Hapag-Lloyd Reedereichef kopiert die Lufthansa

Auf der Suche nach neuen Ertragsquellen plant Rolf Habben Jansen ein neues Preismodell. Am Ende könnten manche Container desselben Frachters sechs Tage länger unterwegs sein als andere.

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Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen kopiert die Lufthansa Quelle: dpa

Hamburg Preismodellen von Airlines wie der Lufthansa kann Rolf Habben Jansen, Chef von Deutschlands größter Containerreederei Hapag-Lloyd, neuerdings einiges abgewinnen. Dank zahlreicher Servicekategorien wie „Light“, „Classic“ oder „Flex“, der Business-Class und 14 zeitabhängigen Buchungsklassen kann ein Flug mit der Kranich-Airline von Frankfurt nach London unter 100 Euro kosten, leicht aber auch über 2.000. „Yield-Management“ nennen das die Airliner.

Von solch ausgeklügelten Preisstaffeln sind die weltweit operierenden Container-Reedereien seemeilenweit entfernt. Den Containerpreis pro Schiffsladung bestimmt die Frachtrate. Und die ist selbst auf den Megafrachtern für jede der mehr als 18.000 Stahlboxen nahezu gleich hoch.

Der 51-jährige Niederländer Habben Jansen, der vor gut drei Jahren das Steuerrad der schlingernden Hapag-Lloyd ergriff, vermutet daher im Yield-Management ungehobene Schätze. „Falls wir eine bevorzugte Be- und Endladung von Containern anbieten“, sagte er, „halte ich es für möglich, dass wir dafür von den Kunden eine Prämie bekommen.“

Der zu erzielende Zeitgewinn, für den ausgewählte Kunden zahlen sollen, ist erstaunlich hoch. Allein drei Tage benötigt ein Container-Frachter fürs Beladen, drei weitere dauert das Löschen. „Stahlboxen, die zuletzt an Bord kommen und damit als erste wieder entladen werden, sind sechs Tage schneller“, rechnet Habben Jansen vor.

Verursacht werden die langen Liegezeiten im Hafen erst durch das rasante Größenwachstum der Schiffe. War vor zehn Jahren aus technischen Gründen bei Frachtern mit 9.600 Container-Stellplätzen Schluss, befinden sich heute Schiffe für bis zu 22.000 Boxen im Bau. Mit unliebsamen Folgen für die Reedereien: Seit Jahren führt der Run auf immer größere Frachter zu massiven Überkapazitäten auf den Weltmeeren. Schiffsbetreiber wie die südkoreanische Hanjin oder die Hamburger Traditionsfirma Rickmers rutschten in die Pleite, andere, wie etwa die ehemalige Oetker-Tochter Hamburg Süd, verloren ihre Selbstständigkeit. Von den 20 größten Container-Reedereien, die vor fünf Jahren noch auf den Weltmeeren kreuzten, werden neun bis Ende 2018 verschwunden sein.

Nun will Hapag-Lloyd, dessen Geschäft sich durch die hinzugekauften Wettbewerber CSAV und UASC zuletzt verstärkte, die Riesenfrachter clever für zusätzliche Erträge nutzen. „Wir arbeiten daran, eine brauchbare IT für das Laufzeiten-Management zu entwickeln“, sagte Vorstandschef Habben Jansen am Mittwochabend in Hamburg. Das allerdings sei „nicht unkompliziert“.


Keine Zukäufe mehr nötig

Auch das in der Branche festgezurrte Beförderungsmodell will der Niederländer ändern. So sollen Kunden künftig nicht mehr feste Stellplätze etwa auf der „Hamburg Express“ oder der „Ningbo Express“ buchen, sondern nur noch einen Containertransport zwischen festgelegten Häfen zu einer gewünschten Geschwindigkeit. Das dafür notwendige Routing übernimmt dann die Reederei.

Ideen wie diese sind bei Hapag-Lloyd dringend gefragt. Nur mit vereinzelten Ausnahmen lieferte die weltweit fünftgrößte Container-Reederei in den letzten Jahren Gewinne ab. Dividenden gab es für die Gesellschafter des Seefahrtunternehmens, das seit November 2015 an der Börse sein Glück versucht, in den vergangenen zehn Jahren nicht.

Noch Mitte 2017 hatte Habben Jansen seinen Aktionären Hoffnung gemacht, dass man im Fall eines Netto-Jahresgewinns erstmals wieder über eine Ausschüttung nachdenke. Nach neun Monaten wies der Konzern Ende September 2017 tatsächlich einen Nettoertrag von acht Millionen Euro aus - nach einem Minus von 134 Millionen Euro im Vorjahr. Auch die Ratingagentur Standard & Poor's, die Hapag mit der schwachen Note „B+“ bewertet, hob ihren Ausblick auf „stabil“ an.

Ob es im Gesamtjahr für schwarze Zahlen gereicht hat, mag der Vorstandschef jedoch noch nicht sagen. Das Weihnachtsquartal war branchenweit geprägt durch sinkende Frachtraten und steigende Dieselpreise, was möglicherweise den Hamburgern den Endspurt vermasselte.

Dennoch zeigt sich der Vorstandschef für die kommenden Jahre optimistisch. Durch die Fusion mit der arabischen UASC habe man nun so viele moderne und große Schiffe, dass man in den kommenden zwei Jahren keine Zukäufe mehr benötige. Die Einnahmen könnten somit für den Schuldenabbau genutzt werden.

Der ist bitter nötig. Durch das Zusammengehen mit den hoch verschuldeten Arabern wuchs der Berg an Nettoschulden bis zum Jahreswechsel auf das Sechsfache des Jahresertrags vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda). In den kommenden 24 Monaten, versprach Habben Jansen gestern, werde man das Verhältnis auf den Faktor 3,5 reduzieren. „Ende 2019 wird unsere Bilanz wieder sehr gesund aussehen“ kündigte der Reedereichef an. 

Womöglich hilft dabei ja auch das Vorbild der Lufthansa. 

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