Das sei jedoch sicher nicht die Regel in High-End-Unternehmen, betont Clemens Pflanz der Geschäftsführer beim Meisterkreis, der Vereinigung deutscher Qualitätshersteller, ist. Da Luxusunternehmen stets kleine Mengen produzieren, falle dort ohnehin wenig Überschuss an. „Wir sprechen hier über besonders anspruchsvolle Produkte mit einem Höchstmaß an Qualität“, sagt Pflanz. „Ausschuss verbietet sich da qua Definition.“ Vernichtungsmaßnahmen gebe es eher bei fehlerhafter Ware. „Ich kenne etliche Hersteller, die das Produkt vernichten, wenn da etwas dran ist. Es geht hier um den Qualitätsanspruch.“
Doch auch Massenmodehersteller gehen ihren Pullis an den Kragen. Die New York Times berichtete im Januar 2010 von einer Studentin, die in der Mülltonne einer New Yorker H&M-Filiale zerschnittene Winterjacken und Handschuhe entdeckt hat. Da solche Schlagzeilen dem Image ebenfalls schaden, hat die schwedische Modekette reagiert. Seit Februar 2013 können H&M-Kunden ihre alte Kleidung weltweit in den Filialen gegen einen 15-Prozent-Gutschein abgeben. H&M nimmt die Textilien unabhängig von ihrem Zustand oder der Marke an – und verkauft sie weiter an das Schweizer Recycling-Unternehmen I:Collect.
Die zehn wichtigsten Beschaffungsmärkte für Textilien
Wert der Exporte nach Deutschland: 1292 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +17,8 Prozent
Quelle: AVE, Stand 2011
Wert der Exporte nach Deutschland: 237 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: -25,4 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 210 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +78,6 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 205 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +19,1 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 139 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +1,5 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 91 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +42,4 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 91 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: -0,1 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 90 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +55,2 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 32 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +18,9 Prozent
Wert der Exporte nach Deutschland: 27 Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr: +117,4 Prozent
Je nach Zustand können die Kleidungsstücke drei Wege gehen. Noch tragbare Ware verkaufen die Textilverwerter als Second-Hand-Artikel weiter. Stoffe in einem schlechten Zustand erhalten ein zweites Leben als minderwertige Produkte, wie Putzlappen. Sind die Kleidungsstücke so kaputt, dass es nicht mal dazu reicht, dann verarbeitet das Unternehmen sie etwa zu Dämmmaterial für die Automobilindustrie weiter. Meist dürfen die Kleider ihre Funktion jedoch weiter erfüllen. Laut einer Studie des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) von 2008 leben 43 Prozent aller Kleidungsstücke als Second-Hand-Ware weiter.
Restposten spielen jedoch für Recycling-Unternehmen kaum eine Rolle, sie verarbeiten hauptsächlich gebrauchte Ware aus Altkleider-Container,. „In den Sammelcontainern ist die Ware, die in Mode- oder Kaufhäusern nicht verkauft wird, in der Regel nicht zu finden“, sagt BVSE-Sprecherin Ilona Schäfer. „Es gibt auch Firmen, die als Entsorgungsdienstleister mit Textilhändlern zusammenarbeiten, dazu liegen uns jedoch keine genaueren Informationen vor.“
Auch H&M gibt seine unverkaufte Ware nicht ans Recycling-Unternehmen weiter. Was übrig bleibt, spendet der Modekonzern laut eigenen Angaben etwa an die Diakonie, den Arbeiter-Samariter-Bund und die Johanniter. 2012 kamen so weltweit 3,2 Millionen H&M-Kleidungsstücke einem guten Zweck zugute.
Das mag zwar gut fürs Image sein, ist jedoch nicht für alle Modeunternehmen eine Option. Dem elitären Ruf von Luxusunternehmen schadet es eher, wenn Bedürftigen in Chanel und Dior rumlaufen. Und manche Modeunternehmen können und wollen die Abschreibungen in ihrer Bilanz angesichts unverkaufter Ware nicht hinnehmen. Schnäppchenjäger wird’s freuen.