Gesundheitsprodukte Danones großer Joghurt-Flop

Warum der französische Milchriese Danone mit seinen angeblichen Gesundheitsjoghurts in Deutschland gegen die Wand fährt.

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Activia-Werbeaktion von Danone aus dem letzten Herbst. Die deutschen Verbraucher kaufen weniger Gesundheitsjoghurts Quelle: Pressebild

Es sollte der dritte Kassenschlager des französischen Lebensmittelriesen Danone binnen weniger Jahre werden. Nach Actimel und Activia flutete die Marketingmaschine aus Paris im September 2010 die Kühlregale deutscher Lebensmittelketten mit Danacol – einem Trinkjoghurt mit cholesterinsenkender Wirkung, so jedenfalls das Werbeversprechen.

Des Erfolges waren sich die Franzosen sicher. 70 Prozent der erwachsenen Deutschen, so ihre Rechnung, haben einen erhöhten Wert: macht 45 Millionen mögliche Kunden. In fünf Jahren, folgerte daraus die deutsche Danone-Niederlassung in Haar bei München, könnte Danacol zwischen Rhein und Oder rund 80 bis 100 Millionen Euro in die Konzernkasse pumpen.

Denkste! Nach eineinhalb Jahren auf dem Markt dümpelt Danacol bei einem Jahresumsatz von rund drei Millionen Euro. Das zeigen vertrauliche Zahlen des Frankfurter Marktforschungsinstituts Nielsen, die im Auftrag von Unternehmen erhoben werden und der WirtschaftsWoche vorliegen. „Wir hatten uns mehr erhofft“, sagt Andreas Ostermayr, Chef von Danone in Deutschland.

Die dreistesten Mogelpackungen
Den Verbrauchern werden zunehmend trügerische Keks- und Knabberpackungen untergejubelt. Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen kritisiert die Produkte namhafter Hersteller in Supermärkten und Discountern, die im Schnitt 40 Prozent ihrer Packungen für Luft vorbehalten. In Packungen zwischen 75 bis 300 Gramm seien Sichtfenster angebracht, die mehr Fülle und Volumen suggerierten. Oberhalb des Sichtbereiches gibt es allerdings keine Kekse oder kein Knabberzeugs mehr - sondern nur Luft. Die kleinen Mengen werden bewusst in XXL-Packungen abgefüllt - Täuschungsversuche, die nach dem Lebensmittelgesetz nicht erlaubt sind.
Eine verdeckte Preiserhöhung von ganzen 31 Prozent schafft der Discounter Aldi Nord mit seinem Cappuccino-Pulver. In der Dose sind 200 Gramm loses Pulver - die Pappschachtel mit zehn Einzelportionen hat nur noch 125 Gramm Getränkezubereitung. Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg
Neue Formel - aber eben auch eine neue Verpackungsgröße: Die Palmolive Naturals Flüssigseife hat statt 300 nur noch 250 Milliliter Inhalt. Der Preis ist allerdings der alte geblieben. Das entspricht einer versteckten Preiserhöhung von 20 Prozent. Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg
Gleicher Preis, weniger drin: Das kann auch der Geschirrspül-Tabs-Hersteller Calgonit. Bei den Finish Powerballs sind neuerdings vier Spültabs weniger enthalten. Das entspricht einer heimlichen Preiserhöhung von 11 Prozent. Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg
Als besonders dreisten Fall präsentiert die Verbraucherzentrale Hamburg den Nutella-Brotaufstrich. Das große Werbeversprechen: "Mehr drin". Die bittere Wahrheit: Ja, schon - aber dafür ist die Nougatcreme auch überproportional teurer. Das 400-Gramm-Glas kostete 1,99 Euro, die neue Packung mit 450 Gramm kostet 2,39 Euro. Eine verdeckte Preiserhöhung von immerhin 6,8 Prozent. Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg
Mars Miniatures Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg
Zweimal "Persil Universal-Gel" - ein Unterschied: Während die alte Flasche (links) noch für 45 Waschladungen reichen sollte, lassen sich mit der neuen Flasche nur noch 40 Waschmaschinenladungen bestreiten. Auch bei anderen Waschmitteln der Firma Persil soll die Füllmenge - bei gleichem Preis - reduziert worden sein, heißt es auf der Internetseite der Verbraucherzentrale. Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg

