.“ Nach einer kurzen Pause führt der Gründer des Möbelhausriesen Ikea mit diebischer Freude fort: „Aber keine Regel ohne Ausnahme.“

Grosskopfs Wort hat Gewicht im Imperium der schwedisch-schweizerischen Kamprad-Familienfirma. Der Jura-Professor aus Schweden leitet das Supervisory Board der Ingka Holding im niederländischen Leiden, formaljuristisch das Dach der weltweiten Ikea-Möbelhausgruppe. Kamprads Söhne Peter, 48, Jonas, 46, und Mathias, 43, geben sich in diesem Top-Gremium an Grosskopfs Seite abwechselnd die Klinke in die Hand, während ihr Vater bescheiden nur als „Senior Advisor“ auftritt – und womöglich wirklich nicht mehr allzu viel zu sagen hat.

Der Ikea-Clan

Denn hinter den Kulissen kam es kürzlich offenbar zum Versuch eines großen Stühlerückens, orchestriert von Supervisor Grosskopf, der pikanterweise in Schweden im Zusammenhang mit dem vermeintlich finalen Abgang Kamprads zitiert wurde: „Ingvar wird nicht mehr länger mit seinen Meinungen, Ratschlägen und all dem anderen wie früher beitragen.“

Der Gründer des weltgrößten Möbelhändlers Ikea über das Verhältnis zu seinen Söhnen, seinen ewigen Drang zum Sparen und die plötzlich erwachte Spendierlaune.

Blitzschneller Konter

Der Termin schien strategisch mit Winkelmaß austariert. Neun Monate nach dem Tod von Ehefrau Margaretha, Mutter der drei Söhne und in guten wie auch in schlechteren Zeiten mehr als ein halbes Jahrhundert mit Ingvar vereint, macht dem Gründer das private Vakuum noch immer merklich zu schaffen. Sein Verstand aber wirkt nach wie vor scharf wie eine Stichsäge. So einfach lässt sich das unternehmerische Urgestein nicht aus dem Sessel kippen.

Wie der Versuch einer Vertreibung wirkte jedenfalls, dass parallel zum schwadronierenden Grosskopf die Söhne des alten Schweden erstmals öffentlich ins Bild traten und sich als die neuen starken Männer im Konzern gebärdeten. So pries Mathias, der jüngste Spross der Möbelfamilie, sich und seine Brüder vollmundig an: „Wir sitzen schon so lange Jahre in den Gremien, dass die Mitarbeiter überhaupt keinen Unterschied feststellen werden.“ Stammhalter Peter, selbst Vater zweier erwachsener Kinder, habe knallhart „unseren Einfluss auf die Gruppe“ angekündigt, und zwar in den Verwaltungsräten, nicht im operativen Management. Zur Präsentation in der Ikea-Mitarbeiterzeitung „Readme“ hatte sich das Juniorentrio sogar zum ersten Mal überhaupt für die Öffentlichkeit gemeinsam fotografieren lassen.

Skurrile Züge

Meinungsverschiedenheiten wie derzeit im Ikea-Clan sind in Familienunternehmen keine Seltenheit. Aber bei dem schwedischen Möbelriesen haben sie skurrile Züge: Bei familiären Disputen unterhalten sich die Junioren auf Französisch – auch, wenn der Senior dabei sitzt. Die drei Söhne sind im französischsprachigen Teil der Schweiz zur Schule gegangen, nachdem die fünfköpfige Familie vor 36 Jahren aus der schwedischen Heimatprovinz Smaland über Dänemark an den Genfer See zog. Die Junioren erwarben später das Schweizer Bürgerrecht, wobei auch die Sprachkenntnisse geprüft wurden.

Als Putschversuch will der greise Vater das Vorpreschen seiner drei Söhne trotzdem nicht werten, allenfalls als einen Streit, wie er eben in jeder Familie mal vorkomme. Wie ein Geniestreich wirkt deshalb des Seniors blitzschneller Konter, am Tage seines angeblichen Rückzugs den neuen Konzernchef öffentlich auszurufen: Peter Agnefjäll, Ikea-Chef in Schweden, soll in zwölf Monaten den heutigen Ikea-Weltenlenker Mikael Ohlsson beerben.

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