Goldener Windbeutel an Kretschmann "Wir können alles. Außer Babynahrung"

Aletes Trinkmahlzeit für Kinder wurde im Herbst als dreisteste Werbelüge angeprangert. Nun überreichte Foodwatch dem Land Baden-Württemberg und dessen Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Goldenen Windbeutel.

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Eine Karikatur von Foodwatch zeigt den Baden-Württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Quelle: Foodwatch

Mit einem Transparent hat Foodwatch vor der baden-württembergischen Staatskanzlei protestiert - dem Amtssitz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann: "Wir können alles. Außer Babynahrung. Alete: ein Unternehmen des Landes Baden-Württemberg". Alete war im Herbst 2014 von Foodwatch mit dem Goldenen Windbeutel ausgezeichnet worden – einem Negativpreis für die größte Werbelüge. Damals gehörte das Unternehmen noch zu Nestlé.

Zum Jahreswechsel 2014/2015 ist das Land Baden-Württemberg mittelbarer Teilhaber von Alete geworden – Nestlé hatte das Unternehmen verkauft. Um abermals auf die Mängel der Alete-Produkte aufmerksam zu machen, reichte Foodwatch den Negativpreis weiter - diesmal stellvertretend für Alete an Kretschmann.

Foodwatch-Aktivistinnen demonstrieren in der Auffahrt zum Staatsministerium Baden-Württemberg. Quelle: dpa

Laut eigener Aussage fühle sich Baden-Württemberg nicht für die Produktpolitik bei Alete verantwortlich. In einem Schreiben an Foodwatch hatte Kretschmann allerdings vor der Verleihung des Goldenen Windbeutels noch versichert, mit den Aufsichtsräten von Alete eine „verbraucherfreundliche Lösung“ finden zu wollen, so Foodwatch. Das zeige, dass Baden-Württemberg durchaus Einflussmöglichkeiten hätte.

Konkret wirft der Verein Baden-Württemberg vor, vom Erfolg von Alete zu profitieren – dieser resultiere aber aus dem Verkauf von ungesunder Babynahrung. Von fünf Produkten rate die baden-württembergische Landesregierung selbst ausdrücklich ab. Alete sei der Babynahrungshersteller, dessen Produkte am häufigsten im Widerspruch zu Ernährungsempfehlungen für Säuglinge stünden, moniert Foodwatch.

"Alete Trinkmahlzeit" ist die dreisteste Werbelüge des Jahres
Foodwatch hat Verbraucher über die dreisteste Werbelüge des Jahres abstimmen lassen. Der Goldene Windbeutel 2014 geht an eine Kindernahrung... Quelle: dpa
Der zweifelhafte "Sieger" des Rankings ist die Alete Trinkmahlzeit von Nestlé. 45,8 Prozent der Verbraucher kürten die kariesfördernde Kalorienbombe zur dreistesten Werbelüge des Jahres. Foodwatch fordert Nestlé auf, das Produkt vom Markt zu nehmen: "Kalorienreiche Trinkmahlzeiten sind für Säuglinge völlig ungeeignet. Nestlé muss die Produkte aus dem Handel nehmen und endlich aufhören, Profit auf Kosten der Gesundheit von Babys zu machen", sagte Oliver Huizinga, Foodwatch-Experte für Lebensmittelwerbung. Quelle: Foodwatch
Auf dem zweiten Platz landete die Knorr activ Hühnersuppe mit 25,2 Prozent der Stimmen. Foodwatch bemängelt, dass die "Hühnersuppe" kein Hühnerfleisch enthält. Quelle: Foodwatch
Platz drei ging in diesem Jahr an das Glacéau Vitaminwater von Coca-Cola. 14,6 Prozent der Verbraucher wählten das mit Vitaminen gepimpte Wasser. Quelle: Foodwatch
Der Belvita Frühstückskeks landete auf Rang vier mit 11,5 Prozent der Stimmen. Quelle: Foodwatch
Mit 2,9 Prozent der Verbraucherstimmen ging der fünfte Rang an den Unser Norden Bio Apfelsaft naturtrüb der Coop eG. Das Unternehmen hatte bereits während der laufenden Wahl angekündigt, bei allen unter der Eigenmarke „Unser Norden“ verkauften Produkten in Zukunft eine regionale Herkunft der Zutaten auch sicherzustellen, teilt Foodwatch mit. Beim Bio-Apfelsaft hatte die Handelsgenossenschaft nach mehrfacher Nachfrage eingeräumt, aller Regionalitätswerbung zum Trotz die Äpfel auch von außerhalb Norddeutschlands zu beziehen. Quelle: Foodwatch
Im Jahr 2013 hatte die Capri-Sonne von Wild/SiSi-Werke den Negativ-Preis gewonnen. Und zwar als Schul-Marketing und Sport-Schwindel. Bei gesponserten Sport-Events werden Kinder gezielt angesprochen, außerdem verteilt Capri-Sonne Unterrichtsmaterial mit Markenlogo und Lernaufgaben. Neben Capri-Sonne hatte Foodwatch vier weitere Lebensmittel für Kinder zur Abstimmung gestellt, die nach Ansicht der Verbraucherschützer besonders dreist beworben werden. An der Abstimmung beteiligten sich fast 120.000 Verbraucher. Auf die Capri-Sonne entfielen mehr als 51.000 Stimmen. Quelle: Foodwatch

„Das Land ist als mittelbarer Teilhaber mitverantwortlich für diese Produkte“, heißt es in der Pressemitteilung zur Verleihung des Goldenen Windbeutels. „Herr Kretschmann muss sich entscheiden: Entweder kann er die Alete-Produktpolitik zum Guten beeinflussen, oder er muss sich mit seinen Landesbanken aus der Beteiligung zurückziehen.“

Schon im vergangenen Jahr hatte Alete die Online-Wahl für die dreistete Werbelüge gewonnen. Damals erhielt das Unternehmen mehr als 72.000 Stimmen von rund 158.000 abgegebenen.

Seitdem stehen die Trinkmahlzeiten allerdings weiterhin im Handel und werden „fälschlicherweise wie babygerechte Produkte vermarktet“, wettert Foodwatch. Dabei kritisierten Kinderärzte, dass Trinkbreie Karies, Überfütterung und ungesundes Essverhalten förderten.

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