Handel Der Black Friday verdrängt das Christkind

Eine Umfrage unter Händlern belegt: Das Weihnachtsgeschäft verschiebt sich immer mehr in den November. So sehr die aus den USA importierte Rabattschlacht den Kunden freut, für den Einzelhandel birgt sie Gefahren.

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Werbung für Sonderangebote: Auch beim Black Friday steht der Preis im Vordergrund. Quelle: dpa

Düsseldorf Noch vor wenigen Jahren dachten viele Deutsche bei der Bezeichnung „Black Friday“ eher an einen Börsencrash. Dass dieser Tag der umsatzstärkste im amerikanischen Einzelhandel ist, war den meisten Kunden hierzulande unbekannt. Doch das hat sich dramatisch geändert. Nach einer repräsentativen Umfrage von Statista im Auftrag der Schnäppchenseite mydealz kennen bereits 89 Prozent der Befragten dieses Shoppingevent. Und fast zwei Drittel der Umfrageteilnehmer wollen diesen Tag für besondere Einkäufe nutzen.

Traditionell fällt der Black Friday auf den Tag nach dem amerikanischen Feiertag Thanksgiving, in diesem Jahr ist das der 24. November. Da haben viele Amerikaner einen Brückentag und stürzen sich mit der Familie in die Geschäfte. Zahlreiche Händler versuchen mit hohen Rabatten und  Marketingaktionen diesen Boom auf Deutschland zu übertragen. Ganz vorne dabei sind die Elektronikhändler. So hat Saturn beispielsweise auch in diesem Jahr eine ganze „Black Week“ ausgerufen.

Deutlich mehr als eine Milliarde Euro dürften die Deutschen allein im Onlinehandel nach Schätzung von Experten an diesem verlängerten Wochenende ausgeben. Allerdings zeigt sich auch: Nennenswert zusätzlichen Umsatz können nur wenige Händler damit erzielen. Häufig geht das Geschäft am Black Friday und dem darauf folgenden Cyber Monday auf Kosten des Weihnachtsgeschäfts.

Das belegt nun erstmals eine Umfrage unter mehr als 200 Onlinemarktplatzhändlern, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Für 38 Prozent der befragten Händler sind die zwei letzten Wochen im November bereits die wichtigsten im Weihnachtsgeschäft. Das sind sind 7,5 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Die letzte Woche vor Heiligabend ist nur noch für 9,4 Prozent der Befragten die wichtigste Zeit im Weihnachtsgeschäft.

Mehr in der Kasse bleibt bei den meisten dadurch nicht. Nur 42 Prozent erwarten in diesem Jahr steigende Umsätze in den sechs Wochen vor den Festtagen. Und dabei wurden in der Umfrage, die das Forschungsinstitut ECC im Auftrag von Ebay durchgeführt hat, nur Onlinehändler befragt, die deutlich stärker von den neuen Shoppingevents profitieren als der stationäre Handel.

„Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Cyber Week mittlerweile auch in Deutschland zu einem festen Bestandteil des Weihnachtsgeschäfts geworden ist“, erklärt Ebay-Deutschlandchef Eben Sermon. „Es findet eine Verschiebung der Umsätze insbesondere von der ersten Dezemberhälfte auf die zweite Novemberhälfte statt.“ Rund 15 Prozent der befragten Händler gehen davon aus, dass die Cyber Week mehr als 40 Prozent ihres Weihnachtsgeschäfts ausmachen wird.


Auf den Rausch folgt oft der Kater

Getrieben wird dieses aus den USA importierte Event vom weltgrößten Onlinekaufhaus, dem US-Giganten Amazon. Der veranstaltet auch dieses Jahr wieder eine Cyber-Monday-Woche, die bereits am 20. November startet. Rund 10.000 Sonderangebote wirft er im Stundentakt auf die Webseite und wirbt dabei mit Rabatten von bis zu 50 Prozent.

„Kurzfristige Aktionen wie die Cyber Week sind natürlich eine große Chance, verstärkt Umsatz zu generieren und neue Kunden auf sich aufmerksam zu machen“, sagt Kai Hudetz, Geschäftsführer des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH. Doch sie können gefährliche Nebenwirkungen haben. „Um auch langfristig davon zu profitieren und Neukunden grundsätzlich vom eigenen Angebot zu überzeugen, dürfen Händler aber nicht nur durch den Aktionspreis punkten, sondern müssen auch mit exzellentem Service und Kundenbindungsmaßnahmen aufwarten“, mahnt er.

Doch das ist häufig leichter gesagt als getan, in der Regel steht der Preis im Fokus. Denn um mit dem Shopping-Feuerwerk von Amazon halbwegs mithalten zu können, müssen sich deutsche Händler mit teils ruinösen Nachlässen Umsatz erkaufen. Darunter leidet dann das Weihnachtsgeschäft, das früher nicht nur einen Großteil des Jahresumsatzes brachte, sondern auch dringend benötigte Gewinne.

Exemplarisch sieht man das an Kaufhof. Der Warenhauskonzern hat – inspiriert von seinem nordamerikanischen Eigentümer Hudson‘s Bay Company – im vergangenen Jahr ebenfalls eine komplette „Black Week“ ausgerufen und mit Rabatten nur so um sich geschmissen. Das Ergebnis waren rote Zahlen im Weihnachtsquartal und ein verlorenes Jahr in der Sanierung des angeschlagenen Unternehmens.

Dazu kommt: Der Rummel um das Shoppingevent weckt Begehrlichkeiten. Nach Medienberichten hat eine „Super Union Holding“ aus Hongkong als Inhaberin der Wortmarke Black Friday Klage gegen Amazon eingereicht. Das Unternehmen fordert von dem US-Handelsriesen Schadensersatz wegen der ungenehmigten Verwendung der Wortmarke. Auch zahlreiche andere Onlinehändler wurden in den vergangenen Jahren immer wieder abgemahnt – obwohl umstritten ist, ob der Begriff überhaupt als Wortmarke eingetragen werden darf.

Dem Rabattrausch folgt bei vielen Händlern rasch der Kater. „Der Kunde verlernt immer mehr, den Preis und das Preis-Qualitäts-Verhältnis zu schätzen, seine reguläre Zahlungsbereitschaft nimmt ab“, beobachtet Handelsexperte Philipp Prechtl von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner. Im Extrem warte der Kunde bald bei allen Marken, die nicht topangesagt und damit schnell ausverkauft sind, immer länger mit dem Kauf. In der Konsequenz bedeute das einen immer stärkeren Druck auf die Renditen.

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