Gesellschaftsspiele Klassiker lassen die Kasse klingeln

Gartenschlacht – nicht mit ihrem Nachbar, sondern auf dem Brett. In Göttingen werden derzeit die neuesten Gesellschaftsspiele präsentiert. Die manchmal skurrilen Erfindungen sorgen für Begeisterung.

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Analoges Vergnügen: Gesellschaftsspiele liegen im Trend. Quelle: dpa

Göttingen Das klassische Gesellschaftsspiel ist nicht out – im Gegenteil. „Die Brettspiel-Branche in Deutschland entwickelt sich trotz aller Apps und Computerspiele seit Jahren sehr gut“, sagt der Vorsitzende des Vereins „Spieleverlage“, Hermann Hutter. In dem Verein sind die wichtigsten deutschen Unternehmen des Segments zusammengeschlossen. Allein im vergangenen Jahr betrug der Umsatzzuwachs gut zehn Prozent.

Die Branche setzt dabei nicht nur auf Dauerbrenner, wie „Mensch ärgere Dich nicht“, „Monopoly“ oder „Siedler von Catan“. Einmal im Jahr suchen die Verleger beim internationalen Spieleautoren-Treffen in Göttingen nach Neuentwicklungen, um sie auf den Markt zu bringen. Bei der 35. Auflage des Treffens präsentierten am Wochenende rund 200 Autoren aus mehreren Ländern Hunderte von neuen Spielideen.

Nina Fleischer und Julia Knoke zum Beispiel versuchen es mit „Gartenschlacht“. In dem Spiel für die ganze Familie soll ein Garten mit Hilfe von Würfeln, Aktions- und Aufgabenkarten sowie allerlei Geräten von Maulwürfen und Wühlmäusen befreit werden. Alles liegt spielbereit auf einem Tisch in der vollbelegten Göttinger Stadthalle.

Die Unternehmensberaterin und die Verwaltungsangestellte aus dem nordrhein-westfälischen Kreis Herford sind erstmals beim Spieleautoren-Treffen dabei und mit der Resonanz zufrieden. „Wir haben ein sehr gutes Feedback bekommen“, sagt Knoke. „Aber wir müssen wohl noch einiges verbessern, damit das Spiel eine Chance hat, publiziert zu werden.“

„Göttingen ist das bundesweit größte und wichtigste Treffen der Branche und der Marktplatz, auf dem sich die Spielerfinder und die Redakteure der Spieleverlage treffen“, sagt Hutter, der selbst einen Verlag betreibt. Dabei entscheidet es sich dann, welche neuen Gesellschaftsspiele in den kommenden Jahren auf den Markt gebracht werden.


Von 1.000 Neuentwicklungen sind hundert erfolgreich

Mit „Dämonenbeschwörung“ ist Sirko Rückmann aus Hamburg am Start. In dem Denk- und Strategiespiel, in dem Karten für Glück oder Pech sorgen können, geht es darum, zur Not auch mit Hilfe von Dämonen einen Schatz zu erobern. „Ich habe mit mehreren Verlagen gesprochen“, sagt Rückmann, der von Beruf Konzeptautor ist und die Spiele-Entwicklung als Hobby ansieht. Er hoffe nun auf seine Veröffentlichung.

Manfred Schüling ist dagegen ein alter Hase. Sein Spiel „Zatre“ war zum „Spiel des Jahres“ in Deutschland nominiert und hat diesen Titel in Frankreich errungen. Der 81-jährige Rentner aus Berlin zeigt die neueste seiner bisher rund 40 Spiele-Entwicklungen: „WÖ.RTELN“, ein Spiel mit Buchstaben, Jokern und Wörtern. „Ich habe gute Hoffnung, das es bald publiziert wird“, sagt der frühere Großhändler.

„Man findet in Göttingen regelmäßig Spiele, die sich gewinnbringend auf den Markt bringen lassen“, erläutert „Spielverlage“-Vorsitzender Hutter. „Und wer ein gutes Spiel entwickelt hat, das in großer Stückzahl verkauft wird, kann damit auch gutes Geld verdienen.“

„Es lohnt sich, neue Spiele zu entwickeln“, sagt auch Christian Beiersdorf, Geschäftsführer der „Spieleautoren-Zunft“, in der mehr als 400 Erfinder zusammengeschlossen sind. „Die Nachfrage ist groß.“ Pro Jahr kämen gut 1.000 Neuentwicklungen auf den Markt. „Gut 100 davon sind erfolgreich“, schätzt „Spielverlage“-Chef Hutter. „Weitere 200 bis 300 laufen ganz ordentlich. Der Rest verschwindet bald wieder.“

Die Chance, dass ein Spiel tatsächlich auf den Markt kommt, liege bei eins zu zehn, schätzt Reinhold Wittig, der das Spieleautoren-Treffen 1982 ins Leben rief. Seither wurden dort weit über 10.000 Spiele gezeigt. Zu den Neuentwicklungen dieses Jahres gehört auch das Strategie-Spiel um einen intergalaktischen Bürgerkrieg zwischen Gut und Böse, das der Polizist Thomas Eberhard aus der Nähe von Koblenz entwickelt hat. Ob er damit

Erfolg haben wird, weiß der 32-Jährige noch nicht. Sicher sei jedoch, dass die Gesellschaftsspiele insgesamt für den Deutschen Verband der Spielwarenindustrie von großer Bedeutung sind, sagt deren Sprecher Rolf M. Günthner. „Die Gesellschaftsspiele sind nach wie vor der Renner.“

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