Hudson’s Bay übernimmt Kaufhof Was sich jetzt bei Kaufhof ändert

Hudson's Bay und Metro feiern ihren Kaufhof-Coup. Doch mit der Übernahme der Warenhauskette halsen sich die Kanadier allerhand Probleme auf. Um die in den Griff bekommen, muss sich für Kaufhof-Kunden einiges ändern.

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Hudson's Bay übernimmt Kaufhof Quelle: Presse

Die Kanadier halten Einzug bei Deutschlands erfolgreichster Warenhauskette Kaufhof. Liegen jetzt bald nur noch Pelzmützen, Holzfällerhemden und Ahornsirup in den Regalen? Natürlich nicht. Änderungen stehen nach der Übernahme durch die Hudson’s Bay Company (HBC) aus Toronto trotzdem bevor. Denn für den Kaufpreis von 2,825 Milliarden Euro werden die Kanadier einiges von ihrer Neuanschaffung erwarten. Die wichtigsten Antworten zum Kaufhof-Deal:

Was wurde alles verkauft?

Für gut 2,8 Milliarden Euro übernimmt Hudson’s Bay 103 deutsche Filialen von Galeria Kaufhof von der Metro Group - davon 59 in attraktiver Innenstadtlage. Zusätzlich gibt es 16 Sportarena-Filialen und 16 Kaufhäuser des belgischen Tochterunternehmens Galeria Inno.

Was hat HBC mit Kaufhof vor?

Der neue Kaufhof-Eigentümer setzt auf Wachstum. „Bigger is better“, tönte Don Watros, Präsident von HBC International nach Bekanntgabe des Deals. Die Kanadier wollen die Umsätze der Warenhauskette deutlich pushen. Dazu sollen zunächst nicht neue Geschäfte eröffnet, sondern die bestehenden stärker ausgelastet werden, erklärte HBC-Chef Richard Baker. Dazu setzt „The Bay“ auf  Änderungen an den Filialen, beim Warenangebot und im Onlinehandel.

Das ist die Hudson's Bay Company

Am grundsätzlichen Warenhauskonzept wird also nicht gerüttelt?

Viele Handelsexperten haben bereits das Ende der Vollsortimenter vorausgesagt und prophezeien ein Filialsterben in den kommenden Jahren. Das sieht die HBC-Spitze anders. Das Warenhauskonzept sei unglaublich flexibel, ist sich HBC-CEO Jerry Storch sicher. „Es ist eine Box, in die man alles reinpacken kann“. Anders ausgedrückt: Große Häuser haben auch weiterhin eine Chance, wenn man nur die richtige Ware in die Regale legt.

Was haben die Kanadier mit den Filialen vor?

Aufhübschen. Das HBC-Management verkündete, das Einkaufserlebnis deutlich verbessern zu wollen. Geld soll in Optik und Ausstattung der Geschäfte gesteckt, Präsentations- und Verkaufsflächen aufgewertet werden.

Eine beruhigende Botschaft für Angestellte und Kunden: Erstmal sollen keine Filialen geschlossen werden. Diese Standortgarantie gilt für drei Jahre.

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Wird es Änderungen bei den angebotenen Marken geben?

Ziemlich sicher sogar. Die Hudson’s Bay Manager wurden nicht müde, die Bedeutung von Qualitätsprodukten zu betonen. Das Produktportfolio dürfte sich in Übereinstimmung mit dem Ladendesign in den kommenden Jahren in Richtung edel  verschieben und einen noch stärkeren Schwerpunkt auf Bekleidung legen.

Zudem könnte die Produktlinie deutlich internationaler werden, wenn der Konzern amerikanische Marken auch in Deutschland verkauft und so Synergien nutzt.  Unter anderem plant „The Bay“, edlere Mode von Saks Fifth Avenue und dessen Designer-Discount-Ableger OFF 5th in den Kaufhof-Filialen zu platzieren.

Das ist nicht die schlechteste Idee. Denn mit Textilien, die sonst nicht in Deutschland erhältlich sind, würde sich Kaufhof ein weiteres Alleinstellungsmerkmal erarbeiten.  Auch bescheren Eigenmarken, vor allem im Mode-Sektor, Händlern regelmäßig höhere Margen als Ware von Markenherstellern - ein Segment, in dem sich bei Kaufhof zuletzt wenig tat. Kreationen wie Fabiani,  Manguun oder Bob der Bär mag die Kundschaft noch kennen. Doch was sich hinter Labels wie Goldfish oder Moncara verbirgt, ist wohl selbst hartgesottenen Kaufhof-Fans ein Rätsel.