Konsumtrend: Genuss statt Verzicht

Vielleicht glauben die Deutschen der Werbung für Danacol zu wenig, dass ein Joghurtdrink Volksleiden lindern oder bekämpfen könne. Oder ihnen schmeckt Danacol einfach nicht. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Franzosen Opfer eines neuen Konsumtrends sind, der ihre bisherige Strategie konterkariert: hin zu mehr Genuss und Natürlichkeit, weg vom probiotischen Klimbim und funktionellem Firlefanz, bei dem Lebensmittel mit angeblich gesundheitsfördernden Substanzen aufgerüstet werden.

Dies legen jedenfalls Zahlen nah, die Nielsen über den Umsatz von Danone in Deutschland in den ersten neun Monaten 2011 erhob. Danach verloren die vermeintlichen Lebenshelfer Activia und Actimel, während der kalorienreiche Danone-Pudding Dany Sahne kräftig zulegte. Überhaupt gibt es laut Nielsen im Kühlregal nur zwei Produktarten, die im vergangenen Jahr zulegten: Naturjoghurt und Naturquark.

Werbung stark zurückgefahren

Joghurt Quelle: Rainer Zenz

Activia hingegen, der angebliche Darmflottmacher, verlor von Januar bis Oktober 2011 rund 13 Prozent seines Umsatzes im Vergleich zum Vorjahr. Actimel, der vermeintliche Immunsystemstärker, büßte rund zwölf Prozent ein. Der mit großem Getöse 2010 auf den Markt gebrachte angebliche Cholesterinsenker Danacol konnte Umsatz und Absatz zwar steigern, nicht zuletzt weil er von null startet.

Doch 2011 blieb der Neuling mit drei Millionen Euro Umsatz in den Startlöchern stecken. Da Nielsen Endverbraucherpreise erhebt, dürfte für Danone nach Abzug der Handelsspanne und der Mehrwertsteuer lediglich ein Umsatz von rund 1,5 Millionen Euro anfallen – betriebswirtschaftlich eine Katastrophe.

Zu allem Überfluss verlor Danone auch noch bei seinem dritten Massenprodukt in Deutschland, den vermeintlich gesunden Fruchtzwergen. Der mit Calcium, Vitamin D und viel Zucker aufgemotzte Joghurt für Kinder musste laut Nielsen einen Umsatzrückgang um gut fünf Prozent hinnehmen.

„Mit Actimel und Activia sind wir nicht jede Promotionaktion im Handel mitgegangen“, sagt Danone-Manager Ostermayr. Zudem habe Danone aufgrund gestiegener Rohstoffkosten auch die Werbung stark zurückgefahren. „Schließlich können wir den Euro ja auch nur einmal ausgeben.“ Das alles kostete Umsatz und Absatz. Jetzt will Ostermayr wieder angreifen: Seit Jahresbeginn versucht Danone mit TV-Spots rund um neue Varianten bei Actimel und Activia verlorenes Terrain zurückzuerobern.

Umweltfreundliche Anmutung

Parallel zu den Problemen in den Regalen reißen auch die Negativ-Schlagzeilen rund um Danone-Produkte nicht ab. Dabei hatte Danone einiges unternommen, um Angriffe auf seine künstlichen Lebensmittel durch eine möglichst umweltfreundliche Anmutung zu kontern. Im April vergangenen Jahres brachten die Franzosen Activia in einen Becher aus dem Biokunststoff Polylactid (PLA) statt aus erdölbasiertem Polystyrol auf den Markt, den sie als besonders umweltschonend bewarben.

Und das, obwohl das Heidelberger IFEU-Institut sogar im Auftrag des Konzerns festgestellt hatte, dass der PLA-Becher aus gesamtökologischer Sicht nicht besser abschneidet als der Polystyrol-Becher. Trotzdem erklärte sich Danone erst nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe beim Landgericht München im vergangenen Herbst bereit, auf die irreführende Werbung zu verzichten. Für Danacol wird übrigens seit einem Jahr überhaupt nicht mehr geworben. Völlig freiwillig.

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