„Düsseldorf wird jetzt noch schnöseliger!“ Mit diesem Slogan wirbt HBC Europe seit mehreren Wochen in Düsseldorf für die Eröffnung der deutschlandweit ersten Filiale seiner Kaufhauskette Saks Off 5th. Das Geschäft wird im zu Kaufhof gehörenden Carschhaus nahe der Kö und damit an dem Ort beheimatet sein, der wie kaum ein anderer für eben jene Düsseldorfer Schnöseligkeit steht.
Trotzdem will Saks Off 5th nicht die klassische Kö-Schickeria ansprechen, die mit ihrem Prada-Täschchen aus der Hermés-Filiale in Richtung Gucci-Store schlendert. Jenseits des Atlantiks sind die Kanadier mit ihrem Konzept „Markenware für relativ wenig Geld“ erfolgreich. Der amerikanische Onlineshop listet Marken wie Ralph Lauren und Chloé mit Nachlässen von teilweise 60 Prozent. Nun soll mit dem Deutschlandstart auch die erste Filiale Europas eröffnet werden. Das preisbewusste Deutschland scheint wie gemacht für die Kette. Doch hierzulande betreibt bereits eine ganze Reihe anderer Unternehmen ein ähnliches Konzept.
An vorderster Front spielen dabei die Factory Outlets mit. Die sind klassischerweise auf dem Land oder am Stadtrand mit möglichst guter Anbindung an eine Autobahn und einem genügend großen Einzugsgebiet gelegen. Betrieben werden die Läden von den Herstellern, die dort ihre eigenen Produkte günstiger verkaufen. In Deutschland ist diese Vertriebsform im Vergleich zu anderen Ländern jedoch immer noch recht klein. Joachim Stumpf, Chef der Handelsberatung BBE, macht dafür auch die deutsche Gesetzgebung verantwortlich: „In Deutschland sollen vor allem die Innenstädte gestärkt werden. Factory Outlets an ihren typischen Fernverkehrsachsen laufen dem entgegen.“
Außerdem ist die Motivation, in Deutschland ein Factory Outlet zu eröffnen, eine andere als im Ursprungsland: In den Vereinigten Staaten muss der Hersteller nicht verkaufte Ware wieder zurücknehmen. Deshalb haben sich dort viele Factory Outlets etabliert, in denen die Hersteller ihre Ware doch noch verkaufen können.
Anders sieht es in Deutschland aus: Hier tragen die Händler das Risiko, die Ware nicht zu loszuwerden, weshalb sich hierzulande schon vor Jahren der Schlussverkauf durchgesetzt hat. Hersteller stehen somit nicht unter dem Druck, Factory Outlets zu eröffnen. Für sie ist es eher ein Zusatzgeschäft.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Klassische Factory Outlets sprechen zwar die gleichen Kunden wie Saks Off 5th an. Die Kanadier haben jedoch durch die Lage in den Innenstädten einen Standortvorteil. Zusätzlich zur Filiale in Düsseldorf sollen in diesem Jahr noch vier weitere Läden an Standorten der Kaufhof-Tochter Sportarena entstehen.
In den Innenstädten schlägt Saks Off 5th eine andere Konkurrenz entgegen. So haben viele Hersteller inzwischen eigene Läden in Einkaufsstraßen eröffnet, über die sie ihre Ware ohne den Umweg über einen Händler verkaufen. Da die Marken aber hier zu den entsprechenden Preisen verkauft werden, sprechen diese Läden eine andere Klientel als den klassischen Outletkunden an. Außerdem machen die Hersteller so ihren eigenen Abnehmern – den Modehändlern – Konkurrenz.
Das Image der Marken könnte leiden
Anders sieht es dagegen bei den Unternehmen wie H&M und Zara aus, die von vornherein als Produzent und Hersteller auftreten. Sie bieten zwar keine Markenware an, setzen aber mit ihrer Preispolitik auch klassische Modehändler, die mehrere Marken führen, unter Druck, ihre Ware günstiger anzubieten. Die Effekte sind insbesondere im unteren Preissegment spürbar.
Dort ist auch ein Unternehmen aktiv, das ein ähnliches Konzept wie Saks Off 5th verfolgt: TK Maxx. Die amerikanische Kette, die 2007 ihren ersten Laden in Deutschland eröffnete, verfolgt ein sogenanntes Off-Price-Konzept. Im Gegensatz zum Outlet, das von einem Hersteller betrieben wird, ist beim Off-Price ein Händler für das Geschäft verantwortlich.
