In die Unternehmensgrafik, die Hapag-Lloyd-Vorstandschef Rolf Habben Jansen heute Anlegern und Analysten präsentiert, hat er vorsorglich nur aufwärts zeigende Pfeile malen lassen. „Erfolgreiche Umsetzung“, steht an dem einen, „Stärkung des profitablen Wachstums“ an dem anderen. „Unser Weg nach vorne“, hat der Niederländer seine Präsentation überschrieben.
Allein: Mit der Wirklichkeit hat sie wenig gemein. Im ersten Halbjahr 2016 sackte das Konzernergebnis gegenüber dem Vorjahreszeitraum um gewaltige 300 Millionen Euro ab – auf einen Verlust von 142 Millionen Euro. Das Kapital, dass die weltweit fünfgrößte Container-Reederei in den Betrieb von insgesamt 170 Frachtschiffen investiert hat, kam so auf eine Minusrendite von 1,3 Prozent.
„Das Halbjahresergebnis ist enttäuschend“, gestand Habben Jansen ein. Zwar liefen die Kostensenkungsprogramme weiterhin erfolgreich, und auch die Synergien aus dem vor anderthalb Jahren erfolgten Zusammenschluss mit dem chilenischen Wettbewerber CSAV würden „planmäßig geliefert“. Dies reiche jedoch nicht aus, um den deutlichen Rückgang der Frachtraten zu kompensieren. Aktuell liegt der durchschnittliche Transportpreis für einen Standardcontainer (TEU) mit 1.042 Dollar fast ein Fünftel unter dem Vorjahr.
Für den Preisschwund macht Deutschlands größte Container-Linienreederei das verhaltene Wirtschaftswachstum in vielen Teilen der Welt verantwortlich. Analysten der NordLB glauben, dass vor allem die britische Entscheidung für den Ausstieg aus der EU das Geschäft derzeit lähmt.
Hinzu kommt ein anhaltend scharfer Wettbewerb in der Linienschifffahrt. Den allerdings hat sich die Branche selbst eingebrockt, indem sie mit einer überbordenden Zahl neuer Mega-Schiffe für erhebliche Überkapazitäten auf den Weltmeeren sorgt.
Mit einem Minus von 2,8 Prozent zum Mittag hielt sich der Kursverlust der erst im vergangenen November gestarteten Aktie in Grenzen. Mitte Juli schon hatte die Reederei gewarnt, das Ertragsniveau des Vorjahres nicht mehr erreichen zu können. Stattdessen gehe der Vorstand nun verglichen mit dem Vorjahr von einem deutlich sinkenden Betriebsgewinn aus.
Die meisten Analysten, darunter die von Berenberg, Warburg und Kepler Cheuvreux, beließen es dennoch bei ihrer Kaufempfehlung. Allein Warbung reduzierte das Kursziel leicht auf 30 Euro. Davon aber ist Hapag-Lloyd weit entfernt. Aktuell werden die Papiere nur bei rund 15,90 Euro gehandelt – ein Fünftel unter dem Ausgabepreis.
Die volle Wucht der Krise
Die Verluste der Container-Reederei treffen auch den Steuerzahler. Die Stadt Hamburg besitzt 20,6 Prozent der Aktien. Sie war vor ein paar Jahren eingestiegen, um den Verkauf des Hamburger Konzerns an einen Wettbewerber aus Singapur zu verhindern. Weitere Großaktionäre sind der einstige chilenische Wettbewerber CSAV (31,4 Prozent), der Schweizer Spediteur Klaus-Michael Kühne (20,2 Prozent) und der Reisekonzern Tui (12,3 Prozent). Ein Zusammenschluss mit der arabischen Container-Reederei UASC, der zum Jahresende angepeilt ist, wird die Anteile allerdings um rund ein Viertel verwässern.
Hapag-Lloyd ist längst nicht die einzige Reederei, die unter der Krise im Containergeschäft leidet. Auch die in Singapur gelistete Rickmers Maritime, Tochter des Hamburger Charterreeders Rickmers, bekommt die volle Wucht der Krise zu spüren. Nach den am vergangenen Freitag veröffentlichten Zahlen gingen im ersten Halbjahr 2016 die Chartereinnahmen um 31 Prozent zurück.
Rickmers Maritime wies mit 57 Millionen Dollar einen Nettoverlust aus, der den Umsatz von 39 Millionen Dollar sogar übertraf. Ursache waren die hohen Abschreibungen auf Schiffe, die nicht mehr zu den erhofften Charterraten zum Einsatz kommen.
Der Hamburger Mutterkonzern, dessen Bonität die Ratingfirma Creditreform mit dem bedenklichen Wert „CCC“ einstuft, hatte zuletzt ebenfalls ein stark rückläufiges Ergebnis gemeldet. Die im Juni 2018 rückzahlbare Unternehmensanleihe wird nur noch mit einem Kurs von 29 Prozent gehandelt.