Hanjin-Pleite Gefangen in der Flaute der Globalisierung

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Moderne fliegende Holländer

Nachdem die Hanjin Europe die Anker gelichtet und Hamburg verlassen hat, ist die Hanjin-Krise für die Hansestadt indes nicht vorbei. Zum einen warten zahlreiche Kaufleute und Unternehmen weiterhin auf Ware, die auf Hanjin-Schiffen unterwegs ist. Zum anderen nimmt offenbar bereits das nächste Problem Kurs auf Hamburg: die „Hanjin Harmony“. 

Die beliebtesten Flaggen der deutschen Reeder

„Wir wissen, dass sie plant, nach Hamburg zu kommen“, sagte in der vergangenen Woche ein Sprecher der Hafenbehörde HPA. Doch man habe der Reederei bereits vor Tagen schriftlich mitgeteilt, dass eine Einfahrt nur möglich sei, „wenn für die Einfuhr und Ausfuhr schriftliche Bestätigungen vorliegen, dass die privaten Anbieter wie die Schlepper und Lotsen das Schiff bedienen“, heißt es.

Doch für die Harmony, die nach mehreren Tagen auf Reede vor Le Havre aktuell durch den Ärmelkanal schippert, gelten andere Bedingungen als für die Europe: Die Reederei Hanjin hat das Schiff nur gemietet, tatsächlich gehört es dem stadtbekannten Hamburger Reeder Peter Döhle, genauso wie drei weitere Schiffe.

Für den Schiffsvermieter ist das ein sensibles Thema. Denn die Frachter bringen kein Geld ein, und noch ist unklar, wann die Vermieter sie anderen Reedereien wieder anbieten könnten. „Wir sagen nichts“, heißt es dort nur, die zuständige Mitarbeiterin legt den Telefonhörer noch mitten in der Frage auf.

Laut einem noch nicht bestätigten Bericht des „Wall Street Journal“ erwägt Hanjin derzeit, die insgesamt 61 von Drittanbietern gecharterten Schiffe an die Eigner zurückzugeben. Dazu würde auch die „Harmony“ zählen. Das angeschlagene Unternehmen wolle seine eigene Containerflotte um mehr als die Hälfte verkleinern, um sich womöglich noch zu retten.

Die größten Reedereien der Welt
Platz 10Mit einer einer Transportkapazität von knapp 600.000 TEU und einem Marktanteil von 2,8 Prozent hat es die taiwanesische Yang Ming Marine Transport Corp. in die Top 10 der weltweit größten Reedereien geschafft. Yang Ming ist mit 172 Niederlassungen in 73 Ländern vertreten und gehört damit zu den größten Transportunternehmen weltweit.Quelle: Alphaliner, Stand: Juni 2016 Quelle: dpa
Platz 10Die Orient Overseas Container Line, kurz OOCL, kann mehr als 570.000 Standardcontainer transportieren, ergibt eine Auswertung des Branchendienstes Alphaliner von Februar 2016. Das sind drei Prozent Weltmarktanteil. Damit landet das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Hongkong auf dem zehnten Platz der größten Reedereien der Welt.Quelle: Alphaliner, Stand: Februar 2016 Quelle: dpa
Platz 8Mit einem Transportvolumen von rund 625.000 geht die Reederei Hanjin Shipping auf dem achten Platz vor Anker. Das Unternehmen sitzt in Seoul und gehört mit weiteren Unternehmen wie der Fluggesellschaft Korean Air zur Hanjin Group. Die Schiffe von Hanjin fahren hauptsächlich zwischen Ostasien, Europa und der Westküste der USA. Mittlerweile ist Hanjin Shipping pleite. Quelle: AP
Platz 8Auf Rang Acht landet die Deutsche Reederei Hamburg Süd mit einer Kapazität von knapp 650.000 Standardcontainern. Das Unternehmen wurde 1871 von elf Hamburger Handelshäusern gegründet. Heute ist es im Besitz der Oetker-Gruppe. Quelle: dpa
Platz 5Auf Position fünf des Rankings: Die Reederei Hapag-Lloyd mit Sitz in Hamburg besitzt am 22. Februar 2016 dem Branchendienst Alphaliner zufolge eine Kapazität von 920.559 Standardcontainern. Das sind fast sechs Prozent Weltmarktanteil. Die tief gefallenen Ölpreise sorgten auch bei der größten Reederei Deutschlands für Probleme: Eine Gewinnwarnung des Weltmarktführers Møller-Maersk hatte im vergangenen Jahr den Börsengang erschwert. Die Hamburger mussten ihre Aktien billiger anbieten, um Investoren zu finden. Darunter litten auch die Großaktionäre - Tui, die Stadt Hamburg, und der Großspediteur Klaus Michael-Kühne. Quelle: AP
Platz 4Mit 927.428 Containern Kapazität schafft es Evergreen Line aus China auf Position vier. Damit hat Evergreen Hapag-Lloyd eingeholt. Die Schiffe der Flotte tragen übrigens alle auch den Zusatz „Ever“ im Namen. Quelle: REUTERS
Platz 4Durch die Fusion der China Ocean Shipping Company (COSCO) mit der China Shipping Container Lines (CSCL) ist Anfang des Jahres der Anbieter mit der weltweit größten hauseigenen Flotte im Reich der Mitte entstanden. Mit einem Transportvolumen von 1.573.498 und einem Marktanteil von 7,6% hat sich der neue chinesische Container-Riese auf Platz vier katapultiert. Quelle: dpa

Die Wahrscheinlichkeit für eine Abwicklung des hoch verschuldeten Unternehmens sei aber noch immer groß, schrieb das Blatt. Der Konzern wollte sich nicht zu dem Bericht äußern und verwies darauf, dass der Sanierungsplan erst im Dezember vorgelegt werden muss.

Für die Seeleute auf der Hanjin Europe heißt das zunächst: Sie müssen weiter warten, im Meer vor Langeoog, moderne fliegende Holländer, die sie sind. Die Ungewissheit setzt sich fort.

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