Warum Änderungen bei Kaufhof dringend nötig sind

Wie sieht es mit dem Onlinehandel aus?

Um 64 Prozent legte der Online-Handel bei Galeria Kaufhof und der Metro-Tochter Sportarena.de im abgelaufenen Geschäftsjahr zu, stieg so auf 63 Millionen Euro. Das klingt viel, ist aber mit zwei Prozent Anteil am Gesamtumsatz ziemlich wenig. Der Metro-Konzern hatte durchaus ehrgeizige Ziele, wollte den Online-Umsatz bis 2017 auf 300 Millionen Euro hochschrauben, blieb aber bis zuletzt hinter den Zielen zurück.

Unter der Hudson’s Bay Company soll der Handel im Internet nun massiv ausgebaut werden. Der HBC-Manager verspricht hohe Investitionen, um den Omni-Channel-Handel bei Kaufhof stark zu machen. Kunden sollen in Zukunft noch viel bequemer zwischen Internethandel und den Filialen wechseln – also zum Beispiel Waren in der Filiale bestellen und dann nach Hause liefern lassen oder im Internet gekaufte Ware im Laden um die Ecke abholen können.

Wie schnell werden sich die Änderungen bemerkbar machen?

Auf den Zeitplan angesprochen, ist HBC-Chef Baker zurückhaltend. Er spricht lieber von „Ermutigungen, Geld und Mitteln“, die man dem Kaufhof-Team zur Verfügung stellen wolle, „um das bestmögliche Ergebnis abzuliefern“. Anders formuliert: HBC wird neue Konzepte wohl erstmal vorsichtig testen und bei Erfolg ausrollen. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns, um herauszufinden, was zu tun ist“, erklärt  Baker.

Ist denn ein Umbau überhaupt nötig?

Definitiv. Im Verkaufsprozess wurde Kaufhof zwar als Perle des Metro-Konzerns gepriesen. Und tatsächlich steht das Unternehmen durch den konsequenten Kurs des Managements im Vergleich zum Wettbewerber Karstadt blendend da.  Doch klar ist auch: Kaufhof ist kein Selbstläufer. Seit 2008 hat das Unternehmen rund eine halbe Milliarde Euro Umsatz eingebüßt. Die Punkte Ausstattung, Warenangebot und Onlinehandel sind Probleme, die die Kanadier angehen müssen. 

Die Warenhauskrise von A bis Z

Womit wird HBC noch Schwierigkeiten haben?

Den schwachen Filialen. Wann immer es in den vergangenen Jahren um Schließungen von Warenhäusern ging, fiel der Name Karstadt. Doch bei genauerer Betrachtung hat Kaufhof seit 2010 ähnlich viele Häuser geschlossen wie der Rivale – nur weniger lautstark. Zu diesem Ergebnis kommt der Handelsexperte Gerd Hessert von der Universität Leipzig in einer Analyse zur Entwicklung der Warenhausstandorte. Sofern man die bereits angekündigten Schließungen für 2015 und 2016 hinzurechnet, liegt Kaufhof mit 13 Standortabgaben sogar vor Karstadt (12).

Trotzdem gibt es im Filialnetz bei Kaufhof noch reichlich zu tun, glaubt Hessert. Vor allem für rund 30 Kaufhof-Warenhäuser, die weniger als 15 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erzielen, sieht er beträchtliche Risiken. Die 30 Flop-Standorte steuern nach seiner Analyse lediglich elf Prozent zum Gesamtumsatz bei. Zum Vergleich: Die zehn Top-Standorte – darunter der Kaufhof am Berliner Alexanderplatz – tragen 33 Prozent zum Umsatz bei. 

Kein Wunder: Die Flop-Standorte verfügen meist über zu wenig Verkaufsfläche, sind in überwiegend schlechten Lagen in kleineren Städten angesiedelt und die Bereitschaft zur Modernisierung war in den vergangenen Jahren alles andere als ausgeprägt. Sollen diese Häuser auf Dauer bestehen, müsste das Management womöglich ein neues Konzept entwickeln, das noch stärker als bisher in Richtung Nahversorgung geht.

