Hennes & Mauritz H&M fehlt das Konzept für neue Gegner

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Unternehmenswert schrumpft weiter

  • E-Commerce lahmt. „Der Start war langsam“, gab H&M-Chef Persson bei der Präsentation der Jahreszahlen zu. So warten Kundinnen bei H&M immer noch auf den Click&Collect-Service, der bei der Konkurrenz längst Standard ist: Ware bestellen und in den nächstgelegenen Laden liefern lassen. Und erst seit wenigen Tagen können sich H&M-Kunden mit einem Express-Lieferservice ihre Onlinebestellung schon am nächsten Tag liefern lassen, gegen Aufpreis und nur bei Order am Vormittag.
  • Halbherzige Mehrmarkenstrategie: Seit 2007 schickt H&M neue Ladenformate wie Cos, & Other Stories oder Monki ins Rennen. Mit bescheidenem Erfolg. Vom Marketingbudget in Höhe einer halben Milliarde Euro bekommen die Töchter wenig ab. Kaum jemand kennt sie, sie tragen kaum zehn Prozent zum Gesamtumsatz bei.
  • Unbewegliche Familie. Die Dominanz der Gründerfamilie, lange Zeit segensreich für das 1974 an die Börse gegangene Unternehmen, wird mehr und mehr zum Hemmschuh. Der 69-jährige Mehrheitseigner Stefan Persson leitet den Aufsichtsrat. Seinen 41-jährigen Sohn Karl-Johan Persson, einen in London ausgebildeten Ökonomen, machte er 2009 zum Vorstandschef. Vater und Sohn treffen alle wichtigen Entscheidungen. Insgesamt halten die Perssons knapp 40 Prozent der Aktien und 69 Prozent der Stimmrechte. Nach Ernennung zum H&M-Chef kündigte der Junior an, Veränderungen seien nicht zu erwarten. Das Geschäftsmodell bleibe „dasselbe wie immer“.

Die umsatzstärksten Modehändler der Welt

Dabei stehen schon jetzt wichtige Kennziffern auf Rot. Die Bruttomarge, also der Anteil vom Umsatz, der nach Abzug der Herstellungskosten übrig bleibt, sinkt seit 2010 von 63 auf 55 Prozent bis August 2016. Die operative Marge sackte im gleichen Zeitraum von 23 auf 12 Prozent. Noch alarmierender ist der Sinkflug der Flächenproduktivität, also der Umsatz je Quadratmeter Verkaufsfläche. Während bei der Zara-Mutter Inditex die Umsätze stabil bleiben, schrumpft der Wert bei H&M wie eine Socke im Kochwaschgang: von umgerechnet 5100 Euro (2007) auf 3700 Euro (2015). Damit liegt H&M heute 30 Prozent hinter den Spaniern.

Entsprechend pessimistisch reagiert die Börse. Der Kurs der Aktie ist auf dem Niveau von Mitte 2013 angekommen und hat in den vergangenen drei Jahren rund 20 Prozent an Wert verloren, während Inditex um 34 Prozent zulegte. Für institutionelle Investoren sei H&M „keine Destination mehr“, berichtet ein Berater, der asiatische Finanzinvestoren bei Investments in europäische Unternehmen unterstützt. Investoren staunten, dass nichts über Effizienzprogramme oder Strategiekorrekturen bei H&M bekannt werde. Tatsächlich dringt so gut wie nichts aus der Zentrale. H&M (Branchenspott: „Heimlich & Mächtig“) gibt sich verschlossen wie eh und je.

Auf Fragen der WirtschaftsWoche schweigt Stockholm. Nur die Niederlassung in Hamburg meldet sich, mit Leerformeln so blumig, wie von Kenzo entworfen: „H&M steht für Mode und Qualität zum besten Preis. Wir verfolgen das Ziel, jederzeit das beste Angebot für unsere Kunden zu bieten und die nachhaltigere Wahl zu sein.“ Da kann ja nichts mehr schiefgehen.

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