Mit Off-Price zum Erfolg
TK Maxx setzt sein Sortiment dabei aus Posten zusammen, verkauft also zum Beispiel übrig gebliebene Ware aus der Vorjahreskollektion. Genau das könnte jedoch zum Problem für TK Maxx werden. „Die Hersteller sorgen sich um das Image ihrer Marke und begrenzen die Kontingente, die sie zur Verfügung stellen“, erklärt der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. „Wie schwierig es sein kann, Kontingente zu bekommen, hat sich auch schon bei den Shopping-Clubs gezeigt, von denen in den letzten Jahren viele schließen mussten, weil sie nicht genug Waren zur Verfügung hatten.“
Weiterer Nachteil des Postengeschäfts: Dadurch, dass ständig andere Ware geführt wird, ist das Unternehmen auch zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich attraktiv für seine Kunden.
Deutschlands beliebteste Waren- und Kaufhäuser
Mit 2,05 Millionen Besucher in sehcs Monaten kommt Breuninger auf Rang 5 der Waren- und Kaufhäuser in Deutschland
Zur Umfrage: Das Ergebnis einer Umfrage zu den beliebtesten Waren- und Kaufhäusern in Deutschland zeigt, wie viele Menschen innerhalb von sechs Monaten im vergangenen Jahr in den verschiedenen Warenhäusern eingekauft haben.
Quelle: Statista / IFAK, Ipsos
Strauss Innovation landet 2014 auf dem vierten Platz der beliebtesten Waren- und Kaufhäuser mit rund vier Millionen Kunden in sechs Monaten.
Platz drei geht mit rund 8,4 Millionen Kunden an die Einzelhandelskette Woolworth mit rund 260 Filialen in Deutschland.
Mit einer Kundschaft von 17,35 Millionen hat es die Karstadt Warenhaus GmbH mit Sitz in Essen auf Platz zwei der beliebtesten Kaufhäuser geschafft.
Die meisten Kunden konnte die Galeria Kaufhof in sechs Monaten im Jahr 2014 in ihre Filialen locken. Rund 21,72 Millionen Deutsche über 14 Jahre haben dort eingekauft.
Handelsexperte Stumpf glaubt, dass Läden wie TK Maxx auch in Zukunft Wachstumschancen haben – im Gegensatz zum klassischen Outlet: „Das Off-Price-Konzept stärkt aus Sicht der Politik die Innenstädte. Die Unternehmen haben deshalb weniger Hürden zu erwarten und sind somit im Vorteil.“ Wie gut sich dann Saks Off in diesem Markt behaupten kann, entscheidet sich für Stumpf vor allem an der Preispolitik. „Das untere Preissegment ist in Deutschland stark umkämpft. Dort würde Saks Off auch in direkte Konkurrenz zu TK Maxx treten. Im mittleren Preisbereich sehe ich dagegen bessere Chancen.“
Zumindest in einer Hinsicht hat Saks Off 5th den Angriff bereits gewagt: Die europäische Chefeinkäuferin Berna Bartosch hat das Unternehmen von TK Maxx abgeworben.
Wichtige Begriffe im Textilhandel
Die klassische Form des Outlets wird vom Hersteller selbst betrieben. Hier wird Ware verkauft, die aus der letzten Saison stammt oder Fehler aufweist. Häufig liegen Factory Outlets am Stadtrand oder auf dem Land mit einem guten Anschluss an die Infrastruktur.
Im Gegensatz zum Factory Outlet wird die Ware hier von einem Händler vertrieben. Häufig verkauft der dabei nur ein bestimmtes Kontingent eines Produkts ohne die Möglichkeit zu haben, die Ware nachzubestellen. Auch hier handelt es sich häufig um Ware aus der vergangenen Saison.
Mit dem Begriff "Vertikale" werden Unternehmen bezeichnet, die sowohl Hersteller als auch Händler sind. Also zum Beispiel Zara oder H&M. Auch einige klassische Hersteller versuchen sich als "Vertikale", indem sie eigene Läden eröffnen.
Eine Möglichkeit um große Verkaufsflächen insbesondere in Warenhäusern zu strukturieren. Einzelne Produktbereiche werden dabei auch optisch voneinander getrennt, um das Angebot übersichtlicher zu gestalten.
Handelsexperte Heinemann geht hingegen nicht davon aus, dass Saks Off 5th in Konkurrenz zu TK Maxx treten wird – zumindest, was das Postengeschäft angeht: „Ich glaube, dass HBC versuchen wird, Eigenmarken unterzubringen und ansonsten herstellereigene Shops nutzen wird.“
Dass Saks Off Begriffe wie Off-Price benutzt, ist für ihn mehr eine Marketingstrategie: „Es geht hier wohl eher darum, eine bestimmte Erwartungshaltung zu wecken und entsprechende Kunden in die Läden zu locken.“
Somit würde sich Saks Off 5th nicht groß von anderen Warenhäusern unterscheiden. Ob Saks Off 5th Düsseldorf wirklich noch schnöseliger macht, muss das Unternehmen erst einmal beweisen.