Als 2010 der vereinbarte Börsenkurs überschritten wurde, bei dem die Banken die Differenz zum einstigen Kaufpreis an LVMH auszahlen sollten, verlangte Arnault stattdessen die Hermès-Aktien. Zu den 4,9 Prozent, die der Konzern an der Börse erworben hatte, kamen so zwölf Prozent hinzu. Seither erhöhte er den Anteil um weitere sechs Prozent und betont, er sei ein „zufriedener Aktionär“, der „hinter dem Hermès-Management steht“.
Leider sei die Sympathie nicht gegenseitig, bedauerte Arnault vor wenigen Tagen bei der Präsentation des LVMH-Ergebnisses für 2013. „Aber ich hoffe, dass wir uns eines Tages arrangieren, in den nächsten 20 Jahren, man weiß nie...“
Die Macht über Hermès würde gut in die Strategie von LVMH passen, die schleichende Banalisierung aufzuhalten. Der Konzern mit rund 60 Marken wie Louis Vuitton, Celine, Givenchy, Moët & Chandon oder Dom Pérignon kämpft dagegen mit mehr Exklusivität und Verwendung edelster Materialien. Das Louis-Vuitton-Logo auf Koffern und Taschen fällt jetzt kleiner aus, man bemüht sich um weniger offen zur Schau getragenen Luxus für Neureiche, der in der Modesparte bereits den Absatz bremst.
Bleibende Werte statt Luxusgüter
Bei Hermès dagegen werden Diskretion und Understatement seit Anbeginn groß geschrieben. Mit diesem Argument wehren sich auch die Nachkommen von Thierry Hermès, einst Sattler der Kaiser und Könige, gegen eine Vereinnahmung. „Die Kulturen sind unterschiedlich“, heißt es jedes Mal spitz, wenn die Rede auf den großen Konkurrenten kommt. Hermès versteht sich nicht als Hersteller von Luxusgütern, sondern von bleibenden Werten, als letztes unabhängiges Luxuskleinod in Frankreich.
Mit einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, in der 74 Prozent der Anteile von der weit verzweigten Familie gehalten wurden, glaubte sich die Führung in der Rue Faubourg de Saint-Honoré unweit des Präsidentenpalastes auch nach dem Börsengang von 1993 in einer uneinnehmbaren Bastion. Sie fiel deshalb aus allen Wolken, als Arnault im Oktober 2010 den damaligen Hermès-Chef Patrick Thomas anrief und das Ungeheuerliche offenbarte.
Dass Dumas nun zu kriegerischem Vokabular greift, liegt auch daran, dass er und sein Vorgänger Thomas die Gefahr unterschätzten. Man hat sich an der Nase herumführen lassen, die man bei Hermès gern etwas höher trägt. Auch als Jurist und Philosoph hätte Dumas von Equity Swaps und den Anschleichmethoden mithilfe dieser Finanzinstrumente wissen können, sagt Anwalt Laurent-Bellue lakonisch.
Kultur dauerhaft gesichert
Immerhin war der Erbe vor seinem Einstieg 2003 in die Finanzabteilung von Hermès bei namhaften Banken in Peking und New York tätig, zuletzt als Investmentbanker.
Dass mit Dumas nun wieder ein Mitglied der Erbengemeinschaft an der Spitze steht, soll Zusammenhalt signalisieren. Ein halbes Jahr hat er Seite an Seite mit Thomas gearbeitet, dem einzigen familienfremden Hermès-Chef in der Unternehmenshistorie. Von Dumas stammt das Konzept für die Ende 2011 gegründete Familienholding H51. In ihr sind für zunächst 20 Jahre 50,2 Prozent der Anteile blockiert, die im Besitz von 51 Familienmitgliedern sind. Das Ziel sei, „die Kultur von Hermès dauerhaft zu sichern“, hieß es damals.