Hornbach legt Zahlen vor Baumarktbranche wird durchgewirbelt

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Münchener Experimente

Denn anders als bei Drogeriewaren, die in der Regel nach ein paar Wochen aufgebraucht sind, könnte es deutlich länger dauern, bis sich Heimwerker erneut mit Hämmern, Sägen und Bohrmaschinen bevorraten müssen.

Langfristig wird sich "die Lage für die deutschen Baumarktbetreiber aber eher entspannen", erwartet Wüst und hofft künftig auf mehr Ruhe an der Preisfront. Steht der Branche jetzt also eine Ära friedlicher Koexistenz bevor? Im Gegenteil: Die Auseinandersetzung wird härter, erwarten andere Handelsexperten. Denn nicht nur um Max Bahr und die besten Standorte von Praktiker feilschen die Kontrahenten. Auch neue Konfliktzonen, die im Schatten der Praktiker-Krise bisher kaum registriert wurden, werden nun sichtbar.

So schwelt schon seit Längerem ein Streit zwischen dem Obi-Management und dem bisher wichtigsten Franchisenehmer der Baumarktkette, der Münchner Heimwerkermarkt Verwaltungs Gesellschaft (HEV). Was nach Lokalposse klingt, birgt Sprengkraft: Bis Ende des Jahres wechselt HEV mit mehr als 1400 Mitarbeitern von Obi zur Verbundgruppe Hagebau. Auf einen Schlag verliert der deutsche Marktführer damit mehr als 210 Millionen Euro Jahresumsatz und so gut wie alle bisherigen Standorte in München. Die ersten sieben Münchner Märkte werden bereits Anfang Oktober auf Hagebau umgeflaggt, im Dezember soll die zweite Welle starten.

Aus Sicht der Münchner war der Wechsel "unumgänglich". Sie fühlten sich von den Vorgaben der Obi-Spitze um Sergio Giroldi in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeengt. Der Streit schaukelte sich hoch. "Wir hatten einen Katalog von Ideen, den Obi nicht bereit war zu verhandeln", sagt HEV-Geschäftsführer Burkhard von Fritsch. In der Folge seien von Obi die ersten Franchiseverträge gekündigt worden.

Statt einzuknicken sah sich HEV, die vier Münchner Familien gehört, nach Alternativen um und stieß auf reges Interesse. "Sie ahnen gar nicht, wer alles bereit ist, ein Franchisesystem einzuführen, wenn man die Hälfte des Münchner Marktes im Gepäck hat", sagt von Fritsch. Denn mit mehr als einem Dutzend Märkten ist HEV der unumstrittene Platzhirsch in der bayrischen Heimwerker-Kapitale. Die Wahl fiel auf Hagebau. Das entscheidende Argument: In der genossenschaftlich organisierten Verbundgruppe können Baumarktbetreiber im operativen Geschäft weitgehend nach eigenem Gusto walten.

Bedrohte Tierart

Auch für die Genossen lohnt sich der HEV-Deal. Bisher war Hagebau in München nur mit einem kleineren Standort vertreten. Nun steigt die Kette auf einen Schlag zum Marktführer auf - und zwar in ganz Bayern. Der freundliche Biber, das Werbemaskottchen von Obi, dürfte dagegen in der bayrischen Landeshauptstadt fortan zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten gehören. Zudem würden viele Obi-Franchisepartner "den Wechsel von HEV sicherlich mit Interesse verfolgen", deutet Hagebau-Geschäftsführer Kai Kächelein an. Das Gros der Obi-Filialen wird allerdings zentral gesteuert, der Franchiseanteil soll bei unter 30 Prozent liegen.

Dass sich der deutsche Marktführer Obi mit dem Nischendasein in München abfinden wird, ist jedoch unwahrscheinlich. "Wir werden uns sehr, sehr aktiv um München kümmern", kündigt eine Sprecherin an. Drei neue Märkte seien in Planung.

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