Was Verdi und René Benko sagen

Gehen die HBC-Pläne über Kaufhof hinaus?

Ziemlich weit sogar. Für die Kanadier ist der Erwerb von Kaufhof die erste Expansion außerhalb Nordamerikas, aber sicher nicht die letzte. "Diese Transaktion bringt uns einen entscheidenden Schritt weiter bei unserem Plan, zum weltweit führenden Handelskonzern aufzusteigen", verkündete HBC-CEO Jerry Storch. Der Aufbau der Präsenz in Europa mit Galeria Kaufhof biete "eine starke Basis, um weitere Wachstumschancen in Europa zu prüfen". Auch in Nordamerika baut HBC seine Standorte übrigens aus. Die US-Kette Saks soll bis 2018 mit 25 Filialen in Kanada vertreten sein.

Was sagen die Arbeitnehmervertreter?

Die versprochene Job- und Standortgarantie von drei Jahren scheint die Gewerkschafter von Verdi zu beruhigen. Die ersten Reaktionen kurz nach Bekanntgabe des Deals waren positiv, obwohl die Arbeitnehmer-Vertreter zuvor fünf Jahre  Sicherheit gefordert hatten.  "Der Verkauf bietet die Chance, dass die Beschäftigten nach jahrelangen Spekulationen um die Zukunft jetzt eine klare Perspektive erhalten“, so Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Zur Sicherheit der Beschäftigten seien allerdings rechtsverbindliche Verträge zur Sicherung der Standorte, der Arbeitsplätze, zum Erhalt der Tarifbindung sowie die Beibehaltung der derzeitigen Unternehmens- und Mitbestimmungsstruktur unerlässlich.

Was sagt der bisherige Besitzer zu den Plänen?

Wie das nach erfolgreichen Verhandlungen so ist: Metro gibt sich überzeugt, die absolut richtige Entscheidung getroffen zu haben. "Wir sind zufrieden und stolz, Kaufhof an Hudson's Bay übergeben zu können", sagte Konzern-Chef Olaf Koch am Montagmorgen in einer Telefon-Konferenz. "Hudson's Bay verfolgt eine Strategie internationalen Wachstums und Galeria Kaufhof wird hierbei eine zentrale Rolle spielen."

Kochs Freude dürfte freilich vor allem darin begründet liegen, dass er mit dem Erlös aus dem Kaufhof-Deal die Schulden des Konzerns deutlich senken kann. Metro erwartet nach eigenen Angaben aus der Transaktion einen positiven Cashflow-Beitrag von rund 1,6 Milliarden Euro und die Reduzierung der Rating-relevanten Nettoverschuldung um rund 2,7 Milliarden Euro.

Wie sieht der weitere Fahrplan aus?

Bis September dieses Jahres soll die Transaktion abgeschlossen sein. Gut 2,825 Milliarden Euro umzuparken ist nicht ganz leicht. Auch wenn die Parteien zu Details schweigen - klar ist, dass sich die Finanzierung durchaus komplex gestaltet. Um die Summe aufzubringen hat Hudson’s unter anderem eigene Immobilien beliehen. Metro wiederrum erhält nicht die ganze Summe, sondern tritt auch Verbindlichkeiten ab.

Und was wurde aus René Benko?

Nach dem seine Kaufabsicht schon 2011 abgewiesen wurden, gingen der Karstadt-Eigner Benko und seine Signa-Holding nun schon zum zweiten Mal leer aus. Die Vision einer Deutschen Warenhaus AG ist damit gescheitert. Entsprechend trotzig liest sich denn auch die offizielle Verlautbarung des Unternehmens: Man habe sich „intensiv und gewissenhaft vorbereitet, um die beiden deutschen Traditionsmarken Kaufhof und Karstadt gemeinsam in eine gute Zukunft zu führen“, hieß es in einer Mitteilung. „Dies ist nun nicht mehr möglich.“

Bitter: Auf der Pressekonferenz macht Metro-Chef Koch indirekt deutlich, dass er Benko nicht für den geeigneten Warenhaus-Lenker hält. HBC sei stets der Top-Kandidaten gewesen: Die Anforderungen an Jobgarantie, Finanzierung und Konzept für die Zukunft seien von anderen Bietern nicht im gewünschten Maße erfüllt worden.

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